NRW-Opposition rechnet mit Wüst ab „Sie sind nicht der Kämmerer von Kleinkleckersdorf“

Düsseldorf · Einen Tag nach seiner Regierungserklärung im Landtag wirft die Opposition NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst Tatenlosigkeit vor. Dabei geht es robust zur Sache.

Thomas Kutschaty, Vorsitzender der SPD-Fraktion und Oppositionsführer im Landtag Nordrhein-Westfalen.

Thomas Kutschaty, Vorsitzender der SPD-Fraktion und Oppositionsführer im Landtag Nordrhein-Westfalen.

Foto: dpa/Thomas Banneyer

Die Opposition hat sich am Tag nach der Regierungserklärung im Düsseldorfer Landtag die Regierung vorgeknüpft. Der Grundtenor: Schwarz-Grün handele in der aktuellen Krise nicht und zeige stattdessen lieber in Richtung Bund. Ein Überblick:

SPD Den Auftakt machte NRW-Oppositionsführer Thomas Kutschaty (SPD): „Was wir gestern gehört haben, war ein Ministerpräsident auf der Flucht: Auf der Flucht vor der Realität.“ Wüst habe nichts erklärt, was seine Regierung tun wolle, um Familien und Unternehmen in NRW zu schützen. „Ihre Regierungserklärung war dem Ernst der Lage in keiner Weise angemessen. Sie war in Form und Inhalt völlig unangemessen.“ Der Ministerpräsident haben seinen Bürgern nichts als warme Worte und endlose Forderungen an den Bund zu bieten. Den Familien habe Wüsts nichts zu bieten als ein besseres Beratungsangebot durch die Verbraucherzentralen – und das trotz Milliardeneinnahmen im Haushalt. „Sie reden und handeln als seien Sie der Kämmerer von Kleinkleckersdorf und nicht der Ministerpräsident von NRW.“ Und in Anlehnung an ein Kennedy-Zitat: „Fragen Sie nicht länger, was der Bundeskanzler für Hendrik Wüst tun kann. Fragen Sie, was Ihre Regierung für Nordrhein-Westfalen tun kann!“

Konkret forderte Kutschaty die Abschaffung der Kita- und OGS-Gebühren. Das könne zu Entlastungen in einigen Städten von bis zu 6000 Euro im Jahr führen. „Mit kostenlosem Mittagessen und echter Lehrmittelfreiheit kämen noch mal über 800 Euro Entlastung hinzu. Mit einem Notfallfonds in Höhe von 300 Millionen Euro würden wir Familien und Rentner absichern, die durch die Energiekrise in Zahlungsschwierigkeiten geraten.“ Das sei das Zwei-Milliarden-Entlastungspaket der SPD für NRW.

Kutschaty knöpfte sich auch die Grünen vor. Die hätten sich nicht genügend für den Mieterschutz eingesetzt. „Die Grünen sind nicht das soziale Gewissen der Koalition. Sie sind das schlechte Gewissen der Koalition.“ Statt denen von Schwarz-Grün angekündigten 9000 neuen Wohnungen im Jahr seien 25.000 nötig. Und auch die Vize-Ministerpräsidentin und Wirtschaftsministerin Mona Neubaur bekam ihr Fett weg, sie falle durch wirtschaftspolitische Untätigkeit der Regierung in der Gas-Krise auf. Und die Ankündigung, NRW zur ersten klimaneutralen Industrieregion Europas zu machen, sei nicht durch nennenswerte Maßnahmen unterlegt: „Es ist, als würden Sie den Menschen sagen: ,Wir wissen zwar nicht, ob morgen der Bus noch fährt, aber übermorgen fliegen wir mit Euch zum Mars. Ganz bestimmt.‘“

FDP Auch FDP-Fraktionschef Henning Höne warf Wüst vor, dieser habe in seiner Regierungserklärung im Schnitt alle dreieinhalb Minuten nach Berlin verwiesen. Höne sprach in seinen Ausführungen unter anderem die innere Sicherheit an. Auch wenn die CDU Wahlkampf mit dem Thema Clankriminalität gemacht habe, habe Wüst dazu in seiner Regierungserklärung kein Wort dazu gesagt. „Allein in Duisburg gib es 70 verschiedene Clans mit 2800 Mitgliedern.“ Höne warf den Grünen vor, mit der Diskussion über eine Stigmatisierung die Augen vor dem Thema zu verschließen: In den Städten habe niemand Angst vor einer Stigmatisierung von Clans. „Die Menschen wollen in Sicherheit vor diesen Clans lebe. Ihr Verhalten zeigt, Sie machen Politik an den Sorgen der Menschen vorbei.“ Das betreffe auch den Taser. Höne forderte eine flächendeckende Ausstattung mit den Elektroschockern.

Höne forderte eine Korrektur beim teuren und bürokratischen Kurs bei der Grundsteuer. „Und wenn Sie das nicht wollen, verlängern sie wenigstens den Abgabezeitraum.“

Zu Corona sagte er: „Während der Pandemie haben wir tiefgreifend Eingriffe erlebt. Zu Beginn war das richtig. Wir wussten zu wenig über die Krankheit und die Übertragungswege.“ Wieder mit Blick auf die Grünen sagte er: „Sie machen Politik mit Angst.“ In der Opposition hätten die Grünen neben Schulschließungen auch Luftfilter in jedem Klassenzimmer gefordert – davon sei nun nichts mehr zu hören. „Sie haben mit den Ängsten der Menschen gespielt, um im Wahlkampf davon zu profitieren“

Das Ziel „Zero Covid“ sei in einer offenen, demokratischen Gesellschaft nicht möglich. „Es liegt an Ihnen, ob Sie sich auf ein kluges Pandemiemanagement konzentrieren, oder ob Sie der Gastronomie wieder vorschreiben wollen, bei wie viel Grad sie ihre Tischdecken zu waschen haben.“

Es wundere ihn, dass neben dem Tragen einer Maske schon weitergehende Maßnahmen zum Beispiel für Gastronomie und Veranstaltungen angekündigt würden. „Damit handeln Sie so rigide wie kaum ein anderes Land in Europa.“ Etwas mehr Orientierung an den Nachbarländern würde Deutschland in der Pandemiepolitik guttun, sagte der FDP-Politiker.

„Von Ihnen brauchen wir keinen Nachhilfeunterricht in Sachen Sozialpolitik“, sagte der Fraktionschef der CDU, Thorsten Schick, in Richtung von Oppositionsführer Kutschaty. Man habe einen Oppositionsführer erlebt, der sich angesichts des Landtagswahlergebnisses und auch der SPD-Umfragewerte um sein Amt sorge, warf Schick dem SPD-Politiker vor. Dieser betreibe blanken Populismus.

Schick rechnete vor, dass dem Land NRW allein durch die Maßnahmen des Bundes bs zum Jahr 2026 rund zwei Milliarden Euro entgingen. Mit 500 Millionen Euro werde allein die Mehrwertsteuer-Senkung auf Gas zu Buche schlagen. Die Energiepreispauschale koste das Land knapp eine Milliarde Euro. „Das Steuerentlastungsgesetz 2022 mit der Erhöhung des Arbeitnehmerpauschbetrags, des Grundfreibetrags und der Entfernungspauschale reißt allein in diesem Jahr ein Loch von 400 Millionen Euro in die Landeskasse.“ Damit sieht Schick den Vorwurf der Untätigkeit des Landes widerlegt.

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