Mörder und Kläger

Man wird den Kindermörder Markus Gäfgen für ein abgefeimtes Charakterchen halten müssen; ein fürchterlicher Jurist ist dieser von seinem Anwalt leider nicht gebremste Prozesshansel und Ichling obendrein. Nun sind jedoch vor dem Gesetz alle gleich. "Die Würde des Menschen ist unantastbar" – Artikel 1 der Verfassung macht keinen Unterschied zwischen dem Rechtstreuen und dem Rechtsbrecher. Gäfgen, der offen Reue nie gezeigt hat, verdient Verachtung für seine Tat aus Geldgier, aber auch er hat Anspruch auf eine Justitia mit Augenbinde, das heißt ein Gerichtsurteil nach Rechtslage, welche eitel-perverse Entschädigungs-Motivation Gäfgen auch immer antreiben mag.

Die Berufungsinstanz hat gesprochen, Revision wurde nicht zugelassen. Das beklagte Land Hessen hat dem Niederträchtigen eine Entschädigung zu zahlen. Die Gerichtsentscheidung fiel nur de jure "Im Namen des Volkes". Wer wollte es den "billig und recht Denkenden" unter den Staatsbürgern verdenken, dass sie die Entscheidung zu Gunsten des Häftlings nicht begreifen; oder dass sie mit den Eltern Jakob von Metzlers fühlen, die zehn Jahre nach der Tat noch einmal das Gesicht des vor Gericht siegreichen Mörders ihres Kindes ertragen müssen?

Bericht Hessen muss Kindsmörder. . ., Titelseite

(RP)
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