Handball TVK blickt nach oben, der NHV nach unten

Rhein-Kreis · Mit dreiwöchiger Verspätung dürfen in der Regionalliga Nordrhein nun auch der TV Korschenbroich und der Neusser HV ran – mit höchst unterschiedlichen Ambitionen.

 Philip Schneider war schon dabei, als Neuss und Korschenbroich 2015 in der Hammfeldhalle aufeinandertrafen – allerdings noch im Trikot des NHV.

Philip Schneider war schon dabei, als Neuss und Korschenbroich 2015 in der Hammfeldhalle aufeinandertrafen – allerdings noch im Trikot des NHV.

Foto: Woitschützke, Andreas (woi)

Es gibt sicher Angenehmeres, als mit einem Spiel bei der SG Ratingen in die Saison zu starten. Mit Blick auf den erlesenen Kader der mal wieder zum engsten Favoritenkreis der Handball-Regionalliga Nordrhein zählenden Hausherren genügt dem beim Neusser HV als Schwerstarbeiter geforderten Sportlichen Leiter Josip Jurisic ein Satz, um die Gefechtslage zu klären: „Die treten mit Spielern internationaler Klasse an, wir mit der A-Jugend ...“

Stimmt natürlich nicht ganz, doch allein die Qualität der Neuverpflichtungen beim Gegner unterstreicht die Extraklasse des „Löwenrudels“ eindrucksvoll: Schon vor der Rückkehr des in Deutschland auch schon für den TSV Bayer Dormagen, ART Düsseldorf, TV Großwallstadt und die HSG Bergische Panther tätigen Franzosen Bastien Arnaud hatten die Ratinger Robert Markotic (TVB Stuttgart), Denis Karic (ThSV Eisenach), Simon Ciupinski (HSG Krefeld), Hendrik Stock (VfL Eintracht Hagen U19) und Patryk Rutzki (HC Rhein Vikings U19) unter Vertrag genommen. Ins sportliche Date mit der von Ex-Profi Alexander Oelze (kam im Februar 2019 von den insolventen Rhein Vikings) angeführten SG am Sonntag im Sportzentrum West an der Gothaer Straße (Anpfiff 17 Uhr) geht Jurisic mit dem gebotenen Respekt, stellt aber klar: „Wir haben da nichts zu verlieren. Wir fahren nach Ratingen, um Punkte zu holen.“

Im Grunde genommen hat der Neusser HV beim Restart nach zwei Insolvenzen des mal als „spannendstes und ambitioniertestes Projekt im deutschen Handball“ angetretenen HC Rhein Vikings indes andere Sorgen. Seit Anfang September steht der Verein quasi auf der Straße, ist die Hammfeldhalle wegen eines Wasserschadens noch für Wochen dicht. Das Heimrecht in den anstehenden Duellen mit Ratingen und Aachen (26. September) hat der NHV schon getauscht. Jurisic hofft nun, „dass wir nach den Herbstferien wieder zurück ins Hammfeld können.“ In der Zwischenzeit sind die Mannen von Trainer Gilbert Lansen auf die Solidarität der Nachbarvereine angewiesen. Da in den Neusser Sporthallen ein absolutes Haftmittelverbot gilt, ergriff Linksaußen Sebastian Barentzen die Initiative und schlug bei seinem Heimatverein TB Oberhausen drei Trainingseinheiten „mit Harz“ heraus. Dank der freundschaftlichen Beziehungen zu Handball-Abteilungsleiter Alexander Gronwald half auch Treudeutsch Lank aus. „Dieses Verhalten zeigt, wie im Handball gemeinschaftlich und kameradschaftlich Probleme gelöst werden können“, findet NHV-Vorsitzender Martin Eggert. Wertvolle Erkenntnisse bot zudem das letzte, am Ende mit 24:32 verlorene Testspiel beim Drittligisten Leichlinger TV. „Bis zur Pause haben wir mit der ersten Sieben gespielt, da lagen wir nur mit zwei Toren zurück“, zog Jurisic ein entspanntes Fazit.

