Viele Zuschauer, gute Stimmung Sportler schwärmen von Atmosphäre bei European Championships

München · Ausgelassene Feierstimmung beherrscht seit fünf Tagen den Olympiapark in München. Tausende Fans verwandeln auch die anderen Wettkampfstätten der European Championships in Partylocations. Allein am Sonntag kamen mehr als 320.000 Zuschauer.

European Championships 2022: Bilder der Eröffnungsfeier
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Das war die Eröffnungsfeier der European Championships 2022

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Foto: dpa/Soeren Stache

Zünftige bayerische Musik dröhnt von der Tribüne an der Triathlon-Strecke im Münchner Olympiapark. Auf den Rängen klatschen und grölen die Zuschauer mit. Vor dem Eingang warten noch Dutzende Menschen auf frei werdende Plätze, obwohl das Rennen der Männer schon fast um ist. Die werden derweil Runde für Runde frenetisch angefeuert. Am Olympiaberg, den es einige Male zu überwinden gilt, rennen Fans den Athleten in bester Tour-de-France-Manier hinterher und treiben sie auf den steilen Metern an. „Das war der Wahnsinn, das habe ich noch nie erlebt, dass die Leute mit uns mit rennen und uns so pushen. Das kann es ruhig öfter geben“, sagte Lasse Lührs, der als 18. ins Ziel kam.

24.000 Menschen sahen am Samstagnachmittag den EM-Wettkampf live im Olympiapark, 21.000 waren es am Freitag bei den Frauen, noch mal 24.000 beim Mixed-Triathlon. Entlang der Strecke durch den Olympiapark war kaum ein Durchkommen, so dicht gedrängt standen die Menschen bei allen drei Wettkämpfen an der Strecke, um irgendwie einen Blick auf die Athletinnen und Athleten zu erhaschen. Auch der neue Europameister Léo Bergère aus Frankreich schwärmte: „Die Zuschauer waren der Wahnsinn, das ist außergewöhnlich hier.“

European Championships: Die deutschen Medaillengewinner von München
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Die deutschen Medaillengewinner von München

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Foto: AFP/ANDREJ ISAKOVIC

Nicht nur die Triathleten waren begeistert von der lautstarken Unterstützung. Ähnlich sah es bei den Bahnrad-Wettbewerben im Velodrom in der Messe aus, das sowohl am Freitag als auch Samstag ausverkauft war. Die Zuschauer schrien die deutschen Sieg-Fahrerinnen um Lisa Brennauer, Mieke Kröger und Emma Hinze regelrecht zu Gold. Je kleiner der Rückstand der vier Deutschen in der Mannschaftsverfolgung wurde, umso lauter brüllte das Publikum. Als dann Gold feststand, ging ein Jubelschrei durch die Messehalle.

„Die Stimmung war gigantisch. Die Fans geben Gas bis zur letzten Sekunde. So macht das Fahren noch mehr Spaß als sonst“, sagte Lisa Brennauer nach der Goldfahrt in der Mannschaftsverfolgung.

European Championships 20122: die Bilder des vierten Wettkampftages
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European Championships: die Bilder des vierten Wettkampftages

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Foto: dpa/Marius Becker

Ohnehin eine große Party war in den ersten Tagen der European Championships das Klettern auf dem Königsplatz. Kommentatoren, Athletinnen und Athleten sowie die Fans sorgten auf allen Seiten für ausgelassene Stimmung. Während die Zuschauer die akrobatischen Klettereinlagen mit erstaunten Ausrufen und lauten Anfeuerungen honorierten, kommentierten die Stadionsprecher enthusiastisch die spektakulärsten Aktionen, erklärten dem noch nicht so fachkundigen Teil im Publikum die wichtigsten Merkmale der Sportart.

Am Samstag und Sonntag kamen nach Angaben der Veranstalter jeweils 5000 Menschen zur Kletteranlage unter freiem Himmel mitten in der Stadt. Damit war das Event ausverkauft. Am Sonntag sahen sie die Kölnerin Hannah Meul zu Silber klettern und trieben dabei bei heißen Temperaturen auch das Stimmungsthermometer wieder hoch.

Wie beim Bahnrad und bei den am Montag gestarteten Beachvolleyball-Veranstaltungen hätten deutlich mehr Tickets fürs Klettern verkauft werden können, sagte Tobias Kohler, Leiter der Stabstelle Kommunikation der Olympiapark GmbH. Bei allen drei Sportarten sei die Nachfrage nach Tickets deutlich größer gewesen als die Kapazität. „Beim Bahnrad war die Zuschauerkapazität neben der hohen Nachfrage zudem eher gering, weil die Bahn schon kaum in die Halle passte“, erklärte Kohler im Gespräch mit unserer Redaktion.

Das Straßenradrennen der Männer verfolgten nach offiziellen Angaben am Sonntag mehr als 200.000 Menschen entlang der 209 Kilometer langen Strecke von Murnau nach München. Beim Ziel am Odeonsplatz warteten zahlreiche Radsportbegeisterte in Trikots, um die Sportler in Empfang zu nehmen und gebührend zu feiern.

Selbst nach Oberschleißheim zur Regatta-Strecke, zu der man aus München mit Zug und Bus fast eine Stunde Fahrzeit einplanen muss, kamen Hunderte. Mit 4000 verkauften Tickets war die Veranstaltung am Sonntag ausverkauft. Auch wenn die Stimmung dort am Ende der Finaltage jeweils von den enttäuschenden Leistungen der deutschen Medaillenkandidaten getrübt wurde, lag es nicht an mangelnder Unterstützung, dass Oliver Zeidler im Einer und der Deutschland-Achter ohne Edelmetall blieben.

