Ex-Gladbacher hat diverse Gründe Winnie Schäfer sorgt sich um Zukunft des DFB-Teams

Mönchengladbach · Der Trainer-Globetrotter und Ex-Profi Winfried Schäfer vermisst deutsche Top-Talente und moniert, dass zu viele Schlüsselpositionen Spielern aus dem Ausland besetzt sind. Er befürchtet, dass das Konsequenzen für das Nationalteam hat.

Winfried Schäfer

Winfried Schäfer

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Natürlich hat Winfried Schäfer das deutsche Spiel in England gesehen. Und er hat sich gefreut, als Serge Gnabry aus der Distanz schoss im Vorfeld des 3:3-Ausgleich durch Kai Havertz. „Die spielen und spielen und spielen, der Torwart könnte Kaffeetrinken gehen“, sagte der Trainer-Globetrotter, ihm fehlte die Zielstrebigkeit im deutschen Spiel. „Dann haben sie einfach mal aufs Tor geschossen und schon wird es gefährlich“, sagte Schäfer. Er ist kein Freund des Ballbesitzspiels im Stile Pep Guardiolas, Schäfer ist groß geworden mit der Idee Hennes Weisweilers: „Bei Ballgewinn war unser erster Gedanke immer, sofort auf Angriff umzuschalten und nach vorn zu spielen.“

Was die WM in Katar, dem Land, in dem Schäfer zuletzt arbeitete beim Erstligisten Al-Khor, angeht, traut er einem deutschen Team mit mehr Mut und Entschlossenheit durchaus etwas zu, auch wenn er das Ensemble von Hansi Flick nicht zu den Top-Favoriten zählt. „Gegen Ungarn und England hat Flick noch gestestet, die richtige WM-Mannschaft wird er noch finden. Allerdings müssen wir ganz anders auftreten als bei der EM und bei der WM in Russland“, sagt Schäfer.

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Sorgen macht er sich indes um das nächste WM-Turnier, das 2026 in Kanada, Mexiko und den USA ausgetragen wird. „Uns gehen die Talente aus. Spieler wie Thomas Müller und Manuel Neuer, absolute Siegertypen, kommen in die Jahre und ich sehe keine tollen Talente auf breiter Front. Da ist Musiala, da ist Wirtz, aber wird es schon dünn. Wo sind die anderen Talente, die Hoffnung machen?“, sagt Schäfer. „Für 2026 sehe ich darum schwarz“, mal der 72-Jährige eine düstere Zukunft des deutschen Fußballs.

Schäfer fehlen die Spezialisten, „echte Verteidiger und echte Mittelstürmer“, die in den Nachwuchsleistungszentren nicht ausgebildet werden. „Seit Pep Guardiola hier war, sehe ich nur noch Alleskönner, aber keinen der nur verteidigt oder Tore macht. Und selbst Guardiola hat in München Lewandowski geholt und setzt nun bei Manchester City auf einen Brecher vorne mit Haaland. Er kann sich den kaufen, wir haben aber keinen in dieser Art“, warnt Schäfer. In vielen deutschen Klubs sieht er zudem die „Schlüsselpositionen von guten und teilweise jungen Spielern aus dem Ausland besetzt“, vor allem aus Frankreich, dessen Nachwuchsakademie in Clairefontaine großen Output hat seit Jahren. „Da werden alle zwei Jahre fünf bis sechs Topspieler produziert, die inzwischen gern auch nach Deutschland wechseln, mehr als früher“, sagt Schäfer.

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38 Franzosen spielen derzeit in Deutschlands Eliteliga, aus keiner Nation sind es mehr Spieler. Mathys Tel vom FC Bayern München ist nun sogar Rekordhalter als jüngster Torschütze der Bundesliga mit 17 Jahren, vier Monaten und vier Tagen. Auch Spieler wie Kingsley Coman, Dayot Upamecano (beide Bayern) oder Georginio Rutter (1899 Hoffenheim) haben als Teenager in Deutschland debütiert, viele andere ihrer Landsleute waren wenig älter. Viele Franzosen sind Stammkräfte in ihren Teams, bei den Bayern besteht die Abwehrkette oft aus drei französischen Spielern: Benjamin Pavard, Lucas Hernandez und Upamecano. „Darum haben wir auch keinen Bayern-Block wie früher. Für die Franzosen ist die Bundesliga eine Ausbildungsliga geworden. Ihre Talente werden hier in einem guten Wettbewerb geschult, es gibt in einer Saison 34 Spiele auf hohem Wettbewerbsniveau, das ist in der Frankreichs Liga nicht so“, sagt Schäfer.

Außenstürmer Nathan Ngoumou, der im Sommer vom FC Toulouse zu Borussia Mönchengladbach gewechselt ist, bestätigt das. „In Frankreich versuchen viele Klubs offensive Spieler zu entwickeln, die dann den Schritt in eine andere Liga wagen. Spieler wie Coman oder Diaby, die in der A-Nationalmannschaft spielen, sind Vorbilder für mich“, sagte U21-Nationalspieler Nathan Ngoumou. Er ist nicht der einzige junge Franzose in Gladbach, sein Kumpel aus Toulouse-Zeiten, Manu Koné (20), kam 2021, seit 2019 ist Marcus Thuram (24), Sohn des französischen Rekordnationalspielers Lilian Thuram am Niederrhein tätig.

„Wir müssen aufpassen“, sagt Schäfer. „Es ist wichtig, dass wir unsere Talente im Blick haben und unsere Ausbildungswege immer wieder hinterfragen. Sonst haben wir das Problem, das wir schon 2000 hatten: Da haben wir nach dem WM-Sieg 1990 den Anschluss verpasst, als sich der Fußball verändert hat. Schon 1994 in den USA waren die Warnsignale da, aber wir haben sie nicht gesehen“, erinnert Schäfer an das Aus in den USA im Viertelfinale gegen Bulgarien.

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