Viel zu seiner Beruhigung bei trägt auch die späte Verpflichtung von Rückraumspieler Marko Vidovic (33). Der 2,01 Meter große und 103 Kilogramm schwere Kroate stand bis zum Ausbruch der Corona-Pandemie im März als Profi in Israel unter Vertrag. Jurisic: „Er trainiert schon seit drei Wochen mit der Mannschaft. Und da seine Frau in Dormagen lebt und ihm unsere jungen Truppe Spaß macht, hat er sich trotz anderer Angebote für den NHV entschieden.“

Seine Erfahrung soll helfen, den Klassenverbleib zu schaffen. „Und das wird schwer genug, steigen im schlimmsten Fall doch sechs Mannschaften ab“, weiß der Sportliche Leiter. Bitter ist auch der Ausfall von Til Klause (Kreuzbandriss), der wohl erst rund um Weihnachten wieder einsteigen wird. Dirk Sitterle

Derweil hadert Trainer Dirk Wolf beim Lokal- und Ligarivalen TV Korschenbroich mit dem um drei Wochen verschobenen Startschuss: „Wir hätten die Saison gerne früher begonnen. Die Verzögerung ist nicht etwa wegen der Corona-Pandemie vorgenommen worden, sondern weil der eine oder andere Verein verletzte Spieler zu beklagen hatte.“ Wie schon in den beiden Jahren zuvor, möchte der TVK in der Spitzengruppe ein gewichtiges Wort mitreden. Standen zuvor die Platzierungen fünf und drei in der Abschlusstabelle, darf und soll es in dieser Spielzeit noch weiter nach oben gehen. Einige Mitkonkurrenten nennen gar immer wieder den TV Korschenbroich, wenn es darum geht, Aufstiegsaspiranten zu bestimmen.

Ein großes Plus der Mannschaft ist auf jeden Fall die Homogenität. Der Trainer kann auf einen fast eingespielten Kader zurückgreifen. In Tim Dicks, der aus Studiengründen nach Salzburg wechselt und, wie erst kürzlich bekannt wurde, nun mit einem Doppelspielrecht für den Neusser HV ausgestattet ist, sowie Viktor Fütterer, der seine Karriere beendet hat, sind lediglich zwei Abgänge zu verzeichnen. Dafür ist in Hendrik Schiffmann ein sehr erfahrener Akteur vom Zweitligisten HSG Krefeld zurückgekehrt. Hinzu kommen noch die beiden talentierten Außenspieler Marcus Neven und Lukas Bark, die in der vergangenen Saison noch für Dormagen in der A-Jugend-Bundesliga aufgelaufen sind. Damit ist der TVK seit Jahren erstmals wieder auf jeder Position doppelt besetzt. „Vorher war unsere Qualität sicher nicht schlecht“, sagt Wolf und fügt erklärend hinzu: „Wir sind nicht nur breiter aufgestellt, sondern wollen uns auch gegenüber den Vorjahren verbessern. Das ist im Durchschnitt noch eine sehr junge Mannschaft, jedoch mit sehr gut ausgebildeten Spielern.“ Wenn überhaupt von einem Manko zu reden sei, dann wäre das wohl die mangelnde Konstanz.

In der Vorbereitungsphase gab es wenig auszusetzen. Die Mannschaft blieb mit Ausnahme von kleineren Blessuren von Verletzungen verschont, das neue Trio konnte bereits sehr gut integriert werden und die Testspiele verliefen größtenteils erfolgreich. Lediglich gegen den Bergischen HC und Borussia Mönchengladbach gab es Niederlage zu verzeichnen. Das alles ist jedoch Makulatur, wenn sich am Samstag ab 19.30 Uhr der TV Aldekerk in der Waldsporthalle vorstellt. „Wir brennen natürlich alle darauf, dass es wieder losgeht“, betont Wolf. „Nach fünf Monaten Pause wird es wieder Spaß machen, sich vor den eigenen Fans zu präsentieren und wir haben gleich eine tolle Begegnung zum Saisonauftakt“. Das Hygienekonzept des Vereins steht und somit haben 300 Zuschauer die Möglichkeit mitzufiebern. „Wir wissen natürlich nicht, wie viele Zuschauer kommen werden“, so der Sportliche Leiter und Co-Trainer Klaus Weyerbrock. „Ich hoffe nur, dass es nicht mehr werden und wir Leute nach Hause schicken müssen. Es kann aber auch gut sein, dass nur 100 Fans den Weg in die Halle finden. Nach dem Spieltag sind wir schlauer und können dann auch reagieren.“

Die Gäste aus Aldekerk haben sich gut verstärkt und zählen für Wolf zu den Spitzenteams in der Regionalliga. „Der Top-Favorit ist für mich aber einmal mehr Ratingen. Die Mannschaft ist gespickt mit Spielern, die auf Erfahrungen in der 1. und 2. Liga zurückgreifen können und einige waren auch schon international aktiv.“ Auch dem Bergischen HC traut er sehr viel zu. „Ich glaube, dass die Liga in der Spitze insgesamt ausgeglichener ist. Wir können uns auf eine sehr spannende Saison freuen.“ Alyssa Pannwitz

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