Borussia Mönchengladbach Ein überschaubarer Kreis

Mönchengladbach · Borussia sucht einen Führungsspieler fürs Zentrum, doch es gibt nur wenige eindeutige Kandidaten. Bastian Schweinsteiger gehört nicht dazu, Pirmin Schwegler schon eher.

Vergangene Woche feierte Pirmin Schwegler sein Comeback für Hoffenheim. Er wurde in Frankfurt eingewechselt. 2017 läuft sein Vertrag aus.

Vergangene Woche feierte Pirmin Schwegler sein Comeback für Hoffenheim. Er wurde in Frankfurt eingewechselt. 2017 läuft sein Vertrag aus.

Foto: imago

Früher war es eine regelrechte Beschimpfung, wenn Fußballfans dem Sportdirektor ihres Vereins vorwarfen, er fahnde wie im PC-Spiel "Fußball Manager" nach Zugängen. Da ließ sich der Kreis der Kandidaten per Suchmaske ziemlich genau einschränken: Position, Alter, Herkunft, Talent, maximale Ablöse.

Borussia Mönchengladbach befindet sich auf der Suche. Max Eberl hat in den vergangenen Jahren die Wendung "etwas machen wollen" etabliert, und beinahe von Tag zu Tag wird deutlicher, dass Borussia etwas machen will auf dem Transfermarkt. Zum einen ist in Álvaro Dominguez endgültig ein Spieler weggebrochen, mit dem der Verein gerechnet hatte. Zum anderen sprechen Eberl und sein Trainer André Schubert inzwischen deutlicher und häufiger das Führungsspieler-Vakuum nach Martin Stranzls, Granit Xhakas, Havard Nordtveits und Roel Brouwers' Abgang an.

Würde Eberl nun eine etwas detailliertere Suchmaske benutzen, würde er wohl eintragen: mindestens 25 Jahre alt, maximal 30 Jahre, Innenverteidiger oder defensiver Mittelfeldspieler, spricht Deutsch, hat am besten Erfahrung in der Bundesliga, kostet maximal einen einstelligen Millionenbetrag Ablöse. Borussia sucht einen Führungs- und Strukturspieler so wie der damals 35-jährige Tomas Galásek in der Saison 2008/2009 einer wurde, nur die Kriterien sind seitdem anspruchsvoller geworden. Berücksichtigt man alle Kriterien, bleibt ein überschaubarer Kreis.

Spieler wie Leon Goretzka (FC Schalke 04) oder Maximilian Arnold (VfL Wolfsburg) sind gar nicht zu bezahlen, sie würden zudem nicht ad hoc eine Führungsspielerrolle bekleiden können. Spieler aus dem Ausland ohne Bundesligabezug und Deutschkenntnisse wären nicht so fix integrierbar. Einer wie Ex-Borusse Michael Bradley, Vizemeister in der Major League Soccer mit dem Toronto FC, passt in vielerlei Hinsicht ins Raster, hatte aber ein unschönes Ende in Mönchengladbach. Unter Lucien Favre hätte man ihn gerne mal erlebt.

Schweinsteiger wäre nicht zu bezahlen

Wenn im Internet von Bastian Schweinsteiger die Rede ist, dann muss man ganz genau lesen, ob das ein Witz ist. Meistens ist es das. Der Weltmeister wäre selbst mit dem Bruchteil seines Gehalts, das er bei Manchester United bezieht, für Borussia nicht zu bezahlen. PR-Transfers macht der Klub seit Giovane Elber nicht mehr. Zudem stellt sich natürlich auch die Frage, warum sich Schweinsteiger das antun sollte. Seriöse Kandidaten gibt es nur wenige. Auch Daniel Baier vom FC Augsburg ist keiner, ein Typ wie Schweinsteiger, aber eben auch genauso alt.

Einen realistischen Kandidaten hat die "Sport Bild" noch einmal genannt. Nuri Sahin soll bei Eberl auf dem Zettel stehen. Auch wenn Borussia Dortmund beteuert, den 28-Jährigen nicht abgeben zu wollen, ergibt die Verbindung Sinn. Sahin hat beim BVB unter Thomas Tuchel keine reelle Chance mehr, Großes zu reißen, in Gladbach hätte er die. Leisten könnte man sich den Türken trotz seines üppigen Gehalts, sein Vertrag läuft noch bis 2018.

Gleiches gilt für Neven Subotic, der ebenfalls im Gespräch ist. Der Serbe hat sich nach seinem Comeback direkt wieder verletzt. Wenn Borussia Mönchengladbach sich um Spieler von Borussia Dortmund bemühen will, dann geht das eben nur, wenn diese einen gewissen Makel haben. Gegen Sahin und Subotic spricht nicht nur ihre Verletzungsanfälligkeit, sondern auch die Tatsache, dass der BVB selten eine Spielerquelle für Gladbach war, genau einmal erst - vor einem Jahr kam Jonas Hofmann. Der Acht-Millionen-Transfer ist weit davon entfernt, bei André Schubert eine wichtige Rolle zu spielen.

Sportdirektor Eberl hat nun einen Hinweis hinterlassen, der auf Sahin und Subotic zutrifft, gleichzeitig aber zu einem anderen Spieler führt. "Ich habe da eine Idee", sagte Eberl in der "Westdeutschen Zeitung" über seine Spielersuche. "Er hat definitiv schon einige Spiele auf dem Buckel, wenn es klappen sollte. Wenn er da ist, können Sie genug schreiben, weil er eine ganz interessante Geschichte hat." Pirmin Schwegler hat so eine Geschichte in seiner Vita: Der Mittelfeldspieler von 1899 Hoffenheim überstand als Kind eine Leukämieerkrankung.

Schwegler würde passen

Natürlich führt nicht nur Eberls gar nicht so diskreter Hinweis zu Schwegler, er passt auch so verblüffend gut ins Raster. Er ist 29 Jahre alt, 2017 läuft sein Vertrag aus, bereits vergangenen Sommer gab es Wechselgerüchte, Schwegler verlor die Kapitänsbinde in Hoffenheim, die er schon bei Eintracht Frankfurt getragen hatte. Er war Schweizer Nationalspieler, ist seit zehn Jahren in Deutschland, ist abgestiegen und wieder aufgestiegen, hat Europapokal gespielt.

Ja, Schwegler würde nach Gladbach passen, wo er übrigens sein erstes Bundesligator erzielte. Auch er war allein dieses Jahr zweimal länger verletzt. Aber in der aktuellen Situation, in der Borussia wohl nicht einmal oder nur ganz knapp einstellig überwintern wird, sind Spieler, die ohne Makel sind und die Ansprüche erfüllen, kaum von einem Konkurrenten loszueisen.

Zu guter Letzt bleibt der Eberl'sche Überraschungsfaktor. Im Dezember 2010 fuhr er mit Teammanager Steffen Korell in die Slowakei, wo Spartak Moskau in der Champions League bei MSK Zilina spielte. Bald darauf saß ein Spieler im Borussia-Park, den niemand auf der Rechnung gehabt hatte: Martin Stranzl.

(RP)
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