Wahlerfolge für Front National in Frankreich Europas Rechtspopulisten sind auf dem Vormarsch

Düsseldorf · Frankreich hat gewählt und rückt nach rechts: Der rechtspopulistische Front National hat bei den Kommunalwahlen in 315 Städten und Gemeinden den Einzug in die Stichwahl geschafft. Doch nicht nur in Frankreich, in ganz Europa sind rechte Kräfte auf dem Vormarsch.

Europas Populisten
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Berauscht vom Wahlerfolg sprach FN-Parteichefin Marine Le Pen am Sonntagabend von einem "spektakulären" Erfolg. Bereits nach der ersten Runde von Sonntag hat die rechtsnationalistische Partei nach eigenen Aussagen 472 Gemeinde- beziehungsweise Stadträte sicher. Dabei war der FN in weniger als 600 der 36.767 Städten und Gemeinden mit eigenen Kandidatenlisten angetreten. Die Ergebnisse zeigen: Im Vergleich zu 2008 konnte die Partei deutlich zulegen. In einer Reihe von Städten wurde sie sogar stärkste oder zweitstärkste Kraft. So kam der Front-National-Kandidat in der Millionenmetropole Marseille mit mehr als 20 Prozent auf Platz zwei. Auf Anhieb die absolute Mehrheit holte der FN in der nordfranzösischen Kleinstadt Hénin-Beaumont.

Europa reagiert geschockt

Die französische Presse und auch der Rest Europas reagiert bestürzt auf den Erfolg des Front National. So schreibt etwas der Pariser "Figaro": "Für die sozialistische Regierungsmehrheit ist das eine klare und deutliche Abstrafung, ohne Wenn und Aber. (...) Und die zahlreichen Stichwahlen mit Beteiligung eines Front-National-Kandidaten beim zweiten Durchgang am kommenden Sonntag sind eine echte Gefahr."

Und die rechtsliberale Mailänder Zeitung "Corriere della Sera" sieht in den Kommunalwahlen in Frankreich sogar einen populistischen Erdstoß mit Verbreitungsgefahr: "Einmal mehr kommen schwarze Wolken für Europa aus Frankreich. In dem Erfolg der Nationalen Front Marine Le Pens beim ersten Durchgang der Kommunalwahlen (...) steckt als Botschaft eine populistische Verschärfung, eine Ablehnung der Politik, eine Angst vor Europa, verstärkt noch durch einen Negativrekord bei der Wahlbeteiligung."

Was steckt hinter den rechtspopulistischen Parteien in Europa?

Doch der Erfolg von rechtspopulistischen Parteien ist kein Alleinstellungsmerkmal Frankreichs. Überall in Europa befinden sich rechtsnationalistische Kräfte auf dem Vormarsch. Was wollen diese Parteien? Wer steckt dahinter? Hier gibt es die Parteien und ihre Wahlprogramme im Überblick:

Frankreich: Front National (FN)

Die Partei existiert seit 1972. Parteichefin ist Marie Le Pen. Die Partei beschreibt sich selbst als "patriotisch" und "national" im Sinne von "französischer Identität, Tradition und Souveränität". Ein zentrales Konzept des FN ist die nationalistisch organisierte Bevorzugung der Franzosen, gemäß des Slogans "Franzosen zuerst". So sollen französische Staatsbürger bei der Arbeitsplatzsuche und bei Sozialleistungen gegenüber Nicht-Franzosen besser gestellt werden. Die Partei spricht hauptsächlich Arbeiter und Arbeitslose an. Zudem ist die Partei gegen die wirtschaftliche Globalisierung und für eine nationale Marktwirtschaft. Nach Auffassung der FN ist die Einwanderungspolitik der anderen Parteien für die Arbeitslosigkeit verantwortlich. Daher möchte der Front National die Einwanderung beschränken, insbesondere die aus nichteuropäischen Ländern. Nach den Vorstellungen des FN sollen illegale Einwanderer in Frankreich als "Menschen ohne Papiere" ausgewiesen werden.

Deutschland: Alternative für Deutschland (AfD)

Die eurokritische Partei aus dem Jahr 2013 setzt sich für eine geordnete Auflösung des Euro-Währungsgebietes und die Wiedereinführung der nationalen Währung ein. AfD-Chef ist Bernd Lucke. Die Partei lehnt eine Transferunion und einen zentralisierten Europastaat rigoros ab. Ziel der AfD ist es, Gesetzgebungskompetenzen zurück zu den nationalen Parlamenten zu verlagern. Außerdem fordert die Partei eine Neuordnung des Einwanderungsrechts nach kanadischem Vorbild: Eine ungeordnete Zuwanderung in das deutsche Sozialsystem soll unterbunden werden. Die AfD betrachtet die "Familie als Keimzelle der Gesellschaft" - der Schutz dieser Einheit ist ein zentrales Anliegen der Partei.

Österreich: Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ)

Die FPÖ wurde 1955 gegründet, Parteivorsitzender ist Heinz-Christian Strache. Ähnlich wie der Front National in Frankreich lautet auch das Motto der Partei "Österreich zuerst". Die Partei sieht sich in einer starken kulturellen Verpflichtung, die "reiche Geschichte" Österreichs für die kommende Generationen zu erhalten und zu pflegen. Im Wahlprogramm heißt es dazu: "Wir bekennen uns zu unserem Heimatland Österreich als Teil der deutschen Sprach- und Kulturgemeinschaft, zu unseren heimischen Volksgruppen sowie zu einem Europa der freien Völker und Vaterländer." Die Partei ist im Nationalrat sowie in Landtagen und vielen Gemeinderäten vertreten. Ein Grundsatz der Partei ist "Österreich ist kein Einwanderungsland". Sie fordert die Umsetzung von Dublin II und einen Zuwanderungsstopp sowie die automatische Abschiebung kriminell gewordener Ausländer. Besonders offensiv stellt sich die Partei gegen muslimische Einwanderer.

