Offizielle Freigabe A 44 n ist fertig – A 61 wird unterbrochen

Jüchen/Erkelenz · NRW-Verkehrsminister Hendrik Wüst gab im Beisein von Hunderten Gästen die „Tagebau-Autobahn“ frei. Befahren werden kann sie in Richtung Koblenz aber erst ab Montag. Dann fällt die A 61 von Wanlo nach Jackerath weg.

 NRW-Verkehrsminister Hendrik Wüst (4.v.l.) und weitere Ehrengäste durchschnitten das schwarz-rot-goldene Band zur feierlichen Eröffnung der A44n.

NRW-Verkehrsminister Hendrik Wüst (4.v.l.) und weitere Ehrengäste durchschnitten das schwarz-rot-goldene Band zur feierlichen Eröffnung der A44n.

Foto: Woitschuetzke,Andreas (woi)

Eine kleine Gruppe von 20, teilweise vermummten Kohlegegnern versuchte am Mittwochnachmittag vergeblich, die Eröffnungsfeier der Autobahn 44n zu sabotieren. Die Polizei löste die Sitzblockade auf. Gegen die Demonstranten, die ein Transparent mit der Aufschrift „Vollsperrung für Braunkohle“ präsentierten, wurden Platzverweise ausgesprochen und Strafverfahren wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr eingeleitet.

Dann konnte mit etwa halbstündiger Verspätung im Beisein von NRW-Verkehrsminister Hendrik Wüst die 10,5 Kilometer lange A44n zwischen Holz und Jackerath eingeweiht werden – was für den Kreis Heinsberg bedeutet, dass jetzt die Autobahn 61 zwischen den Kreuzen Wanlo und Jackerath unterbrochen wird, damit der Tagebau Garzweiler II weiter auf das Erkelenzer Stadtgebiet vordringen kann, wo zurzeit noch rund 1500 Menschen für den Braunkohlenabbau umgesiedelt werden. Geschlossen werden soll diese Lücke in der A 61 wieder, so eine Forderung des Bundes, sobald der Tagebau beendet ist.

125,4 Millionen Euro sind in sechs Jahren für die A44n verbaut worden. 120 Millionen hat RWE Power als Wiederherstellungsleistung, den Rest hat der Bund beigesteuert, da auch Teile der A46 von vier auf sechs Spuren mit ausgebaut wurden. Die Fahrbahn der A44n in Richtung Koblenz wird aber erst ab Montag für den allgemeinen Verkehr freigegeben – so lange noch bleibt die A61 von Wanlo nach Jackerath für den Verkehr geöffnet. Die Gegenrichtung auf der A44n ist schon seit einigen Wochen frei.

 Mit Sitzblockaden und einem Transparent versuchte eine kleine Gruppe von Demonstranten, die Autobahnfeier zu sabotieren.

Mit Sitzblockaden und einem Transparent versuchte eine kleine Gruppe von Demonstranten, die Autobahnfeier zu sabotieren.

Foto: Martin Weiß

Das schwarz-rot-goldene Flatterband durchschnitten am Mittwoch beim Festakt neben NRW-Verkehrsminister Hendrik Wüst auch der Parlamentarische Staatssekretär beim Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur, Enak Ferlemann, Thomas Ganz, Regionalleiter beim Landesbetrieb Straßenbau und RWE-Power-Vorstandsvorsitzender Frank Weigand. Hunderte von Gästen waren gekommen, aus Politik und Verwaltung, die im großen Festzelt vor dem strömenden Regen Schutz fanden, der just zu den Reden einsetzte. Deshalb verlegten die Geistlichen beider Konfessionen, Regionaldekan Ulrich Clancett und Superintendent Dietrich Denker, ihre Autobahnsegnung ebenfalls ins Zelt. Die Segnung von Autobahnen durch die Kirchen sei ein guter, alter Brauch, der durch die neue Landesregierung wieder eingeführt worden sei, betonten Hendrik Wüst und Enak Ferlemann.

Die A44n gilt in ihrer Größenordnung als einmaliges Projekt in Nordrhein-Westfalen. Staatssekretär Ferlemann bezeichnete sie als „ein tolles Stück Infrastruktur für die Region“. Der Autobahnbau sei eine „großartige Leistung deutscher Ingenieurskunst“, hob er hervor. Schließlich war die A44n auf besonders schwierigem Untergrund, nämlich ausschließlich auf aufgeschüttetem ehemaligem Tagebauland errichtet worden. Allerdings müsse die A44n nun auch täglich 90.000 Fahrzeuge aufnehmen, gab Ferlemann zu bedenken, der allerdings auch die bis zu 7,40 Meter hohen Lärmschutzwände erwähnte.

Der Verkehrsminister betonte vor allem in Richtung der vielen anwesenden RWE-Vertreter und ein wenig auch mit Blick auf die vorherige Anti-Kohle-Demonstration an der Autobahnauffahrt: „Auch die neue Landesregierung steht zu der Leitentscheidung von Rot-Grün.“ Diese Verbindlichkeit könne RWE als Zusage mitnehmen. Im übrigen hätten sich die Demonstranten die falsche Zielrichtung ausgesucht. Der Erhalt der Energiesicherheit sei auch das Ziel der neuen Landesregierung. Wüst sagte: „Energiesicherheit ist nur in einem Mix zu erzielen. Und dafür werden wir noch lange auch auf fossile Brennstoffe, also die Kohle, angewiesen sein.“

RWE-Vorstand Frank Weigand bezeichnete die A44n als „eine Lebensader für die Region“, die im Strukturwandel umso wichtiger werde. Er nutzte die Autobahnfeier aber auch für einen Appell vor dem Hintergrund der gewaltsamen Ausschreitungen von Kohlegegnern gegenüber der Polizei im Hambacher Forst. Er sagte: „Ich verurteile diese Gewalt aufs Heftigste. Ich würde mir wünschen, dass statt Steinen und Molotowcocktails Argumente fliegen.“

Mit dem nun anstehenden Rückbau der Autobahn 61 auf Erkelenzer Stadtgebiet rückt auch das Ende für die Landstraße 227 näher, die nur wenige Meter weiter westlich parallel zur Autobahn verläuft. Darüber informierte RWE Power auf Nachfrage unserer Redaktion. Im September soll das offizielle Einziehungsverfahren für die L 227 zwischen dem Abzweig nach Keyenberg (L 354) sowie der Kreuzung mit der Landstraße nach Holzweiler und der ehemaligen Pescher Straße nach Immerath (alt) beginnen. Die Einziehung selbst könnte dann ab 1. Februar oder 1. März 2019 erfolgen, jedoch betonte ein RWE-Sprecher: „Das heißt nicht, dass die Straße sofort für den Verkehr gesperrt wird. Das wird getan, sobald der Tagebau in die Nähe rückt.“ Südlich der großen Kreuzung bei Holzweiler soll die L 277/L 19 allerdings noch länger offen gehalten werden, damit die Spedition am Ostrand von Holzweiler mit ihren Lkw zur Autobahnauffahrt Jackerath gelangen kann.

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