G8-Gipfel in Sotschi abgesagt Die G8 werden zu G7: Putin darf nicht mehr mitreden

Den Haag · Die Staats- und Regierungschefs der sieben führenden Industriestaaten sagen den für Juni geplanten G-8-Gipfel mit Russland ab. Statt dem Treffen im russischen Sotschi soll ein G-7-Gipfel im Juni in Brüssel ohne Beteiligung der Regierung in Moskau stattfinden, wie EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy am Montag über den Kurznachrichtendienst Twitter mitteilte.

 Die G7-Staatenlenker am runden Tisch in Den Haag.

Die G7-Staatenlenker am runden Tisch in Den Haag.

Foto: afp, SL/tlr/MR

Der Belgier nahm zuvor an einem Treffen der Staats- und Regierungschefs der G-7-Staaten im niederländischen Den Haag teil, bei dem sie über ihre Haltung gegenüber Russland nach der Eingliederung der ukrainischen Halbinsel Krim in die Russische Föderation berieten.

Van Rompuy bestätigte damit Angaben eines ranghohen EU-Diplomaten. Dem Diplomaten zufolge einigten sich die G-7-Staaten darauf, härtere Sanktionen auch im Wirtschaftsbereich gegen Russland vorzubereiten. Der nächste G-8-Gipfel sollte eigentlich am 4. und 5. Juni in der russischen Olympiastadt Sotschi am Schwarzen Meer stattfinden. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte bereits vor der Krisensitzung am Rande des Atomsicherheitsgipfels in Den Haag gesagt, dass sie die Bedingungen für einen G-8-Gipfel mit Russland angesichts der Ukraine-Krise nicht gegeben sehe.

Die Gruppe der Acht (G-8) ist seit Jahren eine feste Größe in der internationalen Diplomatie. Auf ihren Gipfeln tauschen sich die Staats- und Regierungschefs aus den USA, Kanada, Japan, Großbritannien, Frankreich, Italien, Deutschland und Russland einmal im Jahr über die Probleme der Welt aus.

Merkel: Die G8 gibt es momentan nicht

Bundeskanzlerin Angela Merkel sagte, das politische Umfeld für ein solches Format sei derzeit nicht gegeben - "konkrete Auswirkungen für dieses Jahr sind aus meiner Sicht gegeben." Am Randes eines Gipfels über die Sicherheit von Nuklearmaterial sagte Merkel: "Im Augenblick gibt es G8 nicht - weder als konkreten Gipfel noch als Format. Das wird unsere Diskussion unter den G7 sicherlich auch leiten." Zu den G7 gehören neben Deutschland, die USA, Frankreich, Großbritannien, Italien, Japan und Kanada.

Zuvor hatte bereits der britische Regierungschef David Cameron ausgeschlossen, dass es den für Juni im russischen Sotschi geplanten G8-Gipfel noch geben werde. Dies sei "absolut klar": Russland müsse seinen Kurs ändern. Der stellvertretende US-Sicherheitsberater Ben Rhodes sagte in Den Haag: "Es gibt keinen Grund für die G7-Länder, sich zu engagieren, wenn Russland sein Verhalten nicht ändert."

"Wir sind einig darin, dass Russland für sein bisheriges Handeln bezahlen muss", sagte US-Präsident Barack Obama am Montag vor Beginn des Gipfel für nukleare Sicherheit in Den Haag: Zunehmende Sanktionen hätten enorme Folgen für die russische Wirtschaft. Der Ukraine sicherte er nach der russischen Annexion ihrer Halbinsel Unterstützung von Europa und Amerika zu.

UN-Generalsekretär Ban Ki Moon bezeichnete Russlands Militäraktion in der Ukraine als schwere Belastung für das Abkommen über die Nicht-Weiterverbreitung von Atomwaffen. Bei der Eröffnung des Atomgipfels warf er Moskau vor, die 1994 übernommene Garantie der Souveränität der Ukraine missachtet zu haben.

Russland, Großbritannien und die USA hatten sich 1994 im "Budapester Memorandum" verpflichtet, im Gegenzug für den Verzicht der Ukraine auf sowjetische Atomwaffen Grenzen und Souveränität der Ukraine zu wahren. "Die Glaubwürdigkeit der im Budapest-Memorandum gegebenen Garantien für die Ukraine ist durch die jüngsten Ereignisse ernsthaft untergraben worden", sagte Ban. "Die Folgen sind schwerwiegend - sowohl für die regionale Sicherheit als auch für die Integrität des Regimes für die Nichtweiterverbreitung (von Atomwaffen)."

Auch Merkel sprach von einem russischen Verstoß gegen selbst eingegangene Verpflichtungen: "Dieses Budapester Memorandum kann deshalb im Augenblick nicht als eine Erfolgsgeschichte dagestellt werden." Nach Diplomaten-Angaben sollte es am Abend in Den Haag eine Erklärung der G7-Staaten geben, in der das russische Vorgehen auf der Krim verurteilt und Moskau vor weiteren Militäraktionen in der Ukraine gewarnt wird.

Beschlüsse über neue Sanktionen gegen Russland wurden in Den Haag nicht erwartet. Sicherlich werde das Thema Wirtschaftssanktionen gegen Russland wegen der Annexion der Schwarzmeer-Halbinsel Krim angesprochen werden, sagte Merkel. Aber die Europäische Union verfahre nach ihrem jüngst beschlossenen dreistufigen Sanktionsplan, an dessen Ende Wirtschaftssanktionen stünden. "Wir sind in Stufe zwei, bereiten aber Stufe drei vor."

Der ukrainische Außenminister Andrej Deschtschiza plädierte für schärfere Sanktionen des Westens. "Sie (die Europäer) haben eine Menge getan, aber es ist klar, dass das nicht ausreicht, um Russland zu überzeugen, nicht weiter zu gehen." Allerdings sei er nicht für einen Ausschluss Russlands aus der G8: "Wenn Russland in der G8 bleibt, dann wird das für Russland und die G7 eine Chance zum Miteinander-Reden sein." Deschtschiza war zuvor mit dem russischen Außenminister Sergej Lawrow zusammengetroffen.

(dpa)
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