Ende von Tankrabatt und 9-Euro-Ticket „Es bringt nichts, sich aufzuregen“

Düsseldorf · An den Tankstellen zeigen sich die Kunden am letzten Tag des Tankrabatts eher gelassen bis resigniert. Viele bedauern vor allem das Ende des 9-Euro-Tickets und erwarten nun stark steigende Preise im ganzen Verkehrssektor.

Auch diese Autofahrerin tankt am Mittwoch in Wermelskirchen noch, bevor der Rabatt endet.

Auch diese Autofahrerin tankt am Mittwoch in Wermelskirchen noch, bevor der Rabatt endet.

Foto: Lena Steffens

Am letzten Tag des Tankrabatts zeigt sich vielerorts in NRW ein ähnliches Bild – die Tankstellen sind gut besucht, es herrscht jedoch kein Last-Minute-Stress. „Es ist aber deutlich mehr los als üblich“, sagt Vera Theissen, Kassiererin in der SVG-Tankstelle in der Nähe der Kettwiger Straße in Düsseldorf. Sie denkt, dass die Kunden noch einmal die günstigeren Preise mitnehmen wollen und deshalb selbst dann den Tank füllen, wenn nur Sprit für zehn Euro hineinpasst. Auch in Wuppertal bemerkt Danyil Zuban, Auszubildender an einer Jet-Tankstelle, bereits seit Tagen eine erhöhte Nachfrage. Wisse doch niemand, um wieviel die Mineralölfirmen ab Donnerstag die Preise erhöhen würden. Zuban selbst ist Pessimist: „Ich rechne bis Ende des Jahres mit einem Benzinpreis von drei Euro pro Liter.“

Der Bundesverband freier Tankstellen (BFT) erwartet zumindest ein deutliches Plus in den frühen Morgenstunden des 1. Septembers. „Ich gehe davon aus, dass wir da zunächst einen großen Preisaufschlag sehen“, sagte der Verbandsvorsitzende Duraid El. „Im Tagesverlauf und in den kommenden Tagen wird das dann aber sicher wieder etwas abschmelzen, wenn Wettbewerbseffekte einsetzen.“ Nach der dreimonatigen Senkung der Energiesteuern gelten ab Donnerstag für Benzin und Diesel wieder die alten Steuersätze. Inklusive Mehrwertsteuer steigt der Preis für Superbenzin der Sorte E10 damit um 35 Cent pro Liter, für Diesel werden pro Liter 17 Cent mehr fällig. Nach Angaben des ADAC sind die Spritpreise aber schon in den vergangenen zwei Wochen deutlich gestiegen, nach langem Sinkflug und kurzer Stagnation in den Wochen zuvor. Auch der ADAC rechnet mit einem deutlichen Preisaufschlag, wenn auch nicht überall gleichermaßen und nicht im vollen Umfang der Steuersenkung.

 Budak Göksel aus Köln hat seinen Wagen nochmal vollgetankt.

Budak Göksel aus Köln hat seinen Wagen nochmal vollgetankt.

Foto: RPO/Hauser

Das treibt die Menschen natürlich an die Zapfsäulen. Auf dem Weg zur Arbeit tankt Budak Göksel am Vormittag seinen BMW in Köln voll. „102 Euro“, sagt er. „Aber wer weiß, wie teuer es ab Donnerstag wird.“ Er ist auf sein Auto angewiesen, weil er seinen pflegebedürftigen Sohn jeden Tag zur Schule bringen und wieder abholen muss. „Meine Frau ist auch mit Bus und Bahn unterwegs, aber das 9-Euro-Ticket gibt es ja jetzt nicht mehr“, sagt der 33-Jährige. Im September müsse sie für ihr Monatsticket nun wieder 90 Euro bezahlen, denn auch das verbilligte Ticket läuft Mittwochnacht aus. „Aber es bringt nichts, sich aufzuregen“, sagt er. „Ich muss sowieso tanken – man hat da ja keine Wahl.“ Ähnlich fatalistisch sehen das auch andere Kunden. In Borken zum Beispiel tankt am Mittwoch Sandra Imke, weil der Tank leer ist, nicht um Geld zu sparen. Dass die Preise steigen, sei die eine Sache, sagt sie. „Ich finde es schade, dass dabei viele Bürger, die sich das nicht leisten können, vergessen werden“, erklärt Imke. Ihr Vater sei Rentner und hätte mit der Preiserhöhung und dem Verlust des 9-Euro-Tickets mehr zu kämpfen.

Dass es mit der Idee eines simplen, bundesweiten Nahverkehrstickets irgendwie weitergehen soll, darüber herrscht inzwischen weitgehende Einigkeit in der Koalition – nur um die Konditionen wird noch gerungen. „Volker Wissing hat mich überzeugt: Er kann mit einem Bruchteil der Finanzmittel des 9-Euro-Tickets ein bundesweit nutzbares, digital buchbares Ticket realisieren. Jetzt sind die Länder dran. Wenn die Finanzierungsfrage klar ist, kann der Preis festgelegt werden“, erklärte Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) in einem Post auf Twitter. Die NRW-Landesregierung hat positiv auf diesen Tweet reagiert. NRW-Verkehrsminister Oliver Krischer (Grüne) sagte dazu: „Es ist gut, dass die FDP sich endlich bewegt und ihre Blockadehaltung aufgibt. Bei der Finanzierung einer Nachfolgeregelung für das 9 Euro-Ticket ist der Bund in der Pflicht genauso wie bei der zugesagten Erhöhung der Regionalisierungsmittel.“ Länder und Kommunen stünden angesichts der stark gestiegenen Kosten ohnehin vor riesigen Herausforderungen, um nur das bisherige ÖPNV-Angebot aufrecht zu erhalten. „Finanzierung des Tickets und des Angebotes sind ein Gesamtpaket", so der Grünenpolitiker.

Das sang- und klanglose Auslaufen des Angebots zum 1. September sei die denkbar schlechteste Nachricht, sagte die Chefin des Bundesverbands der Verbraucherzentralen (vzbv), Ramona Pop. „Das Ticket hat laut Untersuchungen die Inflation gedämpft, Energie eingespart, Geldbeutel und Klima entlastet und einen Impuls für die dringend nötige Verkehrswende gegeben.“

Auch unter den befragten Autofahrern wird weniger der Tankrabatt als das 9-Euro-Ticket gelobt, weil es mehr diejenigen unterstütze, die finanzielle Probleme haben. „Es wäre schön, wenn es etwas Ähnliches auch in Zukunft gäbe“, sagt ein Tankstellenkunde in Düsseldorf.

In Borken fährt derweil ein Auto nach dem anderen die Tankstelle an. In der Grenzregion kommt noch hinzu, dass auch Niederländer seit Wochen extra nach Deutschland fahren, um dort in den Genuss günstigerer Spritpreise zu kommen. Nun wollen auch deutsche Fahrer ein letztes Mal rabattiert tanken. Manche von ihnen, erzählt die Frau hinter der Kasse, hätten sogar eigens Kanister vollgefüllt. Wohlwissend, dass sich die Preise vorerst nur noch in eine Richtung bewegen.

(mit dpa)
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