Serie: Vor 50 Jahren Die Kreisreform stand noch bevor

Kreis Viersen · Die Neugliederung der Städte und Gemeinden im Kreis Kempen-Krefeld war mit dem Gesetz vom 18. Dezember 1969 zwar geregelt, aber die Neugliederung der Kreise im Lande stand noch bevor. Aus 57 Kreisen in Nordrhein-Westfalen wurden schließlich 31. Zum 1. Januar 1975 wurde aus dem Kreis Kempen-Krefeld der neue Kreis Viersen.

 Oberkreisdirektor Dr. Hans-Christian Vollert (links) mit den Bürgermeistern aus dem Kreis Viersen bei einem Besuch des Kreisarchivs in der Kempener Burg.

Oberkreisdirektor Dr. Hans-Christian Vollert (links) mit den Bürgermeistern aus dem Kreis Viersen bei einem Besuch des Kreisarchivs in der Kempener Burg.

Foto: Kreisarchiv Viersen

Viersen wurde zwar nach einer besonders heftigen Auseinandersetzung Kreisstadt, verlor aber seinen Status als kreisfreie Stadt mit einem Oberbürgermeister und einem Oberstadtdirektor. Die politischen Verhältnisse im Kreis wurden kräftig durcheinandergerüttelt. In der Frage des Kreissitzes liefen die Frontlinien nicht entlang der Parteigrenzen, sondern mitten durch die Fraktionen im Kreistag.

Wie sehr die Entscheidung für Viersen als Kreissitz die Gemüter, insbesondere natürlich in Kempen, bewegte, zeigte der Kempener Karnevalszug 1974, in dem Großfotos des ehrenamtlichen Landrates Peter Van Vlodrop und von Oberkreisdirektor Müller an einem Galgen hängend mitgeführt wurden.

Ein herber Verlust bereitete dem neuen Kreis die Entscheidung, Hüls von der Stadt Kempen in die Stadt Krefeld einzugliedern. Die dagegen angestrengte Klage wurde vom Verfassungsgericht in Münster abgewiesen. Kempen verlor nicht nur den Kreissitz, sondern auch Hüls. Dennoch gilt der Verlust heute als ausgeglichen. Kempen, die alte kurkölnische Amtstadt mit ihrer reizvollen Innenstadt, gilt vielen Menschen am Niederrhein gleichsam als Geheimtipp.

Im Südwesten des Kreises gab es dagegen einen Gebiets- und Bevölkerungszugewinn: Elmpt und Niederkrüchten, Gemeinden, die vormals zum aufgelösten Kreis Erkelenz und dann kurzzeitig zum Kreis Heinsberg gehörten, wurden dem Kreis Viersen zugeschlagen. Auch dieser Vorgang ging nicht vollständig friedfertig vonstatten.

Bald ein halbes Jahrhundert nach der Kreisreform und ein volles halbes Jahrhundert nach der Gemeindeneugliederung kann man in Bezug auf die herbeigeführte kommunale Wirklichkeit den Eindruck gewinnen, das alles sei immer so gewesen.

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