Wo wieder gestreikt wird In drei NRW-Großstädten blieb der Müll am Donnerstag stehen

Düsseldorf · Ab dem 9. März 2023 fällt die Müllabfuhr in drei Großstädten in NRW aus. In Dortmund streikt das Nahverkehrsunternehmen DSW21. Die Post steuert auf einen unbefristeten Ausstand zu. Die Streikkasse von Verdi ist gut gefüllt.

Streik in NRW an Flughäfen Düsseldorf und Köln​
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Streik an den Flughäfen Düsseldorf und Köln

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Foto: dpa/Federico Gambarini

Obwohl Bund, Kommunen und Gewerkschaften erst Ende März zur nächsten Verhandlungsrunde zusammenkommen, ruft Verdi zu weiteren Warnstreiks auf. Daneben gibt es diverse weitere Tarifkonflikte, die zu spürbaren Streiks zulasten der Bürger führen könnten.

Streik der Entsorgungsdienste

Der nächste Schwerpunkt des Arbeitskampfes von Verdi ist die Entsorgung. So wird die Awista in Düsseldorf von heute, 9. März, bis einschließlich Samstag, den 11. März 2023 ganztägig bestreikt. „Dadurch kommt es zu erheblichen Einschränkungen bei der Abfallentsorgung und Straßenreinigung“, teilte der Entsorger mit. Auch die Recyclinghöfe bleiben geschlossen. „Es finden keine Nachleerungen statt“, so die Awista. Der Müll werde bei der nächsten Leerung mitgenommen - aber nur, wenn Platz im Fahrzeug ist. Auch die Wirtschaftsbetriebe Duisburg werden von Donnerstag bis Samstag bestreikt, die Abfuhr der Hausmüll-, Bio- und Papierbehälter fällt aus, die Duisburger Recyclinghöfe bleiben geschlossen. Bestreikt werden in dieser Zeit auch die Abfallwirtschaftsbetriebe in Köln.

Am Donnerstagmorgen seien ab 5 Uhr auch unter anderem Beschäftigte der USB Bochum, der Best Bottrop und der Gelsendienste in Gelsenkirchen in Streik getreten, sagte Verdi-Sprecher Oliver Kolberg. Betroffen seien die Müllabfuhr und die Straßenreinigung. In Gelsenkirchen hätten darüber hinaus Beschäftigte der Sparkasse, der Stadtämter und des Musiktheaters ihre Arbeit niedergelegt.

Streik in den Kitas

Am Mittwoch, 8. März, wurden in NRW und anderen Ländern kommunale Kindertagesstätten und soziale Einrichtungen bestreikt. Verdi bezog sich dabei auf den Frauentag: „Der internationale Frauentag steht seit über 100 Jahren dafür, eine faire Bezahlung von Frauen durchzusetzen. Gerade in der sozialen Arbeit, in der nach wie vor überwiegend Frauen arbeiten, zeigt sich bis heute, dass wir in der Auseinandersetzung um die faire Bezahlung noch nicht am Ende angekommen sind“, sagte Andrea Becker von Verdi NRW. Zu Kundgebungen hatte Verdi an Rhein und Ruhr 8000 bis 10. 000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer erwartet. Der Verband kommunaler Arbeitgeber (VKA) kritisierte dies: „Dass nun wieder Kita-Einrichtungen mit Streiks überzogen werden, zeigt, dass die Gewerkschaften zum zweiten Mal innerhalb weniger Monate Tarifpolitik auf Kosten der jungen Familien austragen“, sagte VKA-Präsidentin Karin Welge. Seit 2009 seien die Verdienste von Erzieherinnen und Erziehern um bis zu 66 Prozent gestiegen. Allein in 15 NRW-Städten hatte Verdi am Mittwoch zu Kundgebungen aufgerufen - darunter Aachen, Köln, Ratingen, Krefeld, Mönchengladbach, Duisburg und Münster.

