EM-Auftaktsieg bei Debüt Bayers Finnen zwischen Drama und Jubel

Leverkusen · Der Schock über den Kollaps des dänischen Nationalspielers Christian Eriksen überschattet Finnlands 1:0-Sieg, bei dem zwei Profis der Werkself das sportliche Geschehen bestimmen.

 Die Finnen Lukas Hradecky und Joel Pohjanpalo (l). umarmen sich nach dem emotionalen 1:0 in Kopenhagen gegen Dänemark.

Die Finnen Lukas Hradecky und Joel Pohjanpalo (l). umarmen sich nach dem emotionalen 1:0 in Kopenhagen gegen Dänemark.

Foto: AP/Friedemann Vogel

Nach dem Schlusspfiff war Matchwinner Joel Pohjanpalo nicht in Feierlaune. Er sei mit seinen Gedanken bei Christian Eriksen und dessen Familie, sagte er nach dem Schlusspfiff ruhig und demütig in die TV-Mikrofone. Schon bei seinem Kopfballtor verzichtete der 26-Jährige auf Jubel. „Mir war schnell klar, dass das heute nicht angebracht ist“, sagte Pohjanpalo. Der Fußball war an diesem dramatischen Spieltag in Kopenhagen Nebensache. Daran änderten auch Finnlands erstes Tor und erster Sieg bei einer Europameisterschaft nichts.

Internationale Pressestimmen zum Zusammenbruch von Christian Eriksen
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Foto: dpa/Stuart Franklin

Dänemarks Eriksen brach kurz vor der Halbzeit auf dem Platz zusammen und musste wiederbelebt werden. Die Fans im Stadion reagierten geschockt bis fassungslos, die Teamkollegen des 29-Jährigen bildeten als Sichtschutz einen Kreis um Eriksen und kämpften mit den Tränen. Wenig später wurde Eriksen ins Krankenhaus gebracht. Es folgte eine lange Zeit der Ungewissheit, wie es um den Mittelfeldspieler steht. Irgendwann verbreitete sich die Nachricht, dass er inzwischen wach, ansprechbar und stabil ist. Er soll seine Teamkollegen via Videonachricht ermutigt haben, die Partie fortzusetzen. Nicht einmal zwei Stunden nach dem Kollaps wurde das Spiel wieder angepfiffen – eine umstrittene Entscheidung. „Die beste Nachricht des Tages ist, dass es ihm gutgeht. Das ist das Einzige, das mir etwas bedeutet“, sagte der sichtlich bewegte Pohjanpalo.

Finnland gewann dank seines Kopfballtors 1:0 (60.). Daran hatte auch Bayers Nummer eins erheblichen Anteil. In der 74. Minute parierte er einen Foulelfmeter von Pierre Emile Hojbjerg und sicherte so den historischen Sieg, über dem ein riesiger Schatten liegt. Hradecky und Pohjanpalo erlebten einen Tag zwischen Drama, Schock und Jubel.

Der Treffer dürfte dem 26-Jährigen trotz des Zwischenfalls mit Eriksen gutgetan haben. Von der linken Seite segelte eine Flanke von Jere Uronen in den Strafraum. Am Fünfmeterraum lauerte Pohjanpalo und köpfte den Ball ins Tor. Für ihn ist die EM auch eine Gelegenheit, sich für einen neuen Klub zu empfehlen. Er gilt als einer der Spieler, die auf Bayers Streichliste stehen und im Sommer den Verein verlassen können. Vergangene Saison war er an Union Berlin ausgeliehen (19 Ligaspiele, sechs Tore). Die vereinbarte Kaufoption wollten die Köpenicker nicht ziehen. Im Vorjahr sammelte er Spielpraxis beim Hamburger SV in der 2. Liga (14 Ligaspiele, neun Tore). Wie es mit ihm nach dem paneuropäischen Turnier weitergeht, ist offen. Sein Vertrag in Leverkusen ist nur noch bis 2022 gültig.

Für Finnland und die beiden Bayer-Profis geht’s am Mittwoch in St. Petersburg gegen Russland weiter (15 Uhr). Dort findet auch das letzte Gruppenspiel der „Uhus“ statt. Dann geht es gegen Top-Favorit Belgien, das zum Auftakt die Russen klar mit 3:0 besiegte. Dank der drei Punkte aus der ersten Partie gegen Dänemark hat Finnland nun bereits gute Chancen, das Achtelfinale zu erreichen. Für das qualifizieren sich bei dieser EM-Ausgabe erstmals auch die vier besten Gruppendritten.

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