Von „richtige Schritte“ bis „Desaster“ So bewertet die Politik Xantens finanzielle Lage

Xanten · Xantens Parteien und Wählergemeinschaften sehen allesamt die Herausforderungen, vor denen die Stadt steht – aber wer dafür verantwortlich ist und was zu tun ist, das beurteilen sie unterschiedlich. Ein Überblick.

 Ein Luftbild der Satdt Xanten (Archiv).

Ein Luftbild der Satdt Xanten (Archiv).

Foto: Christoph Reichwein (crei)

Am Dienstagabend hat der Xantener Stadtrat den Haushalt der Stadt für 2023 beschlossen. Die Fraktionen nutzten die Haushaltsreden dafür, um die Entwicklung der Stadt zu bewerten. Besorgt äußerten sich alle. Jedoch sahen sie unterschiedliche Gründe für Xantens angespannte finanzielle Situation. CDU, SPD und FBI stimmten schließlich zusammen mit Bürgermeister Thomas Görtz (CDU) für den Haushalt 2023. Wir fassen die Reden zusammen.

CDU: „Wir behalten das Heft des Handelns weiter in der Hand“

Der CDU-Fraktionsvorsitzende Pankraz Gasseling erinnerte in seiner Haushaltsrede daran, dass „auch die Kommunalpolitik“ im vierten Jahr in Folge durch Krisen beeinflusst werde. Nach der Corona-Pandemie sei 2022 der Ukraine-Krieg hinzugekommen – mit „extremen Folgen“ auch für Xanten: „Energiekostenexplosion, Flüchtlingsströme, Inflation und steigende Zinsen“. Für eine Stadt, „die schon seit einem Jahrzehnt mit einem strukturellen Defizit lebt“, seien die zusätzlichen Belastungen „nicht tragbar“. Gasseling forderte: „Der Bund und das Land müssen die Kommunen stärker unterstützen.“ Die Städte müssten so ausgestattet werden, dass sie ihren Aufgaben nachkommen könnten. Sonst „steht am Ende auch die Demokratie auf dem Spiel“. Dann ging Gasseling auf den Kompromiss mit SPD und FBI ein, wonach die Steuererhöhung verschoben wird, stattdessen Einsparungen beschlossen wurden und auch ein Haushaltskonsolidierungskonzept vereinbart wurde. „Wir halten das Heft des Handelns weiter selbst in der Hand.“ Abstimmungsverhalten am Dienstagabend: 15 Stimmen der CDU für den Haushalt.

Grüne: „Nachhaltiger Umgang mit Geld sieht anders aus“

Der Grünen-Fraktionsvorsitzende Rolf Peter Weichold kritisierte in seiner Haushaltsrede, dass viele Einsparvorschläge der „meisten Fraktionen“ darin bestünden, Investitionen ins nächste Jahr zu verschieben. „Damit soll das wirklich wirksame Sparen vermieden werden.“ Zusätzlich würden „weiter ein paar kleine und ein paar sehr große Projekte auf die Wunschliste gestellt, in der Hoffnung, dass es noch irgendwie weiter geht.“ Xanten versuche, mit dem Verkauf von Bauland Geld einzunehmen. „Nachhaltiger Umgang mit Geld sieht anders aus.“ Den Grünen sei vorgeworfen worden, dass sie keine Perspektiven für den Haushalt hätten. Tatsächlich hätten sie „sehr viel Arbeit auf die allergrößte Sparmaßnahme verwendet“ – damit erinnerte Weichold an den bisher erfolglosen Einsatz der Grünen für eine Sanierung anstatt eines Neubaus des Gymnasiums. „Für diesen Finanz- und Treibhausgas-Sparvorschlag haben wir uns viel Ärger eingehandelt.“ Die Steuerzahler könnten sich dagegen „auf die neuen Belastungen freuen“. Zum Beispiel die Steuererhöhung 2024. Abstimmungsverhalten am Dienstagabend: Sechs Stimmen der Grünen gegen den Haushalt.

SPD: „Schlüsselzuweisungen sind alles andere als auskömmlich“

Der SPD-Fraktionsvorsitzende Olaf Finke kritisierte in seiner Haushaltsrede die Höhe der Landeszuweisungen an die Kommunen. Für den größten Teil der Städte und Gemeinden in NRW seien sie „alles andere als auskömmlich“. Stattdessen würden Förderprogramme aufgelegt. „Viele Kommunen sind regelrechte Fördermittel-Junkies geworden, um überhaupt noch Maßnahmen der Daseinsvorsorge realisieren zu können.“ Zumal die Steuern kaum so stark erhöht werden könnten, wie es sein müsste, da die Bereitschaft, aber auch die Möglichkeit der Bevölkerung, zusätzliche Belastungen zu tragen, „begrenzt sind“. CDU, FBI und SPD hätten sich deshalb auf ein Vorgehen verständigt, wie Xantens Haushalt aufgestellt werden könne, „ohne die vorgesehenen Erhöhungen der Steuern in diesem Jahr realisieren zu müssen“. Die Finanzierungslücke solle durch ein Haushaltskonsolidierungskonzept „zumindest teilweise“ geschlossen werden. Wenn aber die Gemeindefinanzierung durch das Land nicht geändert werde, lasse sich eine Steuererhöhung in Xanten 2024 „nicht vermeiden“. Abstimmungsverhalten am Dienstagabend: Sechs Stimmen der SPD für den Haushalt.

