Borussia-Geschichte Borussia jubelte in München nur selten bei Spielen während des Oktoberfests

Mönchengladbach · Viel zu feiern gab es bislang nicht für die Gladbacher, wenn sie zur Wiesn-Zeit bei den Bayern antreten mussten. Immerhin sprangen in sieben Spielen zwei Unentschieden heraus – die sich auch noch fast wie Siege anfühlten.

Martin Schneider, Dirk Heyne und Peter Nielsen (von links) bejubeln das 2:2 beim FC Bayern München am 3. Oktober 1992.

Martin Schneider, Dirk Heyne und Peter Nielsen (von links) bejubeln das 2:2 beim FC Bayern München am 3. Oktober 1992.

Foto: Wiechmann, Dieter (dwi)

Es ist nicht überliefert, wie oft die Gladbacher Borussen schon zu Gast auf dem Oktoberfest waren. Gelegenheiten hatten sie einige, sie spielten in ihrer Bundesliga-Geschichte insgesamt neunmal in München, während zur selben Zeit das größte Volksfest der Welt Millionen Besucher auf die Theresienwiese lockte – zweimal als Gast des TSV 1860 München. Wirklich etwas zu feiern gab es eher selten etwas, im Septmeber 1968 immerhin einen 4:0-Erfolg bei den „Sechzgern“. Die Ausbeute aus den sieben „Oktoberfestspielen“ bei den Bayern liest sich – nicht überraschend – indes ähnlich bescheiden wie die Gesamtbilanz beim Rekordmeister: es gab zwei Unentschieden und fünf Niederlagen.

Jene beiden Punkteteilungen aber waren für die Borussen und ihre Fans gefühlte Siege, so dass sie ihr eigenes kleines Oktoberfest gleich im Stadion abhalten konnten. Denn die Unentschieden wurden in letzter Minute gesichert – und sie sind vor allem jeweils mit einem Namen ganz besonders verbunden: zum einen mit dem Ur-Borussen Jupp Heynckes und zum anderen mit Dirk Heyne.

Letzterer bestritt am 3. Oktober 1992 sein erstes Pflichtspiel für die Borussia, nachdem er sich zuvor mit der Reservistenrolle hinter Stammkeeper Uwe Kamps hatte zufrieden geben müssen. Doch vor dem Spiel bei den Bayern entschied sich Trainer Jürgen Gelsdorf für einen Wechsel auf der Torwartposition und für den 34-Jährigen, der 1991 – als erster Spieler aus der ehemaligen DDR – vom 1. FC Magdeburg an den Niederrhein gewechselt war.

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Foto: Roland Weihrauch

90 Minuten lang war Heynes Debüt unspektakulär. Borussia ging zunächst durch Hans-Jörg Criens in Führung und verteidigte danach nach Kräften, kassierte in der 88. Minute aber doch noch das 1:2. Es schien zu laufen wie so häufig: Am Ende siegten die Bayern. Gladbach jedoch erspielte sich in den Schlussekunden nochmals einen Eckball – und Dirk Heyne machte sich auf dem Weg in den anderen Strafraum.

In einer Zeit, in der einem Torhüter in der Bundesliga noch kein Treffer aus dem Spiel heraus gelungen war, war das, was nun folgte, eine echte Sensation. Der Eckball kam zwar schlecht, weil nur halbhoch herein, doch Heyne traf ihn perfekt und setzte den Ball volley an den Pfosten. Martin Max musste danach nur noch aus kurzer Distanz abstauben. Heynes anschließender Jubellauf über die Tartanbahn des Olympiastadions ist legendär, sein Ausflug hatte Borussia noch einen Punkt beschert – und der Mannschaft einen kurzfristigen Besuch auf der „Wiesn“, angeführt vom damaligen Manager Rolf Rüssmann.

Heyne hatte mit seinem Auftritt aber auch ein wenig Martin Max die Show gestohlen. Der Stürmer war erst wenige Minuten vor seinem Tor eingewechselt worden. Ein Jokertor zum 2:2 bei den Bayern – das hatte es 22 Jahre zuvor schon einmal während der Oktoberfestzeit gegeben. Nur mit einem noch weitaus berühmteren Gladbacher Torjäger.

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Foto: dpa/Swen Pförtner

Jupp Heynckes war 1970 erst wenige Wochen zuvor von Hannover 96 an den Bökelberg zurückgekehrt. Doch der Nationalstürmer war zu Saisonbeginn nach einer Verletzung noch nicht in Topform, weswegen Trainer Hennes Weisweiler zu dem Schluss kam, dass Heynckes „in den ersten Saisonspielen manchmal noch wie ein Fremdkörper wirkt“. Heynckes war an jenem 19. September daher auch nur Ersatz.

Trotzdem spielte der Stürmer letztlich noch die Hauptrolle. Nach einem Fehler des Müncheners Franz Beckenbauer bediente Peter Dietrich Heynckes, der in letzter Minute noch den Ausgleich erzielte. Mit dem Punktgewinn verteidigte Gladbach seine Tabellenführung – und Heynckes war fortan wieder Stammspieler, der zur zweiten Meisterschaft der Borussia letztlich 19 Tore beisteuerte.

Was bleibt über die beiden Unentschieden hinaus sonst noch haften von Gladbachs Oktoberfestspielen? Neben einem rassigen 3:4, beim Borussia eine 3:2-Führung verspielte, vor allem das Nicht-Tor des Jahres des Hans-Günter Bruns am 1. Oktober 1983. Gladbach spielte groß auf, und sein Libero setzte beim Stand von 0:0 zu einem unwiderstehlichen Solo an, sein abschließender Schuss landete jedoch zuerst am linken und dann am rechten Pfosten – Borussia verlor letztlich 0:4.

 Joker war Jupp Heynckes in seiner langen Laufbahn bei Borussia selten. 1970 gelang ihm aber als Einwechselspieler der Ausgleich bei den Bayern.

Joker war Jupp Heynckes in seiner langen Laufbahn bei Borussia selten. 1970 gelang ihm aber als Einwechselspieler der Ausgleich bei den Bayern.

Foto: imago sportfotodienst

Angesichts der betrüblichen Bilanz sollten die Fans, jetzt da es wieder zur Wiesn-Zeit zu den Bayern geht, vielleicht an ein anderes Oktober-Spiel in München zurückdenken: Am 14. Oktober 1995 – kurze Zeit nach dem Volksfest – gelang Gladbach nach 30 vergeblichen Versuchen erstmals ein Sieg bei den Bayern (2:1). Das war den Borussen ein Fest.

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