Leverkusener Mediziner zur Corona-Einfluss auf Herzerkrankungen Was zartes Schwitzen für den Blutdruck tut

Leverkusen · Wer Franz-Josef Strauß noch vor Augen hat, erinnert sich an den hochroten Kopf – Paradebeispiel für Bluthochdruck. Warum dieser gefährlich ist, was vorbeugt und warum Corona eine Rolle spielt, erläutert Mediziner Peter Schwimmbeck.

 Peter Schwimmbeck leitet die Medizinische Klinik 1 am Klinikum Leverkusen.

Peter Schwimmbeck leitet die Medizinische Klinik 1 am Klinikum Leverkusen.

Foto: Matzerath, Ralph (rm)/Matzerath, Ralph (rm-)

Wie sein Blutdruck aktuell ist? Vermutlich hoch, sagt Professor Peter Schwimmbeck. „Ich mache mir große Sorgen über die Pandemie-Lage, Corona ist außer Rand und Band. Auf den Intensivstationen im Land herrschen desolate Zustände“, betont er. „Die Impfpflicht muss kommen.“

Es soll ein Gespräch über die Herzwochen werden, die gerade zu Ende gehen, und deren Schwerpunktthema  in diesem Jahr, Bluthochruck. Aber Schwimmbeck macht seinem Herzen erstmal Luft. Das ist gut, denn Stress ist fürs Herz nicht gut, und Corona spielt dieser Tage in so vieles hinein, auch in medizinische Herzensangelegenheiten. „Viele Leute machen generell wenig Sport, legen Gewicht zu. Corona hat das noch verschlimmert: Erst waren die Fitnessstudios und Vereine zu, jetzt trauen sich viele nicht wieder hin.“ 

Dabei gilt ein Vorsatz ganz besonders, um den Blutdruck im Zaum und das Herz gesund zu halten: „Bewegung, Bewegung, Bewegung“, sagt Schwimmbeck, der die Kardiologie am Klinikum leitet. Der Arzt hat eine Faustformel parat: „Drei Mal pro Woche eine halbe Stunde leicht schwitzen oder fünf Mal 20 Minuten.“ Da reiche ein zügiger Spaziergang. Oder ein Standfahrrad zu Hause.

Dass Bluthochdruck ein Thema ist, zeigen lokale Zahlen: Von den rund 5000 Kardiologie-Patienten am Klinikum  haben rund 3000 mit Bluthochdruck zu tun. Sie kommen aus Leverkusen, Leichlingen, Bergisch Gladbach, Monheim, Köln, auch aus Wermelskirchen.

„Viele Leute merken erstmal nicht, dass sie hohen Blutdruck haben, wundern sich nur über Unruhe, Übelkeit, Nervosität, Kopfschmerzen. Das können Anzeichen für einen hohen Blutdruck sein.“ In schlimmeren Fällen zeigen sich Luftnot, Vorhofflimmern, Herzrasen. Bluthochruck trage zu den Hauptrisikofaktoren für Herzkreislauferkrankungen bei. „Das Herz wird auf Dauer geschädigt.“  Und nicht nur das. Hochdruck kann die Niere beeinträchtigen, es können Einblutungen am Auge entstehen, die bis zur Erblindung führen, Schlaganfälle, Gehirnblutung, teils mit tödlichem Verlauf. Schwimmbeck zeichnet kein düsteres Szenario, er schildert nüchtern Fakten. „Unser Franz-Josef, der war ein typisches Beispiel für Bluthochdruck. Wenn der sich aufgeregt hat, bekam er einen hochroten Kopf“, erinnert Schwimmbeck, selbst aus Bayern, an dessen früheren Ministerpräsidenten Franz-Josef Strauß.

Bei jungen Menschen, erläutert der Professor, seien die Blutgefäße elastisch, sie federten ab, wenn das Herz beispielsweise mal schneller schlage. Winkelkesselfunktion heiße das in der Medizin. „Im Alter werden die Gefäße steifer.“ Da werde nicht mehr abgefedert. „Der  Blutdruck saust hoch wie eine Rakete.“

Dass das Thema hoher Blutdruck in den vergangenen Jahren zugenommen hat, liegt laut Schwimmbeck auch am Thema Stress. „Die Firmen erwarten heute, dass die Leute rund und die Uhr erreichbar sind. Das war vor 15 Jahren noch anders, da war man dann einfach mal nicht da. Heute ist diese Dauererreichbarkeit  nicht gesund.“ Zudem würden ältere Leute immer einsamer. Partner und Freunde sterben weg. Auch das ist für Blutdruck und Herzgesundheit nicht förderlich. Schwimmbeck rät zu Senioren-WGs oder Mehrgenerationen-Wohnen. „Es gibt da eine Klosterstudie, die einfach gesagt untersucht, wie alt Mönche und Nonnen im Vergleich zur Normalbevölkerung werden. Sehr interessant.“

Schwimmbecks weitere Empfehlungen passen fast in jedes Leben und in die Adventszeit: Unterm Weihnachtsbaum könnte ein Handblutdruckmessgerät liegen, „da gibt es von der Hochdruck-Liga zertifizierte, nicht teuer“, sagt er. Und: Nicht die Aufregungsphase ist bei Bluthochdruck das große Problem, sondern die Entspannungsphase. Die fällt meistens zu kurz aus. „Man sollte aber dem Herzen Zeit geben, sich zur regenerieren. Alles andere ist ungesund.“

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