Krieg in der Ukraine „Wir können den Flüchtlingen helfen“

Kamp-Lintfort · Auch Birgit und Günter Reit aus Kamp-Lintfort bieten ukrainischen Flüchtlingen ein sicheres Zuhause. Sie haben neun Personen aufgenommen. Aktuell helfen sie ihren Gästen dabei, Arbeit zu finden. Auch Sprachkurse sind schon gebucht.

 Drei Erwachsene und sechs Kinder haben bei Familie Reit Aufnahme gefunden. Sie richtete Wohnräume in ehemaligen Schulungsräumen ein.

Drei Erwachsene und sechs Kinder haben bei Familie Reit Aufnahme gefunden. Sie richtete Wohnräume in ehemaligen Schulungsräumen ein.

Foto: Norbert Prümen

Als Wladimir Putin am 21. Februar ein großes Manöver an der russisch-ukrainischen Grenze nicht beendete, sondern Gebiete in der Ukraine, die von prorussischen Separatisten kontrolliert wurden, als Volksrepubliken Donezk und Lugansk diplomatisch anerkannte, prognostizierte Günter Reit seiner Frau Birgit , in wenigen Tagen werde der russische Präsident einen Krieg gegen die Ukraine beginnen. „Wir können den Krieg nicht mehr verhindern“, sagten die beiden Kamp-Lintforter vorausschauend. „Aber wir können den Flüchtlingen helfen, die kommen werden.“ So begannen sie sich auf die Aufnahme von Ukrainern vorzubereiten, drei Tage bevor am 24. Februar der Krieg begann. Sie bereiteten ihre Schulungsräume in der Immobilie im Gewerbegebiet Nord-Kamperbruch, die nicht mehr genutzt wurden, als Wohnung her. Und zählten so zu den ersten Kamp-Lintfortern, die Neuankömmlinge aufnehmen konnten, die ihnen von der Stadt zugewiesen wurden.

„Wir haben uns sehr, sehr früh bei der Stadt gemeldet“, erzählt Günter Reit. „Am 15. und 18. März haben wir zwei Familien aufgenommen, als die offizielle Zuweisung feststand. Die eine Familie hat sieben Personen: Vater, Mutter und fünf Kindern. Die andere ist eine Familie mit zwei Personen: Mutter und Kind. Die beiden Mütter sind Schwestern.“ Bei der einen Familie ist der Vater ein Nordmazedonier, der in der Ukraine als evangelischer Pastor lebte. „So konnte er ausreisen, da er nicht zum Militär zwangsverpflichtet ist“, erzählt Günter Reit im RP-Gespräch.

Betten und andere Dinge organisierten Birgit und Günter Reit über ihren Bekanntenkreis, der groß ist. Zum einen sind sie „klassisch“ in der Bruderschaft St. Bernhardus Rossenray aktiv. Als Königspaar, das sie seit dem Spätsommer 2019 sind, kennen sie auch viele Personen anderer Bruderschaften und Schützenvereine. Zum anderen sind sie „digital“ in WhatsApp-Gruppen aktiv. „Betten und Matratzen waren sofort da, als wir danach gefragt haben“, berichtet Birgit Reit. „Alle helfen mit, die geflüchteten Ukrainer aufzunehmen und zu integrieren.“ Günter Reit nahm sofort die Bürokratie in Angriff, kümmerte sich um die Meldungen beim Ausländeramt, um Passfotos, Impfausweise und Arbeitserlaubnisse. „Wir haben auch schon Plätze in einem Sprachkursus gebucht“, erzählt Günter Reit. Denn: „Die Sprache zu lernen und eine Arbeit zu finden, ist für Neuankömmlinge wichtig, um sich schnell zu integrieren.“

Für den Familienvater, der einmal Installateur war, bevor er evangelischer Pastor wurde, hat Reit bereits eine Stelle bei einem Bekannten vermittelt, der händeringend einen Installateur gesucht hatte. „Er kann das“, sagt Günter Reit. „Er hat in den von uns zur Verfügung gestellten Räumen selbstständig eine Dusche repariert. Er ist zum Baumarkt gefahren, hat die entsprechenden Teile gekauft und alles installiert.“

Zehn Prozent der 43 Millionen Ukrainer würden nicht mehr in ihr Heimatland zurückkehren, sondern vor allem in Polen und Deutschland eine zweite Heimat finden, schätzt das Ehepaar Reit. „Sie werden bleiben“, sagt Birgit Reit. „Unsere siebenköpfige Familie hat zwar ein Haus in Czernowitz im Südosten der Ukraine. Aber wenn der Krieg vorbei sein sollte, ist es vermutlich zerstört oder von anderen bewohnt, die ihr Haus oder ihre Wohnung verloren haben. Das wird auch anderen so gehen.“ Weil Günter und Birgit Reit mit vielen Neuankömmlingen rechnen, geben sie vieles in ihre Netzwerke zurück, von denen sie jetzt profitieren. Sie versorgen sie mit Information, lassen die anderen miterleben und mitfühlen.

Außerdem hat Günter Reit für die Stadt Kamp-Lintfort kostenlos eine Software entwickelt, um Neuankömmlinge aus der Ukraine wie in einer Akte führen zu können, in der zum Beispiel Wohnort, Vermieter, Sprachkenntnis, Schulbildung oder Arbeitserlaubnis aufgenommen werden. „Die meisten Ukrainer werden dauerhaft hierbleiben“, sagt der Softwareentwickler. „Mit der Integration können wir nicht früh genug anfangen“, ist der Helfer aus Kamp-Lintfort überzeugt. Birgit und Günter Reit sind per E-Mail zu erreichen: privat@comidos.de.

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