Änderung des Grundgesetzes Ampel treibt Absenkung des Wahlalters auf 16 Jahre voran
Berlin · SPD, Grüne und FDP wollen künftig auch 16- und 17-Jährige bei der Bundestagswahl abstimmen lassen. Die Union hält dagegen – und kann das Vorhaben blockieren. Doch Wahlrechtsexperten der Ampel bleiben dennoch optimistisch.
Im Koalitionsvertrag von SPD, Grünen und FDP steht es schwarz auf weiß: „Wir wollen das Grundgesetz ändern, um das aktive Wahlalter für die Wahl zum Deutschen Bundestag auf 16 Jahre zu senken.“ Doch das ist ein langer Weg, wie die Ampel-Fraktionen derzeit im Parlament merken. Denn für die Grundgesetzänderung brauchen sie eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Bundestag und damit Stimmen aus der Union. Die ist mehrheitlich gegen eine Absenkung und macht es den Ampel-Abgeordneten derzeit schwer, wie der Zwischenbericht der sogenannten Wahlrechtskommission zeigt, den das Gremium aus 13 Abgeordneten aller Fraktionen und 13 Sachverständigen in dieser Woche vorgelegt hat.
Darin wird von Seiten der Ampel-Mehrheit erklärt, für eine Absenkung des aktiven Wahlalters bei Europa- und bei Bundestagswahlen auf 16 Jahre sprächen das politische Interesse und Engagement vieler junger Menschen, die demografische Entwicklung, das Ziel der Generationengerechtigkeit sowie positive Erfahrungen mit einer entsprechenden Absenkung bei Landtags- und Kommunalwahlen.
Doch die Vertreter von Union und AfD tragen die Empfehlung nicht mit. Der Justiziar der Unionsfraktion im Bundestag, Ansgar Heveling (CDU), sagte unserer Redaktion: „Die Verfassung hat sich bewusst dafür entschieden, das Wahlalter auf die Volljährigkeit zu beziehen. Für uns ist kein Grund ersichtlich, das für die Bundestagswahlen zu ändern“, sagte er. „Wer das Wahlalter auf 16 Jahre absenken will, müsste konsequenterweise auch die Volljährigkeit mit allen Pflichten auf 16 Jahre festlegen. Diese Forderung höre ich allerdings von kaum jemanden“, so Heveling. „Volle Geschäftsfähigkeit und Strafmündigkeit sowie Wahlalter sollten weiter einheitlich gelten. Die Grundannahme ist auch falsch, dass Ältere bei ihrer Wahlentscheidung nicht die Interessen der jüngeren Generation im Blick hätten“, so der CDU-Politiker.
Die Erste Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen-Bundestagsfraktion, Irene Mihalic, ist dennoch zuversichtlich und will das Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag vorantreiben. „Die Empfehlungen der Wahlrechtskommission zeigen, dass gegen die Absenkung des Wahlalters bei Bundestags- und Europawahlen auf 16 Jahre keinerlei verfassungsrechtlichen Bedenken bestehen“, sagte sie. „Die Wahlrechtskommission wird nach der parlamentarischen Sommerpause weiter an der Reform arbeiten und ich bin überzeugt, dass wir das im Koalitionsvertrag verankerte Vorhaben nach Abschluss der Arbeit in der Kommission umsetzen können“, so Mihalic. „Die bisherigen Gegner einer Absenkung des Wahlalters sollten ihre Position nun noch einmal grundsätzlich überdenken. Die Beibehaltung des Wahlrechts für Menschen ab 18 wäre in höchstem Maße rechtfertigungsbedürftig“, sagte die Grünen-Politikerin.
Katja Mast ist Erste Parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Bundestagsfraktion. Auch sie rief die Union dazu auf, ihre Vorbehalte aufzugeben. „Heute ist es viel leichter, sich über Politik zu informieren. Ich erlebe junge Menschen als unglaublich gut informiert und willensstark“, so Mast. „Die Union sollte ihre Berührungsängste mit Jungwählerinnen und -wählern aufgeben und einsehen, dass eine Absenkung des Wahlalters auf 16 Jahre ein Gewinn für unsere Demokratie ist.“ Andere CDU-Politiker seien da schon weiter als die Union-Bundestagsfraktion: „NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst senkt das Wahlalter für Landtagswahlen ab. Auch bei anderen Landes- und Kommunalwahlen dürfen 16-Jährige bereits wählen“, argumentierte Mast.