Wirtschaftsgespräche in Mönchengladbach „Stimmung bei Windkraft hat sich gedreht“

Mönchengladbach · NRW-Wirtschaftsministerin Mona Neubaur (Grüne) kündigte bei den Wirtschaftsgesprächen im Hugo Junkers Hangar schnelle Genehmigungen für Windräder an. Die IHK-Spitze forderte Energiesicherheit für die Unternehmen nach dem Braunkohle-Aus.

Mönchengladbach: Fotos von Mona Neubaur bei Wirtschaftsgesprächen
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So war der Besuch von NRW-Wirtschaftsministerin Mona Neubaur

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Foto: Ilgner,Detlef (ilg)/Ilgner Detlef (ilg)

Mona Neubaur ist derzeit eine der meistgefragten Politikerinnen des Landes. Die Grünen-Politikerin ist als Ministerin in der nordrhein-westfälischen Landesregierung für Wirtschaft und Energie, für Industrie und Klimaschutz zuständig. Zuletzt stand sie auch deshalb im Fokus, weil sie als Grünen-Politikerin zwar den vorgezogenen Braunkohleausstieg mit RWE für 2030 wesentlich mit vereinbart hat, damit gleichzeitig aber die Räumung und das Abbaggern Lützeraths billigte – sehr zum Ärger von Klimaschützern. „Es war eine harte Zeit für uns Grüne, und es war auch für mich nicht einfach“, bekannte Neubaur am Mittwochabend im Hugo Junkers Hangar.

Neubaur war auf Einladung der Industrie- und Handelskammer (IHK) Mittlerer Niederrhein, der Wirtschaftsförderung WFMG, der Stadtsparkasse und der Rheinischen Post Gast bei den Wirtschaftsgesprächen und betonte vor mehr als 400 Besuchern aus Politik und Wirtschaft im Publikum: „Ich bin stolz auf die grüne Partei, weil sie klargemacht hat, dass Gewalt kein legitimes Mittel des Protests ist. Aber die Grünen streiten für die Notwendigkeit, alle Maßnahmen zu ergreifen, das 1,5-Grad-Ziel zu erreichen in einem transformativen Prozess mit dem Umbau unserer Gesellschaft.“ Man müsse anerkennen, dass der Tagebau physisch verkleinert werde und 280 Millionen Tonnen Braunkohle unter der Erde blieben.

Das aber versetzt die Wirtschaft in der Region in Sorge. Wenig treibt Unternehmen mehr um als Energieversorgungssicherheit. IHK-Präsident Elmar te Neues bekannte angesichts der „schwierigen Lage“ aus Fachkräftemangel und Rohstoffknappheit: „Ich habe Angst um unseren Wirtschaftsstandort.“ In der von Denisa Richters, Leitende Regionalredakteurin der Rheinischen Post, moderierten Diskussionsrunde sagte IHK-Hauptgeschäftsführer Jürgen Steinmetz: „Ich wünsche mir mehr Mut und Entschlossenheit bei der Umsetzung von Plänen. Wir brauchen dringend Energiesicherheit, wenn wir nicht auf Importe angewiesen sein wollen.“

Ministerin Neubaur sagte, die wichtigste Grundlage, das Braunkohle-Aus um acht Jahre vorzuziehen, sei der Ausbau der erneuerbaren Energien: „Wir haben Zusagen von Tagebau treibenden Unternehmen, drei Gigawatt Leistung in wasserstofffähigen Gaskraftwerken im Rheinischen Revier produzieren zu wollen und ein Gigawatt Leistung aus erneuerbaren Energien.“ Das sei eine gute Bilanz, auch wenn vier Gigawatt Leistung nicht reichen würden. „Wir sind dabei, Flächen für Windenergieanlagen bereitzumachen. Die große Veränderung der Landschaft dürfen wir aber nicht ohne die Akzeptanz der Bürger machen.“ Die könne erreicht werden dadurch, wenn Kommunen Flächen für Windkraftanlagen ausweisen und dafür zusätzliche Mittel für freiwillige Ausgaben vom Land bekommen. „Wir brauchen einen Booster für erneuerbare Energien“, forderte Neubaur, die sich für einen Ausbau der Wasserstoff-Infrastruktur aussprach wie für einen beschleunigten Planungsprozess für den Bau von Windrädern. Die Stimmung bei Windkraft habe sich gedreht. „Wir müssen im Genehmigen und im Planen deutlich schneller werden. Das steht auf der gleichen Ebene wie Klimaneutralität und Fachkräfteoffensive mit fünf Ausrufezeichen. Es wird uns gelingen, kürzeste Genehmigungsverfahren für Windenergieanlagen aufzusetzen.“ Dies sei ohne Absenkung der Naturschutzstandards möglich: „Wir wollen zeigen, dass es gelingt, Windräder in sechs Monaten zu genehmigen.“

Oberbürgermeister Felix Heinrichs (SPD) sagte, es gebe in Mönchengladbach bereits 15 Windräder, was für eine Großstadt in NRW spitze sei. „Und wir haben im JHQ eine Windvorrangfläche und mit der NEW jemanden, der dort als Investor bauen möchte“, kündigte Heinrichs an. Das müsse jetzt aber auch mit dem Eigentümer, der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben, in Gang gebracht werden. Auf die Frage von RP-Redaktionsleiterin Denisa Richters, wie viel Bürgerbeteiligung da noch möglich sei, sagte Heinrichs: „Wir brauchen eine Veränderungsbereitschaft, weil in 15 Jahren in unserer Region wenig noch so sein wird wie heute.“ Ministerin Neubaur ergänzte: „Das ,Ob‘ ist entschieden, die Frage ist jetzt das ,Wie‘.“ Der Ausbau der erneuerbaren Energien sei von überragendem Interesse, dafür müssten jetzt Flächen bereitstehen. Nur so gelinge die Transformation der Wirtschaft zur Klimaneutralität. IHK-Hauptgeschäftsführer Steinmetz sagte, er wolle das Ziel nicht infrage stellen: „Aber es ist fraglich, ob diese Maßnahmen reichen. Vier Gigawatt zusätzlich reichen nicht, wenn neun Gigawatt abgeschaltet werden.“ Steinmetz forderte auch mehr Tempo beim Strukturwandel im Rheinischen Revier.

Neubaur gab zu, es müsse nun sichtbar werden, dass etwas passiert mit den 15 Milliarden Euro vom Bund. „Wir wollen gut bezahlte Arbeitsplätze hinbekommen, die für den Wohlstand in der Region stehen.“ Sie mache sich keine Sorgen, dass es gelingen könne, diese Region zum Erfolg zu bringen: „Alles, was es dazu braucht, steckt in Ihnen. Und wir unterstützen Sie, wo Sie es brauchen.“

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