Gladbach gewinnt 3:0 bei den Bayern Sensationelles Stindl-Comeback mit einem Tor

München · Borussia hat dem FC Bayern die Wiesn-Stimmung gehörig vermiest. Am Samstagabend gewannen die Gladbacher beim Rekordmeister mit 3:0 und sind zumindest bis Sonntag Tabellenzweiter. Der Sieg war sowohl spielerisch als auch taktisch verdient.

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Foto: dpa/Stefan Puchner

Es war für die Borussen ein außergewöhnlicher Nachmittag beim FC Bayern München. 3:0 siegte das Team von Trainer Dieter Hecking. Es war der erste Auswärtssieg seit dem 1:0 bei Hannover 96 am 24. Februar dieses Jahres. Dabei feierte Kapitän Lars Stindl ein sensationelles Überraschungs-Comeback mit dem Treffer zum 2:0. Alassane Plea, der im vierten Auswärtsspiel in Folge traf, hatte zuvor das 1:0 erzielt. Patrick Herrmann stellte kurz vor Schluss auf 3:0.

Der insgesamt vierte Sieg bei den Bayern seit dem gemeinsamen Bundesliga-Aufstieg 1965 war spielerisch und taktisch verdient. Die Gladbacher sind nun zumindest bis Sonntagabend, wenn RB Leipzig spielt, Tabellenzweiter. Die Bayern, nun seit vier Pflichtspielen sieglos und angesichts dessen spürbar verunsichert, sind derzeit sogar aus den Champions-League-Rängen herausgerutscht als Fünfter.

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Foto: Dirk Päffgen

Hecking hatte am Donnerstag während der der Pressekonferenz zum Spiel einige verbale Nebelbomben gelegt. Die Saison gehe für seinen Kapitän Lars Stindl erst nach der Länderspiel-Pause richtig los, hatte der 54-Jährige gesagt. Und auch, dass Stindl eher ein Achter sei im neuen 4-3-3-System. Und nun? Stindl stand in der Startelf und war der zentrale Mann im Dreierangriff. Alassane Plea weichte dafür auf den linken Flügel, dorthin, wo er meist auch in Nizza gespielt hatte. Diese Variante hatte Hecking beim Testspiel in Willingen gegen Bochum Anfang September ausprobiert, damals fehlte Stindl noch, statt seiner spielte da Raffael im Zentrum. Plea hatte von links einige starke Aktionen, unter anderem traf er den Pfosten und legte Raffael ein Tor auf. Neben Stindl kam auch Jonas Hofmann wieder ins Team, er bildete mit Florian Neuhaus die Doppelacht.

Eine mutige Aufstellung war das, doch Hecking und die Gladbacher haben inzwischen viel Vertrauen in ihr neues Spielsystem, das unter anderem auch Mut beinhaltet, da es im Vergleich zum früher üblichen 4-4-2 einen Defensiven weniger beinhaltet. In den ersten Minuten jedoch hatte keiner der Herren aus der Offensivabteilung große Szenen. Da waren die Bayern wütende Angreifer, die Gladbach tief in die eigene Hälfte drückten. Hecking fand das gar nicht gut, er gestikulierte und rief immer wieder Anweisungen ins Spiel.

Ob darunter auch der Wunsch in französischer Sprache war, den die Fans vom Oberrang herunter brüllte („Auf geht’s Gladbach, schieß' ein Tor für uns“), ist nicht bekannt. Doch Plea tat das. Er machte es wie genau vor einem Monat in Willingen, nur dieses Mal genauer, statt den Pfosten traf er das Netz, als er fast von der linken Strafraumecke schoss. Ansatzlos. Ins Tor. 1:0. Aus dem Nichts. Mit rechts in die lange Ecke. Manuel Neuer streckte sich, doch vergebens. Danach schaute die deutsche Nummer eins doch recht konsterniert drein nach dem fünften Saisontor des Franzosen in dieser 10. Minute.