Niederlande: Partei für die Freiheit (PVV)

Partei­führer Geert Wilders gründete die PVV im Jahr 2006. Bei der Parlamentswahl 2006 erhielt die Partei sofort 5,9 Prozent, 2010 steigerte sie sich auf 15,5 Prozent, 2012 fiel sie auf 10,1 Prozent zurück. Damit ist die PVV die drittstärkste politische Kraft in den Niederlanden. Das Hauptthema der Partei ist der Islam: Sie warnt vor einer Islamisierung der Niederlande und ruft offen zu dessen Bekämpfung auf. Ferner will sie sich für eine Begrenzung der Einwanderung, für ein härteres Vorgehen gegen Kriminalität und gegen die Erhöhung des Renteneintrittsalters einsetzen. Bei ihrem erstmaligen Antritt bei den Europawahlen, im Juni 2009, erreichte die PVV 17 Prozent der Stimmen und wurde damit zweitstärkste Kraft in den Niederlanden. Im September 2009 forderte Wilders im Parlament die "Kopftuchsteuer". Muslimische Frauen sollten demnach für das Tragen eines "islamischen Kopftuches" pro Jahr Eintausend Euro zahlen.

Dänemark: Die Dänische Volkspartei (DF)

Die Dänische Volkspartei wurde im Jahr 1995 gegründet. Partei­vor­sit­zender ist Kristian Thulesen Dahl. Im Parteiprogramm wird die stark nationalistische Färbung der Partei deutlich - dort heißt es: "Wir von der Dänischen Volkspartei sind stolz auf Dänemark. Wir lieben unser Vaterland und empfinden eine historische Verpflichtung, unser Land, unser Volk und das dänische Erbe zu schützen und zu bewahren." Zu dieser Verpflichtung gehöre demnach auch die Notwendigkeit wirksamer Streitkräfte sowie die Gewährleistung sicherer, geschützter Grenzen. Von 2001 bis 2011 arbeitete die DF im Parlament fest mit einer liberal-konservativen Minderheitsregierung zusammen. Zudem ist die Partei EU-kritisch eingestellt und tritt für strenge Integrations- und Einwanderungsgesetze ein. Unter ihrer Mitwirkung wurde die Integrationsgesetzgebung in Dänemark deutlich verschärft. Weitere Themen und Forderungen der Partei sind ein kritischerer Umgang mit dem politischen Islam. Ebenso wie die Familie ein zentraler Punkt für dei deutsche Partei Alternative für Deutschland ist, bezeichnet auch die DF die Familie als den "Kern der dänischen Gesellschaft".

Ungarn: Jobbik-Partei

Jobbik ist eine seit 2003 existierende, rechtsextreme ungarische Partei. Jobbik versteht sich selbst als eine "werteorientierte, konservative, aber radikal agierende, christliche und patriotische" Partei. Seit den Wahlen 2010 ist sie die drittstärkste Partei im ungarischen Parlament zurzeit insgesamt 44 Mandaten.

Italien: Lega Nord

Die Lega Nord wurde 1989 gegründet, Lega-Chef ist Matteo Salvini. Die rechtspopulistische Partei ist hauptsächlich im Norden, mittlerweile aber auch in anderen Gegenden Italiens aktiv und tritt für die Föderalisierung des Landes und die Übertragung von Kompetenzen des Zentralstaates auf die Regionen ein. Zeitweilig forderte die Partei die Abspaltung des wohlhabenderen Norditalien von Süditalien. Das kulturelle Selbstverständnis der Lega Nord ist eine Mischung aus Stolz über das kulturelle Erbe Norditaliens. Besonders ausgeprägt ist die Ablehnung des italienischen Zentralstaates und seiner Symbole (Hymne, Flagge).

Norwegen: Fortschrittspartei

Partei­vorsitzender der norwegischen Fortschrittspartei ist Siv Jensen. gegründet wurde die Partei 1973. Selber sieht sich die Partei als "liberalistische Volkspartei". Von Politologen wird sie mit rechtspopulistischen Parteien wie der FPÖ in Österreich verglichen. Sie setzt sich für die Begrenzung der Einwanderung und die Ausweisung "krimineller Ausländer" ein. Außerdem ist die Partei für die Privatisierung staatlicher Unternehmen, eine Reduzierung staatlicher Sozialprogramme, die Privatisierung des Bildungssystems und die Ablehnung von Klimaschutzmaßnahmen. Die Partei bestreitet, dass der Klimawandel vom Menschen verursacht wird.

Schweiz: Schweizerische Volkspartei (SVP)

Gründung 1971, Parteipräsident ist seit 2008 Toni Brunner. Die Partei steht für eine weltoffene und selbstbewusste Außenpolitik ohne Beitritt zu EU oder NATO. Zudem fordert die SVP eine härtere Bestrafung von Kriminellen und für die Abschiebung krimineller Ausländer. Außerdem ist eine konsequente Asylpolitik - die den Missbrauch verhindert - ein zentrales Anliegen der Partei. Die SVP appelliert für eine auf die "Bedürfnisse der Schweiz zugeschnittene Ausländerpolitik" und stellt sich offen gegen die sogenannte "Massenzuwanderung".

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