Borussias Nationalspieler Hofmann ist aus vielen Gründen reif für die Wüste

Mönchengladbach · Der Gladbacher Jonas Hofmann hat auch nach den beiden Spielen gegen Ungarn und England riesige WM-Chancen. Bundestrainer Hansi Flick weiß, was er am 30-Jährigen hat. Auf und neben dem Platz.

Jonas Hofmann von Borussia Mönchengladbach im Porträt
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Das ist Jonas Hofmann

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Foto: dpa/Swen Pförtner

Jonas Hofmann war nicht mehr dabei, als das Spiel der deutschen Nationalmannschaft im Londoner Wembleystadion gegen England spektakulär und wild wurde. Der Borusse spielte nur in den ersten 45 Minuten, dem weniger ansehnlichen Teil des Klassikers. Und er war auch nicht so drin im Spiel wie sonst. Eine Torschussvorlage, 38 Ballkontakte und eine Zweikampfquote von nur 25 Prozent – das war nicht richtig Hofmann-like. Dennoch hat die letzte Länderspielreise vor der WM belegt, was Bundestrainer Hansi Flick schon im Trainingslager der Borussen am Tegernsee sagte: Hofmann ist, wenn er sich in den nächsten Wochen nicht verletzt, im Winter reif für die Wüste und wird in Katar an der Mission WM-Sieg mitarbeiten.

Hofmann, der mit der Empfehlung des Doppelpacks bei Borussias 3:0 gegen RB Leipzig anreiste, stand in beiden Spielen in der Startelf. Anders als seine Teamkollegen Manu Koné und Nathan Ngoumou bei Frankreichs U21. Beim 1:0 in Deutschland hatten beide Borussen begonnen, beim 2:2 gegen Belgien wurden sie nach der Pause eingewechselt. Gegen Ungarn begann Hofmann als rechter Verteidiger, um später nach vorn zu wechseln, in England war er gleich Rechtsaußen, nach der Pause stellte Flick aber um mit der Hereinnahme von Timo Werner.

Die 135 Einsatzminuten Hofmanns, die er in seinen Länderspielen 15 und 16 absolvierte, zeigen, wie ihn Flick sieht: Als zuverlässigen Allrounder, der den Kader taktisch wie spielerisch erweitert – zudem ist Hofmann keiner, der offen Ansprüche formuliert, ein Teamplayer also, der zugleich aber selbstbewusst und gut genug ist, immer eine Alternative für die Startformation zu sein.

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Foto: dpa/Uwe Anspach

Hofmann hat sich jedenfalls etabliert beim DFB. Das belegt auch die Tatsache, dass er nach der unangenehmen ersten Flick-Niederlage gegen Ungarn einer der Sprecher war. Hofmann spricht Klartext, ist zugleich aber diplomatisch, wenn es darauf ankommt. Diese Fähigkeit hat er unter anderem in der vergangenen Spielzeit in Gladbach weiterentwickelt, als er fast nach jedem Spiel vor dem Mikrofon stand und reichlich oft kriselige Situationen kommentieren musste.

Vor dem Ungarn-Spiel vertrat er auch den Corona-erkrankten Kapitän Manuel Neuer, als es darum ging, die neue Kapitänsbinde mit dem umfangreichen politischen Background vorzustellen. „Hofmanns gelungener Auftritt als DFB-Chefdiplomat“, titelte das Fachblatt „Kicker“ anschließend.

„Die Binde soll für Vielfalt und gegen Diskriminierung stehen. Es liegt nicht in unserer Natur, wegzuschauen", sagte Hofmann zur schlechten Menschenrechtslage im WM-Gastgeberland. „Wir hoffen, dass wir gemeinsam mit anderen Nationen Dinge in Bewegung setzen können, damit sich etwas ändert. Egal, was gesagt wird, es ist wichtig, das durchzuziehen. Wegzublicken wäre das weitaus schlimmere Übel“, sagte Hofmann.

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Foto: AFP/KIRILL KUDRYAVTSEV

Gerade weil die umstrittene WM in Katar auch eine diplomatische Gratwanderung ist, sind gute Spieler, die zudem die richtigen Worte finden, wichtig für den DFB. Dass Hofmann zudem die Bahnfahrt von Frankfurt nach Leipzig, wo das Ungarn-Spiel stattfand, lobte, gehört auch dazu. Früher waren Kurzstrecken-Flüge des DFB zu Länderspielen oft Aufreger gewesen.

Doch Hofmann weiß, dass es nicht auf Worte, sondern auf Taten auf dem Rasen ankommt. „Wenn einer es acht Wochen schleifen lässt, wird er nicht zum Kader zählen. Deshalb muss auch ich weiter Gas geben, um dabei zu sein“, sagte Hofmann. Es wäre verwunderlich, wenn ihm das passiert in den neun ausstehenden Pflichtspielen bis zur WM. Im Gegenteil: Gegen RB Leipzig ist er im siebten Saisonspiel erst richtig auf Touren gekommen, zuvor stimmten die Werte, doch war da das Gefühl, es gebe weniger Hofmann als vorher. Indes hat er den Maßstab auch sehr hochgelegt.

Jonas Hofmann gegen Raheem Sterling.

Jonas Hofmann gegen Raheem Sterling.

Foto: AP/Kirsty Wigglesworth

Kurzum: Hofmanns WM-Chancen sind riesig, er wird sie nicht aufs Spiel setzen. Gut ist das auch für Borussia und deren Trainer Daniel Farke. Der hat mit Flick gemeinsam, dass er genau weiß, was er an Jonas Hofmann hat. Auf und jenseits des Rasenrechtecks.

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