Noch sparsamer war die Gefühlslage Neuers und der anderen Bayern nach 16 Minuten. Da hatte Rückkehrer Stindl seinen großen Moment. Über fünf Monate nach seinem Syndesmosebandriss beim 1:1 auf Schalke zeigt er, dass er nichts verlernt hat. Er bekam im Strafraum den Ball, schlug einen Stindl-typischen Haken und vollendet ebenfalls Stindl-typisch mit der Innenseite zum 2:0. Sein letztes Tor hatte der 30-Jährige am 20. April gegen den VfL Wolfsburg (das 1:0 beim 3:0) erzielt. Heckings Idee mit Plea und Stindl trug bis zu diesem Zeitpunkt sensationelle Früchte: Plea traf von links, Stindl aus dem Zentrum.

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Dass Stindl und Plea zudem auch stark nach hinten arbeiteten, gab dem Gladbacher Konstrukt nach der wackligen Anfangsphase, in der es aussah, als würden die Bayern Borussia zermalmen wollen, die nötige Stabilität. Die Bayern hatten zwar mehr Spielanteile und auch immer wieder Möglichkeiten, durften aber nicht so zwingend sein, wie sonst oft. Plea, Hazard und Hofmann oder Neuhaus zogen sich gegen den Ball weit zurück, im 4-4-2 erwarteten dann die Borussen den Rekordmeister, der nur wenig Platz vorfand zum Kombinieren. Neuhaus oder Hofmann wurden zur hängenden Spitze, Stindl blieb vorn.

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Foto: dpa/Matthias Balk

In der 32. und 36. Minuten kamen die Bayern dann mal wieder zu Abschlüssen, erst Arjen Robben, dann Robert Lewandowski. Beide scheiterten aber an Yann Sommer. Auf der anderen Seite visierte Plea nochmal das Bayern-Tor an, verzog aber knapp. Borussias zog ihre Angriffe strukturiert, schnell und zielgerichtet auf und vermittelte so dem Betrachter und auch dem Gegner stets das Gefühl: Es geht noch mehr. Das machte Eindruck. Nach der Pause galt es, dem zu erwartenden wütenden Ansturm des Meisters möglichst lange unbeschadet abzufedern und vielleicht sogar den dann vermutlich vorentscheidenden Stich zu setzen.

Bayern-Trainer Nico Kovac brachte Franck Ribery, der bis gestern vier Tore und fünf Assists produziert hatte gegen Gladbach, um die Geschichte noch zu drehen. Borussia blieb aber wehrhaft. Eine starke Rettungstat zeigte Abwehrchef Matthias Ginter in der 55. Minute, als Lewandowski auf dem Weg zum Anschlusstreffer war, der Borusse ihm aber den Ball vom Fuß spitzelte. Die Bayern kamen selten richtig in Fahrt, auch, weil es den Gladbachern weiter gelang, nah zusammen zu bleiben und so keine Lücken zu bieten. Nach 66 Minuten ging Stindl vom Feld, für ihn kam Denis Zakaria. Plea rückte in die Mitte, Hofmann rechts in den Angriff und Zakaria auf die Doppel-Acht neben Neuhaus.

Glück hatten die Borussen, dass Lewandowskis Tor in der 68. Minute wegen einer Abseitsstellung nicht anerkannt wurde. Die Sensation rückte näher und näher mit jeder Minute, in der die Null stand. Es wurde mehr und mehr eine Abwehrschlacht, immer wieder warfen sich Borussen – zunächst Elvedi, dann Zakaria in die Schüsse der Bayern. Bei einem der wenigen Konter bot sich Neuhaus, groß geworden bei den Münchener „Löwen“, die Chance zum 3:0, doch er schoss vorbei. In der Schlussphase kam Patrick Herrmann, um vielleicht den einen Konter noch hinzukriegen. Es war dann aber eine Ecke, die Hermann freistehend als fünf Metern zum 3:0 vollendete. Als Schiedsrichter Frank Willenborg abpfiff, kannte der Jubel keine Grenzen. Nicht nur für Rückkehrer Lars Stindl war es möglicherweise einer der schönsten Tage seiner Karriere.

(kk)
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