European Championships: Die Gewinner und Verlierer - Zeidler, Seitz, Hinze
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Die Gewinner und Verlierer nach dem ersten Wochenende

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Foto: dpa/Soeren Stache

Am Samstag hatte es für Zeidler noch gut ausgesehen. Und so schwärmte der 26-Jährige nach seinem Halbfinale nicht nur von seinem Rennen, sondern auch von der Stimmung. „500 Meter vor dem Ziel hört man die Fans, ich wurde auch schon beim Hochfahren beklatscht. Das ist es, was es so besonders macht, daheim zu fahren, in Deutschland eine Regatta zu haben“, sagte der Lokalmatador aus München. „Der Vierer Ohne wurde im B-Finale schon von den Fans über die Ziellinie getragen, das ist einfach Gänsehautgefühl für uns Ruderer, weil das auch nicht so oft passiert. Ich find’s sehr, sehr cool, dass hier in Oberschleißheim mal wieder etwas stattfindet“, schwärmte Zeidler von der Atmosphäre. „Ich hoffe, dass wir so mehr Leute für unseren Sport begeistern können. Das ist wichtig für das Rudern“, betonte er.

Da er in München lebe, könne er in den kommenden Tagen noch etwas von dem restlichen Programm genießen. Schon vor den European Championships habe ihn das Event beeindruckt: „Ich trainiere im Olympiastützpunkt, der ist unter dem Olympiastadion, wenn man durch den Olympiapark gegangen ist, hat man richtig gesehen, was passiert und dass ein Großevent stattfindet. So ein Multisportevent ist schon cool“, sagte der Ruderer, der auch einer der Botschafter für das Event in München war.

European Championships 2022 – Medaillenspiegel​: Alle Medaillen-Gewinner
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Der Medaillenspiegel European Championships 2022

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Foto: AP/Martin Meissner

Von der überwältigenden Unterstützung der Fans begeistert waren auch die Turnerinnen. In der Halle im Olympiapark wurde am Wochenende nicht nur gesungen und getanzt, weil die deutschen Athletinnen mit Team-Bronze und zweimal Gold in den Einzelfinals durch Elisabeth Seitz und Emma Malewski Historisches schafften. Durchgängig sorgten die 9000 Zuschauer in der ausverkauften Halle für Gänsehaut-Atmosphäre. „Es war unglaublich hier zu Turnen. Es war etwas ganz Besonderes. Die Heimkulisse hat uns einfach beflügelt und ich wollte die Atmosphäre nutzen, um uns und das Publikum zu pushen. Während Corona mussten wir in leeren Hallen turnen. Umso schöner ist es, vor dieser Kulisse aufzutreten“, schwärmte Pauline Schäfer-Betz nach dem Team-Finale im Mehrkampf. Die erst 18-jährige Emma Malewski meinte: „Die Stimmung ist nicht zu fassen. Ich kenne das ja noch gar nicht von internationalen Wettkämpfen. Dass ich das ausgerechnet hier in München erleben durfte, wo auch Familie da ist, ist doppelt cool.“

Entsprechend zufrieden waren auch die Organisatoren mit dem Start des Multisportevents: „Wir sind überwältigt! Einfach grandios, wie diese European Championships angenommen werden – alle Erwartungen wurden bislang übertroffen! Der Olympiapark ist jeden Tag rappelvoll, die Stimmung an den Wettkampforten überall in der Stadt ist sensationell. In den ersten fünf Tagen inklusive Opening haben wir schon mehr als eine halbe Millionen Menschen bewegt”, sagte Marion Schöne, Geschäftsführerin der Olympiapark München GmbH, in einem ersten Zwischenfazit zu den European Championships.

Und die begeistern nicht nur mit Sport. Auch das Freizeitangebot für Kinder, die Kulturveranstaltungen und Konzerte in der ganzen Stadt werden von Tausenden besucht. Alle Angebote sind kostenfrei und sorgten am Wochenende für Unterhaltung abseits der Wettkämpfe am Olympiapark, in der Innenstadt und auch an den anderen Wettkampforten. „Es war uns sehr wichtig, mit dem Kulturprogramm an die Tradition der Olympischen Spiele von 1972 anzuknüpfen“, sagte der Olympiapark-Sprecher. Damals sei das Programm zwar anders ausgerichtet gewesen: „Aber ich denke, wir treffen mit dem aktuellen Programm den Zahn der Zeit“, sagte Kohler.
„Es ist gigantisch, wie der Park genutzt wird. Überall ist eine großartige Atmosphäre, nicht nur im Olympiapark.“ Mit so einer Resonanz habe er bei Weitem nicht gerechnet. „Wir haben hier im Park schon viel erlebt, viele Konzerte und große Veranstaltungen, aber dass das Angebot bei den European Championships so angenommen wird, ist auch für uns außergewöhnlich“, sagte er weiter und verwies auch auf die spektakulären BMX-Wettkämpfe am nahezu komplett mit Menschen besetzten Olympiaberg. „Gerade die jungen Sportarten ziehen die Leute an“, meinte Kohler.

Die Konzertfläche am Olympiapark war am Sonntag schon lange vor Beginn des Auftritts der populären Wiener Band Wanda überfüllt. Teilweise mussten die Brücken, die zum Gelände führten, wegen zu vieler Menschen gesperrt werden. Auch bei einigen Sportveranstaltungen bildeten sich Schlangen. Die Busse und U-Bahnen waren am Samstag- und Sonntagnachmittag so voll, dass man auch mal auf die nächste Bahn, den nächsten Bus warten musste.

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