Nachgefragt Die Nebeneinkünfte der Abgeordneten

Berlin · Mit Peer Steinbrück ist die Debatte über Nebentätigkeiten von Bundestagsabgeordneten in Gang gekommen. Auch eine ganze Reihe anderer Parlamentarier aus dem Westen hat nennenswerte Einnahmen. Hier die Übersicht über Mittel und Meinungen der Abgeordneten aus unserer Region.

Peer Steinbrück, sozialdemokratischer Abgeordneter aus dem Wahlkreis Mettmann, ist mit seinen mindestens 600 000 Euro neben seinen Diäten und Bezügen als Ex-Minister der Nebeneinkünfte-König des Bundestages. Als die SPD ihn nun zum Kanzlerkandidaten ausrief, gerieten seine Vorträge in den Blick. 83 Gastgeber ließen sich Steinbrücks Worte jeweils "mehr als 7000 Euro" kosten. Präziser muss er es laut Abgeordnetengesetz nicht machen. Einen Durchschnittswert will er erst in einigen Wochen nennen. Wir fragten die Abgeordneten aus unserer Region, wie sie es denn damit halten.

Zu den heimischen Abgeordneten, die es auf sehr nennenswerte Summen neben ihren Bezügen als Parlamentarier bringen, gehört Innenausschuss-Vorsitzender Wolfgang Bosbach (CDU, Rheinisch-Bergischer Kreis). "Sechsstellige Beträge sind nicht meine Liga", sagt er unserer Zeitung. Sicherheitshalber schaute er noch einmal alle Steuererklärungen der letzten zehn Jahre durch. "Meilenweit" sei er von den Steinbrück'schen Summen entfernt geblieben. Er habe nichts dagegen, wenn die Unternehmen, in deren Aufsichtsräten er sitze, die Honorare nennen, nur dürfe er das von sich aus nicht. Als Anwalt verdiene er jedenfalls "1500 Euro plus Mehrwertsteuer" hinzu.

Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach (Leverkusen) zählt ebenfalls zu den Gutverdienern. Im Jahr 2009 hat er die Uni Köln für über 7000 Euro beraten. 2010 brachte ihm der Sitz im Aufsichtsrat des Rhön-Klinikums nebenbei 56 000 ein, im vergangenen Jahr 62 000 Euro. Seine Meinung, die von vielen rheinischen Kollegen geteilt wird: Abgeordnete sollten grundsätzlich alles offenlegen.

Auf den Cent rechnet das auch der CDU-Abgeordnete Hermann Gröhe (Neuss) vor. Auf der Homepage gibt er an, als CDU-Generalsekretär "über 7000" Euro nebenbei zu verdienen. Präziser entspreche das "in etwa einer monatlichen Diät als Bundestagsabgeordneter" (derzeit 7960 Euro), sagte er unserer Zeitung. Dazu kämen noch monatlich 511,29 Euro an Aufwandsentschädigung für seine Tätigkeit im ZDF-Fernsehrat. Da dieser Wert unter der Veröffentlichungspflicht des Bundestages liege, taucht er auch auf der Homepage des Parlamentes nicht auf. Aus seiner Zugehörigkeit zur Neusser Rechtsanwaltskanzlei Hüsch & Partner erziele er zurzeit keine Einnahmen.

Ob es wirklich "über 7000 Euro" Nebeneinkünfte sind, wie er es offiziell angegeben hat, kann Thomas Jarzombek (CDU/Düsseldorf) erst sagen, wenn der Jahresabschluss seiner Firma vorliegt. Er selbst findet nur noch alle zwei Wochen einen Tag Zeit, in seinem eigenen Betrieb zu arbeiten. Die Arbeit machen jetzt seine sechs Mitarbeiter, die dafür natürlich auch bezahlt werden. Weil er nicht weiß, ob er wieder im nächsten Bundestag sitzt, will er seine Selbstständigkeit natürlich nicht aufgeben.

Das ist auch der Grund für Otto Fricke (FDP/Krefeld), weiter in der gemeinsamen Kanzlei mit seinen Eltern zu arbeiten. Einkommen bringt das für den Haushaltsexperten der Liberalen derzeit jedoch nicht, da den Einnahmen die Ausgaben für die Mitarbeiter gegenüberstünden. Seine einzigen Nebeneinkünfte: 10 000 Euro für PR-Beratung.

"Stufe 3" hat auch Ronald Pofalla (CDU/Kleve), denn er bezieht nebenher ein Ministergehalt als Kanzleramtsminister. Über 7000 Euro liegt Barbara Hendricks (SPD/Kleve) als Schatzmeisterin der Bundes-SPD. Gisela Piltz (FDP/Düsseldorf) arbeitet für eine Kölner Kanzlei, aber mit Einkünften unterhalb von 10 000 Euro jährlich.

Lang ist die Liste der Abgeordneten aus der Region, die keine Einkünfte nebenher haben. Ansgar Heveling (CDU/Korschenbroich) etwa weist darauf hin, dass sein Nebenjob als Kirchenvorstand von St. Andreas rein ehrenamtlich ist. Auch Sabine Weiss (CDU/Duisburg) und Michaela Noll (CDU/Mettmann) haben nichts anzugeben, weil da nichts ist. Bärbel Bas (SPD/Duisburg) weist das sogar nach, indem sie ihren Steuerbescheid online stellt. Bijan Djir-Sarai (FDP/Neuss) bekommt für Gremienarbeit jährlich 200 Euro von den Kreiswerken Grevenbroich und 1700 Euro von der Sparkasse Neuss.

Peter Beyer (CDU/Mettmann) hat "sicherheitshalber" Einkünfte von 1000 bis 3500 Euro im Jahr angegeben, weil er mit seinem Vater zusammen weiter in einer Kanzlei arbeiten will, tatsächlich lag er bislang aber unter den 1000 Euro jährlich. Für ihn kann auch "Steinbrück so viel verdienen, wie er will" — außerhalb des Bundestages. Aber wenn Steinbrück aus seiner Fachkompetenz als Abgeordneter spreche, müsse das anders gewertet werden, meint Beyer. Er halte außenpolitische Vorträge, ohne auch nur daran zu denken, dafür auch noch Geld nehmen zu wollen.

Jürgen Hardt (CDU/Solingen) hat ein einziges Mal nach der Wahl noch 350 Euro für eine Aufsichtsratstätigkeit bekommen, ist dann aber ausgeschieden. Bislang hat er "einmal ein Honorar von 100 Euro angeboten bekommen" — darauf aber dankend verzichtet. Die als Nachrückerin in den Bundestag gekommene Kerstin Griese (SPD/Mettmann) hat für einen Vortrag 2000 Euro bekommen — und dies umgehend als "Stufe 1" dem Bundestag gemeldet.

Sahra Wagenknecht (Linke/Düsseldorf) findet, "dass Nebentätigkeiten in Ordnung sind, die mit der unabhängigen Mandatsausübung nicht kollidieren" — sie gibt deshalb an, dass sie als Autorin fünfmal mehr als tausend Euro, zweimal mehr als 3500 Euro und viermal mehr als 7000 Euro verdient hat.

Anderer Ansicht ist ihr Fraktionskollege Niema Movassat (Linke/Wesel): "Abgeordnete sollten auf Nebentätigkeiten möglichst verzichten." Die Diäten seien mehr als ausreichend, und wer seinen Job ernst nehme, den fülle die Tätigkeite als Bundestagsabgeordneter auch zeitlich voll aus.

Internet Wer die Spitzenverdiener im Bundestag sind: www.rp-online.de/politik

(may-, mar, qua)
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