„Kenne unsere Mentalität“ Rolfes traut DFB-Team das Finale zu

Exklusiv | Leverkusen · Bayer Leverkusens Sportdirektor Simon Rolfes im Gespräch über Deutschlands 2:2 gegen Ungarn, in welchen Punkten sich die DFB-Auswahl im weiteren Turnierverlauf noch steigern muss und welchen Teams er die größten Chancen auf den EM-Titel einräumt.

 Simon Rolfes (l.) und Bundestrainer Joachim Löw bei einem Länderspiel 2009 in Cardiff.

Simon Rolfes (l.) und Bundestrainer Joachim Löw bei einem Länderspiel 2009 in Cardiff.

Foto: imago sportfotodienst

Wenn die deutsche Fußball-Nationalmannschaft in diesen Tagen bei der Europameisterschaft antritt, geht es Simon Rolfes nicht anders als Millionen anderen Menschen in diesem Land. „Grundsätzlich bin ich ja auch Deutschland-Fan und drücke dem Team die Daumen“, sagt der Sportdirektor von Bayer 04. Neben Bundestrainer Joachim gebe es in der aktuellen Mannschaft zudem noch einige Spieler, mit denen der 39-Jährige selbst zusammengespielt oder zusammengearbeitet habe. „Und auch mit den vielen bekannten Menschen aus dem Betreuerteam zittert man natürlich mit.“

Wir haben mit dem Vize-Europameister von 2008 über Deutschlands Chancen im weiteren Turnierverlauf, seine Titelfavoriten und die fußballerische Qualität bei diesem Turnier gesprochen.

Simon Rolfes über. . .

. . .das späte 2:2 der DFB-Auswahl gegen Ungarn: „Es gibt so Tage, an denen vieles gegen dich läuft. Da muss man Sachen erzwingen. Es geht um keinen Schönheitspreis. Es war ein komplett anderes Spiel als gegen Portugal. Ungarn ist ein Gegner, bei dem du weißt, dass er nicht mitspielen will. Wir haben langsam gespielt, hatten viel Ballbesitz, allerdings in Zonen, in denen nichts passiert. Den richtigen Mix aus Geduld und Zielstrebigkeit zu finden, ist nicht einfach. Damit haben wir uns schwergetan. Wenn wir vorne den Ball verlieren, stehen wir momentan als Mannschaft insgesamt nicht gut gestaffelt. Auch gegen Ungarn gab es Phasen, in denen wir anfällig waren. Bislang haben wir in jedem Spiel mindestens ein Gegentor kassiert. In der K.o.-Phase wird es noch wichtiger sein, defensive Stabilität zu bekommen und auch mal zu Null zu spielen. Es muss auch mal ein Tor reichen.“

Fußball-EM 2021: Pressestimmen zu Deutschland - Ungarn
17 Bilder

Internationale Pressestimmen zu Deutschlands Spiel gegen Ungarn

17 Bilder
Foto: qvist /Shutterstock.com

. . .die Leistung der Deutschen in der Vorrunde: „Gegen Portugal hat Robin Gosens sehr gut gespielt, auch Kai Havertz und Joshua Kimmich über außen waren stark. Insgesamt ist aber noch viel Luft nach oben. Das gilt sowohl für die einzelnen Spieler, aber auch für die Mannschaft als solche. Das macht mich dann – weil ich unsere Mentalität kenne – für den Rest des Turniers optimistisch.“

. . .den Erfolg des ehemaligen Leverkuseners Kai Havertz: „Für Kai freut es mich natürlich immer ganz besonders. Er hat etwas Zeit gebraucht, aber ist inzwischen zu einer ganz wichtigen Figur in der Nationalmannschaft gereift.“

. . .die Chancen für das Achtelfinale gegen England: „Die Spiele gegen Frankreich und Ungarn waren nicht gut. Ich glaube, dass uns England besser liegen wird. Auch sie haben viel Potenzial, aber es bislang nicht gut ausgespielt. Wenn man ins Finale möchte, muss man ein, zwei solcher Brocken aus dem Weg räumen. Wir müssen unsere klassischen Tugenden ausspielen und uns jetzt steigern, wo es in die K.o.-Phase geht. Der mögliche Weg ins Finale ist schon interessant. Viele der Top-Favoriten sind auf der anderen Seite des Turnierbaums. Ich traue unserer Mannschaft das Endspiel zu, allerdings wird sie sich deutlich steigern müssen.“

. . .die Qualität der Spiele: „Als nur 16 Teams dabei waren, musste man in der Vorrunde sofort da sein – sonst bedeutete es häufig das Aus. Dadurch, dass jetzt 24 Mannschaften dabei sind, gab es in der Gruppenphase einige Partien, die sowohl taktisch als auch fußballerisch auf überschaubarem Niveau waren. Mit dem Achtelfinale fängt diese Euro jetzt erst richtig an.“

. . .den Kreis der Titelfavoriten: „Mit Ausnahme der Italiener sehe ich bei allen Top-Favoriten noch Luft nach oben. Dass am Ende ein Außenseiter das Turnier gewinnt, denke ich nicht. Italien hat in der Vorrunde beeindruckt. Sie sind unglaublich zweikampfstark, stehen defensiv stabil, sind gut organisiert und haben auch im Spiel nach vorne viel Qualität. Die Bilanz von zuletzt elf Siegen und 32:0 Toren spricht für sich. Sie haben von allen Mannschaften den bisher stärksten Eindruck hinterlassen. Neben Italien zählen für mich die Belgier, Franzosen und Spanier zu den größten Titelfavoriten. Spanien hat bislang vielleicht nicht immer überzeugt, aber sie sollte man weiter auf dem Zettel haben. Frankreich hat ebenfalls eine unglaubliche Qualität. Sicher haben sie nicht immer mit der Dominanz gespielt, die man vielleicht von ihnen erwartet hat, aber das war auch bei ihrem WM-Triumph 2018 nicht der Fall. Belgien hat mit Kevin De Bruyne einen absoluten Unterschiedsspieler in seinen Reihen und mit Romelu Lukaku einen Top-Stürmer.“

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort