So lief das zweite TV-Triell Die Kandidaten schenkten sich nichts

Berlin · Beim zweiten von drei TV-Triellen haben sich die die Spitzenkandidaten von Union, SPD und Grünen nichts geschenkt. Armin Laschet und Olaf Scholz gerieten mehrmals aneinander – insgesamt bleib die Debatte aber fair.

 Zuschauer verfolgen das TV-Triell auf einem Bildschirm.

Zuschauer verfolgen das TV-Triell auf einem Bildschirm.

Foto: dpa/Christophe Gateau

Armin Laschet muss parieren – gleich zu Beginn. Der Unionskanzlerkandidat wird beim zweiten großen TV-Duell der Kanzlerkandidaten, das diesmal bei ARD und ZDF ausgetragen wird, als Erstes gefragt, ob er auch als Juniorpartner in eine Regierung eintreten würde. Laschet will die Frage nicht beantworten. Demokraten untereinander müssten dann nach der Wahl miteinander reden, sagt der CDU-Vorsitzende, betont aber zugleich: „Wir kämpfen um Platz eins.“

ARD-Chefredakteur Oliver Köhr setzt nach, ob er die Frage nicht klar beantworten wolle. Laschet: „Nein, ich antworte nicht.“ Kann er auch nicht. Würde er für die Union diese Frage mit „Ja“ beantworten, würde die ohnehin angeschlagene Moral der Unions-Wahlkämpfer ins Bodenlose fallen. Der Union-Kandidat weiß das. CDU und CSU liegen derzeit in Umfragen hinter der SPD auf dem zweiten Platz.

Annalena Baerbock wird dann ebenfalls nach Koalitionsoptionen gefragt. Die Grünen-Kanzlerkandidatin unterstreicht ihren Führungsanspruch. Sie „kämpfe für eine Regierung unter Grünen-Führung“. Während sie spricht, gibt es einen lauten Rumms im Studio. Baerbock geht locker darüber hinweg. Es zeige, wie spannend die Situation sei, lacht sie.

Dann kommt Olaf Scholz an die Reihe. Der SPD-Kanzlerkandidat und Bundesfinanzminister nennt die Koalitions-Farbenspiele „absurde Theateraufführungen“. Er kämpfe für ein starkes Mandat für die Sozialdemokraten. Scholz bekräftigt Unterschiede zur Linkspartei. Erforderlich für eine gute Regierung sei ein Bekenntnis zu den transatlantischen Beziehungen, zur Nato und der Europäischen Union. Doch: Eine mögliche Koalition mit der Linkspartei schließt Scholz erneut nicht aus.

Laschet nimmt das zum Anlass für die direkte Attacke. Er geht Scholz hart an, wirft ihm vor, sich vor der Frage zu drücken, ob er eine Koalition mit den Linken eingehen würde, oder nicht: „Wenn es eine rechnerische Mehrheit gibt, werden sie eine Koalition mit den Linken machen.“ Dieser Vorwurf ist Laschets stärkste Waffe an diesem Abend im Adlershof-Studio.

Richtig zur Sache geht es dann bei den Ermittlungen zu Geldwäsche und möglichen Verfehlungen des Zolls, der Finanzminister Scholz untersteht. Die Staatsanwaltschaft Osnabrück ließ gerade das Finanz- und Justizministerium in Berlin nach Akten durchsuchen. Es gibt den Verdacht, dass bei einer Kölner Spezialeinheit des Zolls Hinweise auf Geldwäsche vertuscht wurden. Scholz hatte die Durchsuchung zunächst als unverhältnismäßig kritisiert. Jetzt verweist er darauf, dass er als Minister dafür gesorgt habe, dass die Spezialeinheit viele Hundert neue Stellen und moderne IT im Kampf gegen Geldwäsche bekommen hat.

Laschet will das erneut nicht durchgehen lassen. Der Finanzminister lege „Schönrednerei“ an den Tag. Es sei unangemessen gewesen, dass Scholz sich abfällig über die Durchsuchungen der Justiz geäußert habe. Scholz reagiert sichtlich erregt. „Sie haben absichtlich einen falschen Eindruck erweckt“, herrscht er Laschet an. Baerbock packt Scholz bei dem Thema sanfter an als der Unionskanzlerkandidat. Sie weist daraufhin, dass jährlich geschätzt bis zu 50 Milliarden Euro durch Geldwäsche der Organisierten Kriminalität dem Fiskus durch die Lappen gingen.

Dann wird es für Laschet unangenehm. Er wird nach dem ehemaligen Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen gefragt, der in Thüringen in einem Wahlkreis antritt. Maaßen gilt als Rechtaußen seiner Partei. „Würden Sie ihn wählen?“, wird Laschet gefragt. „Ich beantworte keine ,Würde’-Fragen, ich stimme im Wahlkreis Aachen ab“, gibt Laschet indigniert zurück: „Herr Maaßen wird sich an meinen Kurs halten müssen. Alles, was an Ressentiments geäußert wird, ist nicht akzeptabel.“

Auch Baerbock wird nach einer innerparteilichen Problem-Personalie gefragt. Was denn nun aus dem Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer werde? Palmer hatte mit einer rassistischen Äußerung, die er als Scherz gewertetet wissen wollte, für Aufruhr bei den Grünen gesorgt. Sein Parteiausschluss wird gerade geprüft. „Der Kampf gegen Rassismus hat absolute Priorität“, betont Baerbock.

Dann geht es um die Corona-Pandemie. Baerbock wirft der Bundesregierung vor, immer nur auf Sicht zu fahren. NRW-Ministerpräsident Laschet verweist darauf, dass sein Bundesland im oberen Drittel der Länder beim Impfen liegt. Eine Impfpflicht lehnt er ab. Baerbock kontert: Sie halte eine Impfpflicht für bestimmte Berufsgruppen für sinnvoll. Scholz widerspricht ihr.

Im Verlauf des Abends geht es auch noch um das Klima, Wohnen, die Digitalisierung, Steuern und die Rente. Insgesamt geht es munterer zu als beim ersten Triell vor zwei Wochen. Alle drei Kandidaten wirken selbstsicherer, machen ihre Punkte. Laschet attackiert scharf, Baerbock wirkt gut aufgelegt, Scholz gefällt sich in der Rolle des Verteidigers einer soliden Politik, stolpert bei den Razzien ein wenig. Auch dieses Triell bleibt insgesamt fair.

Bundestagswahl 2021: Das sind die Kanzlerkandidaten - Infos und Fotos
4 Bilder

Die Kanzlerkandidaten bei der Bundestagswahl 2021

4 Bilder
Foto: AP/Michael Sohn

Zuvor hatte die Auseinandersetzung allerdings an Schärfe zugenommen. Laschet hatte auf dem Parteitag der CSU am Samstag gesagt: „In all den Entscheidungen der Nachkriegsgeschichte standen Sozialdemokraten immer auf der falschen Seite – in der Wirtschafts- und Finanzpolitik.“ SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil reagierte empört und sprach von einer Schmutzkampagne. Der Satz spielte beim Triell dann allerdings keine Rolle mehr.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort