Nach der Empfehlung für Essen Düsseldorf hofft weiter auf Fotozentrum

Düsseldorf · Die Landeshauptstadt schien als Standort für das 80-Millionen-Projekt gesetzt, nun gilt plötzlich Essen als Favorit. Jetzt wird Kritik an der Besetzung der Jury laut. Die Hoffnung liegt nun auf dem Bundestag.

 So könnte das Fotozentrum nach den Vorstellungen der „Projektschmiede“ aussehen: ein Neubau zwischen Hofgarten und Tonhalle. Nun sieht es allerdings so aus, als würde doch Essen den Zuschlag erhalten.

So könnte das Fotozentrum nach den Vorstellungen der „Projektschmiede“ aussehen: ein Neubau zwischen Hofgarten und Tonhalle. Nun sieht es allerdings so aus, als würde doch Essen den Zuschlag erhalten.

Foto: MEYER ARCHITEKTEN GMBH

Es sah fast so aus, als würde Düsseldorf um ein Kultur-Highlight reicher – nun könnte doch die Nachbarstadt Essen den Zuschlag für das nationale Fotozentrum erhalten. Dabei geht es nicht nur um bis zu 80 Millionen Euro an Förderung von Bund und Land – sondern auch um ein Prestigeprojekt, das Düsseldorfs Rang als Metropole der Foto-Kunst festigen sollte.

Die Reaktionen in Düsseldorfs Politik und Kultur schwanken zwischen Enttäuschung und Kampfgeist. Der SPD-Bundestagsabgeordnete Andreas Rimkus etwa verweist darauf, dass die Expertenkommission zwar Essen vorschlägt, der Bundestag das Geld aber zuvor für den Standort Düsseldorf bewilligt hatte. Offenbar läuft ein politisches Tauziehen zwischen Staatsministerin Monika Grütters (CDU) und den Haushältern im Parlament. „Die Entscheidung der Kommission bedeutet noch nicht das Ende für Düsseldorf“, sagt Rimkus – das ist auch die Haltung von Oberbürgermeister Thomas Geisel. Rimkus kritisiert, dass die Kommission vor der Entscheidung nicht mit Fotokünstler Andreas Gursky gesprochen habe, der das Konzept für Düsseldorf mit erarbeitet hatte. Rimkus kritisiert auch, dass mit Ute Eskildsen ausgerechnet die ehemalige Leiterin des Essener Folkwang-Museums in jener Kommission saß, die unabhängig entscheiden sollte.

FDP-Frontfrau Marie-Agnes Strack-Zimmermann kritisiert, dass es offenbar mehr um Parteipolitik und Wahlkampf gehe als um das Projekt selbst. „Der SPD-Haushaltspolitiker Johannes Kahrs will seinem Parteifreund Geisel das Institut auf dem Silbertablett servieren und das geht prompt schief“, sagt die Politikerin. Genauso wenig gehe es aber, dass eine offenbar vergrätzte Staatsministerin nun dafür sorgen will, dass sich ein Essener CDU-OB über das prestigeträchtige Institut freuen soll. „Am Ende muss es doch um die geeignetste Stadt gehen. Und die ist eindeutig Düsseldorf.“

Kunstakademie-Rektor Karl-Heinz Petzinka sieht das genauso. „Düsseldorf wäre durch seine Geschichte mit der Becher-Schule ein geborener Kandidat für eine solche Einrichtung“, sagt er. „Das Zentrum würde der Stadt einen Schub geben.“ Eine Art Kooperation kann sich Felix Krämer, General-Direktor des Kunstpalastes, vorstellen: „Es gibt aus meiner Perspektive viele gute Gründe, die für Düsseldorf sprechen. Ich bin überrascht, dass diese in dem Gutachten der Expertengruppe kaum berücksichtigt wurden. Grundsätzlich spräche aber nichts dagegen, die in Essen zweifellos vorhandenen Kompetenzen einzubinden.“

Die neuartige Institution soll als internationaler Archivstandort die Vor- und Nachlässe berühmter Fotokünstler ankaufen und aufnehmen – ähnlich wie das Literaturarchiv in Marbach für Schriftsteller. Kulturmanager Hagen Lippe-Weißenfeld hatte für das Projekt geworben. Auch er sieht immer noch Chancen, dass sich Düsseldorf durchsetzt. Bundes- und Landtag seien nun am Zug, die inhaltliche Begründung für Essen sei dünn. „Wir nehmen diese Empfehlung der Kommission als das, was sie ist, zur Kenntnis – als unverbindliche Empfehlung.“

CDU-Kulturpolitiker Friedrich Conzen ist von der Nachricht „überrascht und entsetzt“. Allerdings habe er mit Blick auf die endgültige Entscheidung „immer auch ein mulmiges Gefühl gehabt“. Und das liege nicht zuletzt an der Zusammensetzung der Expertenkommission. So könne er sich vorstellen, dass der Kurator und Leiter der Kommission, Thomas Weski, immer noch enttäuscht sei. „Womöglich weil es eine Zeit gab, in der der Plan, solch ein Institut nach Düsseldorf zu holen, nicht eben mit Nachdruck betrieben wurde.“ Auch Conzen verweist auf die Verbindung von Jury-Mitglied Eskilsen nach Essen. „Ich finde, eine solche Jury muss neutral sein“, sagt das Ratsmitglied, das noch Chancen für Düsseldorf sieht.

Das sehen auch die Grünen so. „Das Projekt ist noch nicht verloren“, sagt Fraktionsgeschäftsführer Stephan Soll. Nach der eindeutigen Positionierung des Landes sowie des Haushaltsausschusses des Bundestages für Düsseldorf sei die jetzt getroffene Entscheidung „ziemlich schräg“. Immerhin wolle Nordrhein-Westfalen ja die Hälfte der Kosten übernehmen.

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