Karla Borger spricht über die EM und Verbandsprobleme Wie Beachvolleyball wieder für positive Schlagzeilen sorgen will

Exklusiv | München · Der deutsche Beachvolleyball-Verband gibt seit Jahren kein gutes Bild ab. Vor der EM in München sorgte eine Wildcard für das Duo Walkenhorst/Lippmann für Diskussionen. Karla Borger sieht großen Verbesserungsbedarf in der Organisation.

 Karla Borger kämpft bei der EM um eine Medaille.

Karla Borger kämpft bei der EM um eine Medaille.

Foto: AP/Florian Schroetter

In die malerische Kulisse des Münchener Königsplatz ragt ein Metallstreben-Bau, der rein optisch so gar nicht dort reinpasst. In diesen Tagen ist das den meisten Besuchern aber egal. Während ringsum die neoklassizistischen Bauten unter normalen Umständen Städtebummler anlocken, sind es ab Montag die Stars der europäischen Beachvolleyball-Szene, die die Sport-Fans hier hinziehen. Im Rahmen der European Championships werden auch die Beachvolleyball-Europameisterschaften in München ausgetragen. Und auf die freut sich Karla Borger besonders. Zusammen mit ihrer Partnerin Julia Sude gilt sie als aussichtsreiche Medaillenkandidatin. „Ich weiß, was das für eine Bedeutung für den gesamten Sport in Deutschland hat. Und ganz persönlich: München ist nicht so weit von Stuttgart entfernt – es werden viele Familienangehörige, Freunde und Bekannte dabei sein. Die Karten für Beachvolleyball waren ja auch sehr schnell vergriffen. Es ist schon was sehr, sehr Besonderes“, sagte sie im Gespräch mit unserer Redaktion.

Die EM ist für sie der eigentliche Höhepunkt dieser Saison, obwohl vor einigen Wochen in Rom bereits die Weltmeisterschaft stattfand. Richtiges Beachvolleyball-Flair kam damals aber nicht auf. Von den rauschenden Partys auf den Tribünen, lauten Anfeuerungen und begeisterten Fans war dort wenig zu sehen. Das stimmt Borger nachdenklich. „Unsere Weltmeisterschaften in Rom dieses Jahr waren unglaublich schlecht besucht. Die genauen Hintergründe weiß ich nicht, aber zumindest waren kaum Zuschauer da. Es hatte keinen WM-Flair. Deshalb sind die Spiele für uns jetzt in München definitiv cooler, weil wir eben wissen, dass die Hütte voll ist. Das hat einfach mehr Charme“, so Borger.

Insgesamt neun Teams wird der deutsche Beachvolleyball-Verband an den Start schicken. Darunter auch die WM-Dritten Svenja Müller und Cinja Tillmann – und das speziell für diese EM formierte Duo aus Kira Walkenhorst und Louisa Lippmann. Auf der einen Seite die Olympiasiegerin, auf der anderen Seite der Hallen-Volleyball-Star, der nun im Sand einen Neustart wagt. Zwei Blockerinnen, die so noch nie zusammengespielt haben, dank einer Wildcard für dieses Turnier in München. Und das sorgte im Vorfeld für mächtig Wirbel im deutschen Verband.

Andere Teams, die seit Jahren zusammenspielen und sich seit Jahren mit viel Geld und Aufwand durch die Beachvolleyball-Turniere quälen, wurden nicht berücksichtigt und schauen nun bei den europäischen Titelkämpfen zu. Borger, die als Vorsitzende des Vereins Athleten Deutschland auch immer auf das große Ganze blickt, hat eine pragmatische Meinung zu diesem Thema. „Man muss aber klar sagen: diese Teams haben sich nicht um eine Wildcard bemüht“, so Borger. „Wenn ich es faktisch betrachte, haben Kira und Louisa eine Wildcard bekommen, weil sie sich als einziges Team darum bemüht haben.“

European Championships 2022 München: Alle Infos zum Beachvolleyball
Infos

Alle Infos zum Beachvolleyball auf dem Königsplatz

Infos
Foto: dpa/Florian Schroetter

Statt also Kritik an dem Duo Walkenhorst/Lippmann zu üben, das nach der EM wieder getrennte Wege gehen wird, weil Lippmann mit Walkenhorsts Olympia-Gold-Partnerin Laura Ludwig weitermachen wird, müsse man die Strukturen im Verband hinterfragen. „Warum haben die anderen deutschen Teams, die ja auch international oft Turniere spielen, die Wildcard nicht beantragt. Ist der Trainer verantwortlich? Oder jeder für sich selbst? Warum wurden die Teams nicht darauf aufmerksam gemacht?“, fragt Borger.

Es passt ins Bild, das der deutsche Beachvolleyball-Verband seit einiger Zeit abgibt. Negative Schlagzeilen waren zuletzt an der Tagesordnung. Die Fokussierung auf einen Stützpunkt in Hamburg sorgte für mächtig Diskussionen, genauso wie die Bildung neuer Nationalteams. Zudem gab es große Probleme, sei es finanziell, aber auch von der Organisation her. Auf Führungsebene gab es beim Personal viel Fluktuation. „Seit 2017 haben wir Unruhe drin“, weiß Borger. Die Leistungssportreform, mit der in Deutschland generell mehr Medaillen bei Großevents ermöglicht werden sollten, scheiterte auch im Beachvolleyball.

European Championships: Das sind die Stars in München - Mihambo, Hinze, Duplantis und Co.
18 Bilder

Das sind die Stars der European Championships

18 Bilder
Foto: AFP/Carmen Mandato

Bei der Heim-EM wollen nun die Sportlerinnen und Sportler wieder für ein positiveres Bild der Sportart sorgen. Die Fans gehen bereits in Vorleistung, viele Eintrittskarten wurden bereits abgesetzt. Und sportlich soll es für Borger und Sude nun auch wieder Erfolge geben, nachdem es in Rom bei der WM auch aufgrund einer Corona-Infektion bei Sude im Vorfeld der Turniers nicht ganz klappte. „Ja, wir liebäugeln mit dem Podium“, sagt Borger. „Aber auf europäischer Ebene gibt es viele gute Teams, wenngleich viele Spielerinnen verletzt sind. Auch dadurch gibt es viele neue Teams und Konstellationen. Da hat man auch nicht so einen Einblick, was dabei rauskommt.“

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort