Entspannung zwischen Berlin und Kiew Steinmeier und Selenskyj räumen „Irritationen“ aus

Berlin/Düsseldorf · Deutschland und die Ukraine wollen die Verstimmung über die Ausladung von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hinter sich lassen. Russland dreht unterdessen weiter die Eskalationsspirale mit Atomwaffen-Simulationen.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (.l) und Wolodymyr Selenskyj, Präsident der Ukraine. (Montage/Archiv)

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (.l) und Wolodymyr Selenskyj, Präsident der Ukraine. (Montage/Archiv)

Foto: dpa/Lukatsky

Wochenlang schwelte der Ärger zwischen Berlin und Kiew wegen einer Ausladung des Bundespräsidenten seitens der ukrainischen Regierung. Nun gibt es etwas Entspannung in der krisenhaften Reisediplomatie mit Kiew: Aus dem Bundespräsidialamt hieß es heute, Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hätten miteinander telefoniert und „Irritationen“ aus der Vergangenheit ausgeräumt. Selenskyj habe dabei die deutsche Staatsspitze und die Bundesregierung nach Kiew eingeladen. Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD), protokollarisch die zweite Frau im Staat, wird am Sonntag nach Kiew reisen.

Die Beziehungen zwischen dem früheren Außenminister Steinmeier und der ukrainischen Staatsspitze gelten seit der Ausladung Steinmeiers Anfang April von einem geplanten Besuch mit anderen Staatschefs nach Kiew als belastet. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte in den vergangenen Tagen sehr deutlich gemacht, wie verstimmt die deutsche Regierung über die Ausladung Steinmeiers war. Ob nun Mitglieder der Bundesregierung, der Kanzler oder Steinmeier selbst in den nächsten Tagen und Wochen neben Bas nach Kiew reisen werden, ist aber noch offen.

CDU-Chef Friedrich Merz, der vor wenigen Tagen in die ukrainische Hauptstadt gereist war und Selenskyj getroffen hatte, sagte nun, er habe bei dem Gespräch auch dafür geworben, dass die Schwierigkeiten bei gegenseitigen Besuchen zwischen der Ukraine und Deutschland jetzt endlich überwunden werden sollten. „Da hat sich etwas verkantet. Ich habe ihm als Oppositionsführer dazu geraten, dass gegenseitige Besuche wieder stattfinden müssen – auch des Bundespräsidenten, wenn er das für möglich und angezeigt hält. Ich hoffe, dass ich atmosphärisch einen Beitrag dazu geleistet habe, dass sich das Ganze etwas entspannt“, sagte Merz unserer Redaktion.

Eine Sprecherin von Bärbel Bas teilte am Donnerstag mit, die Bundestagspräsidentin wolle „auf Einladung ihres ukrainischen Amtskollegen gemeinsam mit ihm aller Opfer des Zweiten Weltkriegs gedenken und politische Gespräche führen“. Die Planungen dazu laufen den Angaben zufolge seit Anfang April. Dabei werde die sich ständig ändernde Sicherheitslage beobachtet. „Solche Reisen bedürfen sorgfältiger und intensiver Abstimmungen, auch mit der ukrainischen Seite und den zuständigen Sicherheitsbehörden“, sagte die Sprecherin. Sie bitte um Verständnis, dass deshalb keine näheren Informationen möglich seien. Es hatte zuletzt immer wieder russische Angriffe auf ukrainische Eisenbahnanlagen gegeben. Das Weltkriegsgedenken findet in der Ukraine am 8. Mai, dem kommenden Sonntag, statt. Bas wäre die bislang ranghöchste deutsche Politikerin, die nach Kiew reist.

Steinmeier hatte am Mittwoch bei einem Besuch in Rumänien bereits Offenheit für Gespräche mit Kiew betont. Deutschland unterstütze die Ukraine aus vollem Herzen, so Steinmeier bei einer Pressekonferenz in Bukarest. Diese Unterstützung bringe er auch bei Besuchen wie diesem in Rumänien zum Ausdruck, „und natürlich auch im Austausch mit meinem ukrainischen Amtskollegen - wenn das möglich ist.“

Unterdessen wächst die Sorge vor einer weiteren Eskalation durch Russland. Das Verteidigungsministerium in Moskau hatte am Mittwoch gemeldet, dass rund hundert russische Soldaten im Gebiet Kaliningrad den „elektronischen Start“ von mobilen ballistischen Raketensystemen mit Atomwaffen vom Typ Iskander simuliert hätten. Die FDP-Verteidigungspolitikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann hat sich besorgt darüber gezeigt. Weiter rief sie aber gegenüber unserer Redaktion dazu auf, Ruhe zu bewahren. Dies sei gerade in der aktuell ernsten Lage wichtig. „Es gehört zur Kriegsführung des Wladimir Putin, solche Szenarien uns vor Augen zu führen, um uns psychologisch unter Druck zu setzen“, sagte Strack-Zimmermann. „Wir sollten uns sein Narrativ nicht zu eigen machen und schon gar nicht geradezu paralysiert auf den 9. Mai schauen“, fügte sie mit Blick auf den bevorstehenden Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkrieges hinzu.

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