Drei Spiele, drei Startaufstellungen Darum hat Marco Rose bei Borussia keine Stammelf

Mönchengladbach · Drei Spiele, drei Systeme, drei Startaufstellungen – und gegen Köln wird es wieder anders werden. Borussia Mönchengladbachs Trainer hat viele Ideen. Damit hält er die Spannung im eigenen Team hoch und stellt dem Gegner Aufgaben.

Marco Rose verlässt den BVB: Ex-Gladbach-Trainer im Porträt
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Das ist Marco Rose

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Foto: dpa/Matthias Balk

Der Fußballtrainer Julian Nagelsmann hat mal erzählt, dass die Taktik, die er seiner Mannschaft mit auf den Weg gibt, ein kompliziertes Etwas aus diversen Erwartungen und Ansprüchen ist. Was erwartet man selbst? Was erwartet man vom Gegner? War erwartet der Gegner wiederum von einem? Nun, nach dem 2:2 von Nagelsmanns RB Leipzig gegen die Borussen gab er zu, dass sein Kollege Marco Rose ihn taktisch durchaus überrascht habe mit dem, was er und sein Trainerstab ausgeheckt hatten für das Topspiel.

Dass Rose Denis Zakaria als Abfangjäger für Timo Werner zurückziehen würde und eventuell mit offensiven Außen arbeiten würde, um die Wege über die Außen zu erschweren, war zu vermuten. Doch war es letztlich ein ganzheitliches Konzept, das RB an vielen Stellen das Leben schwer machte, auch bei der Torverteidigung. Jonas Hofmann sprach nachher von einem 5-2-2-1-System, in dem er und seine Kollegen in der ersten Halbzeit mit viel Pressing-Eifer und Laufarbeit dem Gegner regelrecht auf die Nerven gingen und ihn zweimal empfindlich trafen.

Während der Wintervorbereitung war spekuliert worden, Rose könnte angesichts des einen verbliebenen Wettbewerbs nun darauf aus sein, eine Art Stammelf herauszufiltern, nachdem er im ersten Saisonteil zuweilen heftig rotiert hatte wegen der insgesamt 25 Pflichtspiele. Doch Roses Rotation geht weiter. Nun mehr indes aus sportlich-taktischen Gründen als zur Unterstützung der Belastungsteuerung.

Man kann sich das ein wenig vorstellen wie bei einem feinen Herrenausstatter: Für jeden Anlass wird der passende Anzug maßgeschneidert. Statistisch wirkt sich das wie folgt aus: Es gab drei Rückrundenspiele, drei verschiedene Startaufstellungen und drei verschiedene Systeme. Auf Schalke versuchten es die Borussen erfolglos in einem defensiven 4-3-3 (wobei das Spiel erst nach der Umstellung auf die Dreierkette entglitt), gegen Mainz gab es ein 4-4-1-1 und nun in Leipzig die besagte Variante.

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Foto: dpa/Federico Gambarini

Auch personell wirkt sich Roses Ideenreichtum aus. Nur sechs Spieler haben in allen drei Rückrundenspielen zur Startformation gehört: Torwart Yann Sommer, Abwehrchef Matthias Ginter, Linksverteidiger Oscar Wendt, Sechser Denis Zakaria sowie die beiden Stürmer Alassane Plea und Marcus Thuram. Wobei Wendt wohl vom Fehlen Ramy Bensebainis profitiert. Der Rest des Kaders war Rotationsmasse. Vier neue Männer kamen nach dem Schalke-Spiel gegen Mainz in die Mannschaft, im Vergleich zum Sieg gegen Roses Ex-Verein standen drei neue Leute im Team, als das Spiel in Leipzig angepfiffen wurde. Dass sich das jeweilige System situativ im Spiel noch mal anders ausprägt, gibt der ganzen Geschichte noch mehr Flexibilität.

Es gab Zeiten, da war es leicht, die Startformationen der Borussen vorauszuahnen. Einst bei Hans Meyer und dann bei Lucien Favre gab es klar definierte Stamm-Mannschaften und Systeme. Roses Vorgänger Dieter Hecking hat auch Alternativen erarbeitet im Training, nutzte diese aber nicht so hemmungslos aus wie es nun Rose macht.

Natürlich hat Rose vergleichsweise einen noch breiter aufgestellten Kader, in dem zudem viele taktische Varianten hinterlegt sind. Kurios ist, dass ausgerechnet das ausgemachte Lieblingssystem des Trainers, das 4-4-2 mit einer Mittelfeldraute, kaum eine Rolle gespielt hat in den vergangenen Monaten. Irgendwie ist es nicht Borussias System – auch wenn ein 4-3-3 oder ein 3-4-3 in der Ausprägung mit einem Sechser gar nicht weit davon entfernt sind.

Rose hat verschiedene fußballerische Charaktere, damit kann er unterschiedliche Schwerpunkte setzen, kann sein Spiel im Detail, aber auch im Ganzen immer wieder anders ausrichten. Mit der Rotation hält er zudem die Spannung im Team hoch. Wenige können sich sicher sein zu spielen, jeder muss sich im Training anbieten. Rose setzt Reize, die Spieler reagieren mit Leistung.

Am Dienstag um 16 Uhr steigen die Gladbacher in die Vorbereitung auf das Köln-Spiel ein. Rose hat wie üblich zwei Einheiten unter Ausschluss der Öffentlichkeit angesetzt, in diesen werden er und das Team den Matchplan für das Derby einstudieren. Dass es im Angriff eine Änderung geben wird, ist klar. Alassane Plea fehlt nach der Gelb-Roten Karte gesperrt. Breel Embolo steht bereit. Christoph Kramers Einsatz ist nach dem Kopftreffer ein wenig fraglich, doch da es schon in Leipzig Entwarnung gab, wird er wohl rechtzeitig fit werden. Auch Laszlo Bénes, der in Leipzig kurzfristig ausgefallen war, wird wohl wieder eine Option sein. Wer beginnt, hängt dann von Roses Ideen ab. Und von den diversen Erwartungen, die er an das Derby und den Gegner hat.

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