FOX: „Die Entwicklung des Haushalts ist ein Desaster“

Die stellvertretende Fox-Fraktionsvorsitzende Petra Strenk wandte sich in ihrer Haushaltsrede an die „lieben Steuerzahler“: „Sie werden demnächst noch mehr gefordert, fangen Sie schon einmal an zu sparen und schütten Sie Ihr Sparschwein aus – die Stadt Xanten braucht dringend Ihr Geld!“ Auch sie erinnerte an die zusätzlichen Belastungen für die Stadt „durch Corona, Energieerhöhungen und eine zunehmend große Zahl von Flüchtlingen“. Auch wenn die Ausgaben dafür herausgerechnet würden, „ist die Entwicklung von Xantens Haushalt ein Desaster“. Sie warf Bürgermeister Thomas Görtz vor, dass er dem Stadtrat dafür die Verantwortung gebe und dass Vorschläge der „kleineren Fraktionen gerne mal abgewatscht“ würden. Der Haushalt für 2023 sei nur durch „Taschenspielertricks“ gerettet worden. Das strukturelle Defizit werde dadurch vergrößert. Der Bürgermeister betreibe eine „expansive Ausgabenpolitik“ und werde dabei von CDU, SPD und FBI unterstützt. Wer dem Haushalt zustimme, „beschließt die Steuererhöhung 2024 gleich mit“. Abstimmungsverhalten am Dienstagabend: Fünf Stimmen von Fox gegen den Haushalt.

FBI: „Lasst uns zusammen die Zukunft gestalten“

Der FBI-Fraktionsvorsitzende Peter Hilbig sagte, dass seine Wählergemeinschaft „traurig, enttäuscht und verärgert“ sei. Seit Jahren habe sie vorhergesagt, dass der Stadt das Geld ausgehen werde. Aber zu wenig sei passiert. Er sei der festen Überzeugung, dass die Mehrheit der Bevölkerung Verständnis dafür aufbringe, dass Xanten sparen müsse – „wenn gesehen wird, dass alle fair belastet werden und nicht einzelne ausgenommen sind“. Hilbig rief alle dazu auf: „Lasst uns zusammen, miteinander und nicht gegeneinander die Zukunft gestalten.“ Die FBI freue sich, „dass es ihr offensichtlich gelungen ist, nach Jahren anstrengender Sacharbeit, die Mehrheit der Ratsmitglieder zur Mitarbeit bei einer nachhaltigen Haushaltsgestaltung überzeugt zu haben“. Den anderen biete er „konstruktive Gespräche“ an. Auch wenn der Haushalt „kein guter“ ist, „haben wir es geschafft, eine Steuererhöhung zu vermeiden“ und „ein verbindliches Bekenntnis zur Konsolidierung erreicht“. Xanten sei „noch lange nicht“ am Ziel. „Aber die Schritte dorthin sind richtig!“ Abstimmungsverhalten am Dienstagabend: Fünf Stimmen der FBI für den Haushalt.

MAX: „Drastischere Sparanstrengungen sind erforderlich“

Matthias C. Voll von der Fraktion Modernes altes Xanten (Max) sprach sich erneut dafür aus, die Planungen für eine Modernisierung des Stiftsgymnasiums und der Gesamtschule zu vertagen – das wäre „ein ehrlicher Schritt zur Konsolidierung des Haushalts“ gewesen. Natürlich sei ein Verschieben in die Zukunft „nicht die beste Lösung“. Aber: „Die Alternativen zu einem Neubau könnten in dieser Denkpause entschieden sorgfältiger geprüft werden.“ Stattdessen werde „die offenbar unumgängliche Steuererhöhung“ vertagt. Das bedeute nicht, dass Max für die Erhöhung sei. Aber für einen ausgeglichenen Haushalt seien „drastischere Sparanstrengungen“ erforderlich als beschlossen worden sei. „Den Verzicht auf circa zwei Millionen Euro Steuereinnahmen werden die Bürger im nächsten Jahr kompensatorisch aufbringen müssen.“ Auch Voll kritisierte die „strukturelle Unterfinanzierung“ der Städte und Gemeinden. „Hoffen wir alle, zum Wohle der Stadt Xanten, dass der Bund und das Land NRW den Kommunen finanziell helfen.“ Abstimmungsverhalten am Dienstagabend: Zwei Stimmen der Max gegen den Haushalt.

(wer)
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