Liberales Personaltableau Wie erneuert tritt die FDP an?

Berlin · Die FDP habe sich selbst "erneuert, um Deutschland zu erneuern", meinte Parteichef Christian Lindner. Die größten personellen Wechsel haben die nun 56.000 Mitglieder zählenden Liberalen unmittelbar nach dem Wahlfiasko von 2013 hingelegt. Jetzt tat sich wenig. Aber nach den Bundestagswahlen könnte es spannend werden.

Gleich drei Mitglieder der FDP-Spitze bekamen beim Bundesparteitag an diesem Wochenende in Berlin bessere Wahlergebnisse als Parteichef Christian Lindner (91,0 Prozent): Sein Stellvertreter Wolfgang Kubicki (92,3), sein Schatzmeister Hermann-Otto Solms (91,4) und der Nachrücker ins Präsidium: Frank Sitta (92,6). Der 38-jährige FDP-Landeschef von Sachsen-Anhalt ersetzte Holger Zastrow, den 48-jährigem FDP-Landesschef aus Sachsen.

Souverän sicherte sich die Hamburger FDP-Chefin Katja Suding mit 81,2 Prozent die Wiederwahl. Die von Kubicki als "Küsten-Queen" vorgestellte Suding entschied sich bei ihrer Vorstellung für kurz und prägnant. Zu einer längeren Rede hob indes die andere Kandidatin für den Vizevorsitz an: Marie-Agnes Strack-Zimmermann.

Die Düsseldorferin scheint ohnehin nicht zu den beliebtesten Politikerinnen der Liberalen zu gehören, und nun habe sie sich nach Delegierten-Einschätzung "mit jeder Minute um 20 weitere Ja-Stimmen geredet" - am Ende erzielte sie mit 58,4 Prozent das mit Abstand schlechteste Ergebnis bei den Präsidiumswahlen. Dem Präsidium gehören zudem Michael Theurer (73,4 Prozent) aus Baden-Württemberg, Volker Wissing (88,1) aus Rheinland-Pfalz und Generalsekretärin Nicola Beer (79,5) aus Hessen an.

Frauenanteil verdoppelt - auf niedrigem Niveau

Die weiteren Vorstandswahlen unterscheiden die Liberalen in zwei Abteilungen. Zuerst gibt es die so genannte "Kurfürstenliste". Dafür darf jeder Landesverband einen Vorschlag machen. Große Harmonie: Alle Vorgeschlagenen schafften die erforderliche Mehrheit gleich im ersten Wahlgang.

Der interessanteste Befund ist hier die Verdoppelung des Frauenanteils, allerdings auf niedrigem Niveau: von zwei auf vier. Neu hinzu kamen Lars Lindemann (Berlin), Bettina Stark-Watzinger (Hessen), Sylvia Bruns (Niedersachsen) und Kirsten Cortez (Saarland).

Wiedergewählt wurden Michael Link (Baden-Württemberg), Daniel Föst (Bayern), Axel Graf Bülow (Brandenburg), Hauke Hilz (Bremen), Claas Voigt (Hamburg), René Domke (Mecklenburg-Vorpommern), Sylvia Bruns (Niedersachsen), Johannes Vogel (NRW), Daniela Schmitt (Rheinland-Pfalz) Roland Werner (Sachsen), Marcus Faber (Sachsen-Anhalt), Heiner Garg (Schleswig-Holstein) und Thomas Kemmerich (Thüringen).

Die zweite Abteilung nennt die FDP die "freie Wildbahn", weil hier kreuz und quer durch die Landesverbände kandidiert werden kann. Anders als bei anderen Parteien kennen die Liberalen weder Quorum noch Quote, weswegen der Frauenanteil gering bleibt. Im Gegenzug zur gestiegenen Frauenpräsenz in der ersten, sank sie in der zweiten Abteilung von fünf auf drei.

Neu hinzu kamen hier in den Vorstand Stefan Ruppert aus Hessen (der freilich bisher als "Kurfürst" der Parteispitze angehörte), Manuel Höferlin aus Rheinland-Pfalz, Judith Skudelny aus Baden-Württemberg, Marcel Klinge aus Baden-Württemberg und Bijan Djir-Sarai aus NRW. Wiedergewählt wurden Lencke Steiner (Bremen), Alexander Pokorny (Berlin), Otto Fricke (NRW), Konstantin Kuhle (Julis/Niedersachsen), Linda Teuteberg (Brandenburg), Christian Dürr (Niedersachsen), Joachim Stamp (NRW), Pascal Kober (Baden-Württemberg), Karl-Heinz Paqué (Sachsen-Anhalt), Jimmy Schulz (Bayern), Hans-Joachim Otto (Hessen), Andreas Reichel (NRW) und Alexander Hahn (Julis/Baden-Württemberg).

3500 neue Mitglieder seit Jahresbeginn

Über 3500 neue FDP-Mitglieder kann sich Bundesgeschäftsführer Marco Buschmann allein in den ersten Monaten dieses Jahres freuen. Die Eintritte seien im Westen stärker als im Osten, bestünden aus mehr Männern als Frauen. "Stark ist der Mitgliederzuwachs vor allem im urbanen Bereich, besonders in den großen Städten", berichtet Buschmann.

Sollte die FDP wieder in den Bundestag kommen, wird sie im Vergleich mit der Fraktion von 2009 bis 2013 viele neue Gesichter präsentieren. Vor allem die jungen, dynamischen Frauen drängen aus den Ländern nach Berlin: Lencke Steiner, die die FDP in Bremen rockte, Katja Suding, die das in Hamburg tat, und auch Linda Teuteberg setzte sich in Brandenburg in einer Kampfabstimmung durch.

Sie folgen in ihrer Entscheidung pro Berlin Christian Lindner und Wolfgang Kubicki, die ihr Engagement in NRW und Schleswig-Holstein gegen das im Bundestag eintauschen. Dieser Trend ist so auffällig, dass sich schon die Befürchtung breit macht, eine im Bund erstarkte FDP könne zu einer Schwächung in den Ländern führen.

(-may)
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