Streik im ÖPNV

Die dritte Verhandlungsrunde ist vom 27. bis 29. März 2023 in Potsdam angesetzt. Bis dahin will Verdi den Druck hochhalten, auch Busse und Bahnen sowie Flughäfen könnten erneut betroffen sein. „Da sind weitere Streiks möglich, das entscheiden die Bezirke“, sagte der Sprecher von Verdi NRW. Deren Kunden waren bereits mehrfach Opfer in diesem Arbeitskampf. Verdi und der Deutsche Beamtenbund fordern für die 2,5 Millionen Beschäftigten von Bund und Kommunen 10,5 Prozent mehr Lohn, mindestens aber 500 Euro mehr im Monat. Die Arbeitgeber lehnen das als unbezahlbar ab. Verdi-Chef Frank Werneke hält ein Scheitern der Gespräche für möglich: Dann werde man die Urabstimmung einleiten, sagte er. Diese kann zu unbefristeten Streiks führen. Die letzte Urabstimmung für Bund und Kommunen hatte es im Jahr 2000 gegeben. „Eine Verhandlungsrunde kurz danach brachte dann die Einigung – ohne dass es zum Arbeitskampf kam“, erinnert sich Hagen Lesch, Tarifexperte des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW).

Verdis Streikkasse ist jedenfalls gut gefüllt: Darauf zu achten, sei eine Kernaufgabe der politischen Arbeit, so die Gewerkschaft. Wie voll sie ist, verrät Verdi aus taktischen Gründen nicht. IW-Forscher Lesch schätzt, dass jährlich 40 Millionen Euro in die Streikkasse fließen: „Seit etwa zehn Jahren werden acht Prozent der Einnahmen in den Streikfonds abgeführt. Die Beitragseinnahmen lagen 2015 bei 451 Millionen, es dürften heute etwa 500 sein. Jährlich fließen also etwa 40 Millionen Euro in den Streikfonds.“ Lesch betonte aber auch: „Die Streikkasse mag zwar gut gefüllt sein, leert sich aber auch ganz schnell, wenn Verdi den Bogen überspannt.“

Außerdem wird heute laut der Gewerkschaft das Nahverkehrsunternehmen DSW21 in Dortmund bestreikt. „Die Streikmaßnahmen werden den ÖPNV mit Bussen und Bahnen in Dortmund komplett stilllegen“, erklärte das Unternehmen. Für Fahrgäste des öffentlichen Nahverkehrs in Dortmund bedeutet das, dass sämtliche Stadtbahn- und Buslinien nicht fahren. Die rund 2100 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vom DSW21 hätten die Arbeit zum Dienstbeginn um 4 Uhr niedergelegt, sagte Frank Fligge, Pressesprecher des DSW21, am Morgen. Alle Busse und Bahnen seien im Depot geblieben. Der Streik dauere bis Dienstende um kurz nach Mitternacht. Am Freitag rechne er daher mit keinen weiteren Einschränkungen im Dortmunder Nahverkehr, erklärte Fligge.

Streik der Brief- und Paketzusteller

Bürger müssen sich schon bald auf die Behinderung bei der Zustellung von Briefen und Päckchen gefasst machen. Die Urabstimmung läuft. Verdi ist zuversichtlich, die notwendige Stimmenzahl zu erreichen. Am Donnerstag will Verdi das Ergebnis der Abstimmung bekannt geben. Lehnen mehr als 75 Prozent das Angebot der Post ab, ist der Weg frei für unbefristete Streiks. Verdi fordert für 160.000 Post-Beschäftigt eine Lohnerhöhung von 15 Prozent.

Streik der Eisenbahnergewerkschaft

 Müllwerker bei der Arbeit. (Archiv, Symbol)

Müllwerker bei der Arbeit. (Archiv, Symbol)

Foto: Busch, Franz-Heinrich (bsen)/Busch, Franz Heinrich (bsen)

Verkeilt sind auch die Gespräche zwischen der Eisenbahner-Gewerkschaft EVG und der Deutschen Bahn. Nachdem die EVG die erste Verhandlungsrunde abgebrochen hat, weil die Bahn kein Angebot vorgelegt hatte, lädt die Bahn nun für Dienstag zu einer neuer Runde ein. Die EVG kündigt für den 14. März eine Demonstration in Berlin an. Sie fordert 650 Euro mehr Lohn im Monat und bei höheren Lohngruppen ein Plus von zwölf Prozent. Laut Bahn entspricht das einem Gesamtvolumen von 25 Prozent und ist viel zu teuer. Eigentlich sei die EVG friedlich, sagt IW-Forscher Lesch. Aber ihr stecke die Lokführer-Gewerkschaft GDL im Nacken. „Hinzu kommt die hohe Inflation und der Arbeitskräftemangel bei der Bahn. Das stärkt ihre Verhandlungsposition und macht sie unberechenbar“, so Lesch.

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