Reaktionen aus dem Ausland „Das nächste Kapitel werden wir zusammen schreiben“
Berlin · Olaf Scholz ist am Mittwoch als neuer deutscher Bundeskanzler vereidigt worden. Viele ausländische Staatschefs gratulierten dem SPD-Politiker – es gab aber auch kritische Stimmen.
Frankreich
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hat dem neuen Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) zu seiner Wahl gratuliert. „Das nächste Kapitel werden wir zusammen schreiben. Für die Franzosen, für die Deutschen, für die Europäer“, schrieb Macron auf Twitter. „Wir sehen uns am Freitag!“, fügte er hinzu. Scholz wird am Freitag zum Mittagessen im Elysée erwartet. Es wird der erste Auslandsbesuch des Kanzlers nach der Amtsübernahme sein.
Die angehende Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) wird bereits am Donnerstag mit ihrem französischen Kollegen Jean-Yves Le Drian in Paris zusammentreffen. Die designierte EU-Staatssekretärin Anna Lührmann hat am selben Tag einen Termin mit ihrem französischen Kollegen Clément Beaune.
Macron hatte sich kurz zuvor auf Twitter noch einmal von Scholz' Vorgängerin Angela Merkel verabschiedet. „Danke, dass du die Lehren der Geschichte nie vergessen und so viel für und mit uns getan hast, um Europa voranzubringen“, schrieb er zu einem zweiminütigen Video, dass einige ihrer besten gemeinsamen Momente zeigt. Darin heißt es auch: „Danke, dass du mich so viel gelehrt hast und dass du diesen jungen stürmischen Präsidenten, der alles umkrempeln wollte, akzeptiert hast.“ Mit diesen Worten hatte Macron sich bei Merkels Abschiedsbesuch in Beaune verabschiedet.
Russland
Nach der Wahl des SPD-Politikers Olaf Scholz zum neuen Bundeskanzler hofft der Kreml auf einen Dialog mit Deutschland. „Wir setzen darauf, dass sich zwischen dem Präsidenten und dem neuen Kanzler konstruktive Beziehungen entwickeln“, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow am Mittwoch in Moskau der Agentur Interfax zufolge. Peskow sagte, Staatschef Wladimir Putin wolle Scholz ein Glückwunsch-Telegramm schicken. „Wir hoffen, dass die deutsche Seite weiterhin von dem Verständnis ausgeht, dass es keine Alternative zum Dialog gibt, um selbst die schwierigsten Meinungsverschiedenheiten zu beseitigen.“
Das Verhältnis beider Länder ist wegen verschiedener Konflikte schwer belastet. Zuletzt hatte Angela Merkel im August vor ihrem Abschied aus dem Kanzleramt Putin persönlich im Kreml in Moskau getroffen. Russland sieht vor allem die neue Außenministerin Annalena Baerbock skeptisch, weil sich die Grünen-Politikerin offen gegen die noch nicht in Betrieb genommene Erdgas-Pipeline Nord Stream 2 von Russland nach Deutschland ausgesprochen hatte.
China
Die Führung in Peking strebt mit der neuen Bundesregierung unter Kanzler Olaf Scholz (SPD) ein „neues Niveau“ der deutsch-chinesischen Zusammenarbeit an. „China ist bereit, das gegenseitige politische Vertrauen zu festigen und zu vertiefen, und den Austausch und die Zusammenarbeit mit Deutschland in verschiedenen Bereichen auszubauen“, sagte Präsident Xi Jinping am Mittwoch nach Angaben der staatlichen chinesischen Nachrichtenagentur Xinhua.
EU
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen schrieb am Mittwoch auf dem Kurzbotschaftendienst Twitter, sie freue sich „auf eine weitere vertrauensvolle Zusammenarbeit für ein starkes Europa“. Die frühere Bundesverteidigungsministerin kennt Scholz noch aus dem Berliner Kabinett, das sie 2019 für den Brüsseler Spitzenposten verließ.
EU-Ratschef Charles Michel hat dem neuen Bundeskanzler Olaf Scholz zu seinem neuen Amt gratuliert. „Alles Gute, lieber Olaf Scholz, zur Wahl als Bundeskanzler“, schrieb Michel am Mittwoch auf Twitter. Er freue sich, zusammen an einem starken und unabhängigen Europa zu arbeiten. Zugleich dankte Michel, der als Ratschef die EU-Gipfel der Staats- und Regierungschefs leitet, der scheidenden Kanzlerin. „Mein Dank an dich, liebe Angela Merkel, für viele Jahre der vertrauensvollen Zusammenarbeit.“ Scholz war am Mittwoch von einer Mehrheit des Bundestags zum neunten Kanzler der Bundesrepublik Deutschland gewählt worden.
Glückwünsche kamen auch aus dem Europaparlament: Parlamentspräsident David Sassoli wünschte Scholz und der Ampel-Koalition auf Twitter „viel Erfolg und eine glückliche Hand für die Bewältigung der großen Aufgaben, die in Deutschland und Europa anstehen“.
Scholz wird kommende Woche Donnerstag zu seinem ersten EU-Gipfel als Bundeskanzler in Brüssel erwartet. Dabei soll es unter anderem um die Corona-Pandemie und die hohen Energiepreise gehen.
Ungarn
Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban sieht tiefe Gräben im Verhältnis zu Deutschland und auch zur neuen Bundesregierung unter Kanzler Olaf Scholz. „Die neue linksliberale Regierung strebt weg von Kohls Europa der Vaterländer hin zu einer migrations- und genderfreundlichen, deutsch geprägten, zentralistischen Politik aus Brüssel. Hier stehen wir nicht mehr Seite an Seite“, schrieb der konservative Politiker in einem Gastbeitrag für die „Bild“-Zeitung.
Orban stellt fest: „Schon mit der Migrationskrise 2015 zerbrach unsere Einigkeit.“ Damals waren hunderttausende Migranten weitgehend unkontrolliert über die Balkan-Route nach Europa eingereist, vor allem nach Deutschland. Die damalige Krise habe tiefgreifende Meinungsverschiedenheiten über die Zukunft der Europäischen Union zu Tage gefördert, schrieb er. „Für die Ungarn und andere Mitteleuropäer ist die Heimat immanent, die nationale und kulturelle Identität substanziell. Die Entwicklung zeigte, dass Angela Merkel eine andere Richtung einschlug, einen nachchristlichen und postnationalen Weg.“
Als Mitstreiter habe er während Merkels 16-jähriger Kanzlerschaft klare Antworten auf die Fragen unserer Zeit vermisst, schrieb Orban. „Eines ist sicher: das Zeitalter der Zweideutigkeit, des unklaren Politikverständnisses und des Sich-treiben-Lassens ist jetzt zu Ende gegangen. Es kommen neue Zeiten, mit offenem Visier.“
Lettland
Lettlands Ministerpräsident Krisjanis Karins hat dem neuen Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) alles Gute für sein neues Amt gewünscht. „Herzlichen Glückwunsch zum Amtsantritt“, schrieb der Regierungschef des baltischen EU- und Nato-Landes am Mittwoch auf Deutsch auf Twitter. „Wir schätzen den wichtigen Beitrag Deutschlands bei der Stärkung der Sicherheit in unserer Region und freuen uns auf die gemeinsame Arbeit für ein vereintes, starkes und wohlhabendes Europa.“ Der 63-jährige Scholz war zuvor vom Bundestag zum neuen Bundeskanzler und damit zum Nachfolger von Angela Merkel (CDU) gewählt worden.