Kommentar „Unsere Woche“ Die Landlebenstadt Geldern und der Klimanotstand

Nun soll auch Gelderns Rat den Klimanotstand ausrufen. Die Verwaltung empfiehlt das der Politik. Mit Blick auf die Stimmen für die Grünen bei der Europawahl scheint ein Jahr vor der Kommunalwahl breite Zustimmung wahrscheinlich.

 Dirk Möwius, Lokalchef der Rheinischen Post Redaktion in Geldern.

Dirk Möwius, Lokalchef der Rheinischen Post Redaktion in Geldern.

Foto: WfG KK

Nun auch Geldern. Nach der zweiten, von der Teilnehmerzahl her recht übersichtlichen Demonstration „Fridays for Future“ (FFF) am Freitag in der Stadt berät der Rat am Donnerstag darüber, wie schon in Kleve auch für die selbst ernannte Landlebenstadt den Klimanotstand auszurufen. Die Empfehlung der Verwaltung ist eindeutig: Der Rat soll die Resolution zur Ausrufung des Klimanotstandes unterstützen und in einen weiteren Austausch mit dem Antragsteller treten. Um es überspitzt zu sagen: Geldern karibisch für immer will keiner, einen Strand vor der Pfarrkirche soll es nicht geben. Doch so zeitgemäß sich eine solche Entscheidung auch anfühlen mag, sie sollte wohlüberlegt sein.

Natürlich sitzt in der Politik der Schock der Europawahl noch tief, als nicht nur, aber auch, die FFF-Aktivisten und ihre Anhänger tatsächlich zur Urne gegangen sind und mit ihren Kreuzchen den Grünen kreisweit zum Rekordresultat von 21,7 Prozent verholfen haben. In Geldern holte Grün glatte 22 Prozent, damit ist man zweitstärkste Kraft weit vor der SPD: Nun steht die Kommunalwahl 2020 an. Da will sich jeder gern fürs Klima einsetzen, wenn es nur dem Wähler gefällt. Aber reine Symbolpolitik hilft nicht. Nimmt der Gelderner Stadtrat das Wort „Klimanotstand“ ernst, wird er künftig jede Entscheidung unter klimaschutz-politischen Erwägungen treffen müssen. Wird es dann angesichts des Flächenverbrauchs nochmal Neubaugebiete geben? Ist die Pfingstkirmes mit hohem Stromverbrauch und auch noch einem Feuerwerk zum Abschluss aus Sicht des Rates verantwortbar? Kann man in einem warmen Winter eine Eislauffläche auf dem Markt verantworten? Bevor die Ratsmitglieder schnell die Hand für die Resolution heben, sollten sie sehr gut überlegen, was das für die Stadt bedeuten kann. (Noch) mehr für die Umwelt und das Klima tun kann man auch, ohne auf lokaler Ebene gleich den Notstand auszurufen.

Immerhin: Bei der Vorberatung im Hauptausschuss wurde auch kritisch und differenziert diskutiert. Das lässt mit Spannung auf die Ratssitzung am Donnerstag blicken.

Trotz alledem — genießen Sie Ihr Wochenende!

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