Innenstadt evakuiert Bombe in Kleve entschärft – 4500 Menschen können zurück in ihre Häuser

Kleve · In Kleve mussten am Samstag 4500 Menschen evakuiert werden, nachdem in der Innenstadt ein Blindgänger aus dem Zweiten Weltkrieg entdeckt wurde. Die Befürchtung, dass die Zehn-Zentner-Bombe gesprengt werden muss, bewahrheitete sich nicht.

Bombe in Kleve gefunden - Innenstadt wird evakuiert
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Bombe in Kleve gefunden - Innenstadt wird evakuiert

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Foto: Markus van Offern (mvo)

Die zweite Bombe in nur zwei Tagen. Die zweite Groß-Evakuierung der Innenstadt in nur wenigen Wochen. Auch 76 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs halten Blindgänger die Klever in Atem. Nachdem am Freitag eine Zehn-Zentner-Bombe an der Küppersstraße entschärft wurde, drohte bei einem gleichschweren Modell in direkter Nachbarschaft zur Stiftskirche am Samstag wegen eines deformierten Zünders sogar die Sprengung.

Auch wenn es dazu am Ende nicht kam, waren am Vortag bereits Vorkehrungen getroffen worden: So wurden unter anderem Lkw mit Sand herbeigeschafft. Die Ladung hätte im Notfall zusammen mit Wassertanks, die insgesamt 45.000 Liter fassen, die Druckwelle der Sprengung abfangen sollen. „Ich bin jetzt seit 40 Jahren dabei, solche Vorbereitungen habe ich bei einer Entschärfung noch nicht erlebt“, sagte der Klever Ordnungsamtsleiter Ralph van Hoof am Rande der Baustelle, auf der die Bombe gefunden wurde. „Heute ist hier Hochbetrieb.“ Allein die Feuerwehr und der Rettungsdienst hatten 230 Personen im Einsatz. 100 Polizisten und 40 Ordnungskräfte halfen bei den Sicherungsmaßnahmen. Ebenfalls waren 29 Kräfte des DLRG und weitere vom DRK, Malteser, Johanniter und THW im Einsatz.

 Die Sicherheitsbereiche für die Bombenentschärfung am Samstag.

Die Sicherheitsbereiche für die Bombenentschärfung am Samstag.

Foto: GRAFIK: OPENSTREETMAP, FERL

Am Ende blieb der Knall aus. Um 14 Uhr konnte die Stadt Entwarnung geben: Bombe entschärft, keine Sprengung nötig. Fünf Stunden zuvor, um 9 Uhr morgens, war die Evakuierung der Innenstadt angelaufen. Der innere Sicherheitsbereich umfasste die komplette Fußgängerzone, die Innenstadt und zwei Seniorenheime. Rund 4500 Menschen mussten evakuiert werden.

Die Heimbewohner wurden im Klever Krankenhaus, in der Dietrich-Bonhoeffer-Schule in Bedburg-Hau oder in der Mehrzweckhalle in Materborn untergebracht. Mittlerweile fast schon mit einer gewissen Routine: Schließlich waren die Heime auch schon vor einigen Wochen betroffen. 118 Menschen mussten alleine aus der Einrichtung der Evangelischen Stiftung ausquartiert werden, wie Kristin Wälbers von den Maltesern sagte. Jeder Anwohner durfte eine Tasche mit persönlichen Gegenständen packen, falls der Aufenthalt in der Dietrich-Bonhoeffer-Schule länger dauern sollte. „Wir hoffen aber, dass es nicht allzu lange dauert.“ Am Ende war der Spuk nach wenigen Stunden vorbei. Ein ähnliches Bild auch beim Seniorenzentrum Herz-Jesu-Kloster. Die Bewohner haben in ihrem Leben viel erlebt, wie eine Frau berichtete. Sie sei schließlich 102 Jahre alt. „Da muss ich erstmal hinkommen“, sagte eine Helferin und schob die Frau in den Rettungswagen, der sie in Sicherheit bringen brachte.

Wer in unmittelbarer Nähe zur Bombe lebt, hatte am Samstagmorgen die Jalousien häufig gleich geschlossen gelassen. Die mögliche Sprengung sorgte auch für Verunsicherung. „Ich habe seit Freitag versucht, Informationen zu bekommen, wie man sich als direkter Anwohner im Falle einer Sprengung verhalten soll“, sagte Eva-Marie Breuer. „Ich konnte nichts Greifbares in Erfahrung bringen.“ Im Erdgeschoss ihres Hauses hatte Breuer schließlich die Fenster von der Firma van de Kamp mit Sperrholzplatten verschließen lassen. Auch frage sie sich, warum die Baufläche nicht einmal so sondiert werden könne, dass alle Bomben gleichzeitig aufgespürt werden. „Wir fliegen zum Mars und zum Mond - und das soll nicht möglich sein?“

Es ist die kirchliche Baustelle für das neue Pfarrheim und die neue Familienbildungsstätte, auf der die beiden Blindgänger aus dem Zweiten Weltkrieg gefunden wurden. Propst Johannes Mecking zeigte sich nach der Entschärfung entsprechend erleichtert. Anders als vor einigen Wochen, als es wegen einer Panne zu erheblichen Verspätungen kam – ein Bagger fehlte –, sei dieses Mal alles glatt gegangen. „Das ist top gelaufen, sehr souverän. Höchstes Lob für alle Beteiligten“, sagte Mecking. „Die Bewohner der Seniorenheime sind pünktlich zum Abendessen wieder an ihrem gewohnten Platz. Das war vor einigen Wochen noch anders.“

Alle seien froh, dass die Bombe ohne Sprengung entschärft werden konnte. „Ich hoffe, dass es damit auch endlich erledigt ist. Es kann ja nicht sein, dass wir alle sechs Wochen eine Bombenentschärfung haben“, sagte er. Das sei keine Kritik an den lokalen Behörden, erklärte Mecking den Hintergrund: Das Grundstück, auf dem das Pfarrheim gebaut wird, sei schon komplett sondiert. Auf dem anliegenden Grundstück, auf dem die Familienbildungsstätte entstehen soll, befinde man sich derzeit allerdings erst in der Phase des Architektenwettbewerbs. Der Kampfmittelräumdienst rücke in der Regel aber erst zur Sondierung an, wenn es ein Baufenster gebe. Das sei noch nicht der Fall. „Wir möchten nun schauen, ob es nicht trotzdem möglich ist, bereits in nächster Zeit eine Sondierung vorzunehmen“, sagt Mecking. Es habe ja auch niemand etwas davon, wenn Pfarrhaus und Pfarrheim gerade fertig gestellt seien und dann direkt nebenan tatsächlich eine Bombe gefunden, gar gesprengt werden müsse. „Dann gehen die neuen Fenster im Zweifel sofort zu Bruch.“

Apropos zerbrochene Fenster: Manch einer hatte im Vorhinein um die Scheiben der Stiftskirche gefürchtet, sollte es tatsächlich zu einer Sprengung kommen müssen. Ein Schutz war in der Kürze der Zeit allerdings nicht möglich. Mecking hatte zudem betont, dass am Ende eher die Hauptsache sei, dass niemand zu Schaden komme. Dafür nahm er dann auch gerne Hilfe von oben in Anspruch.  „Ich bin extra nach Kevelaer gefahren und habe zur Mittagszeit in der Gnadenkapelle gesessen“, sagt er. Schließlich sei die Nachricht gekommen, dass die Bombe entschärft wurde. „Das hat also funktioniert.“

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