Protokoll des Tages nach der NRW-Wahl Kraft will nicht in Bundespolitik wechseln

Berlin · Am Tag nach der Wahl von der Nordrhein-Westfalen steht Norbert Röttgen im Kreuzfeuer in der Kritik. Bei der CDU läuft die Suche nach einem Nachfolger auf Hochtouren. Die SPD feiert in Berlin ihre Wahlsiegerin Hannelore Kraft. Wir berichten vom Tag nach der Wahl im Protokoll.

So reagiert Norbert Röttgen auf die Wahlschlappe
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+++ 18.20 Uhr: Hannelore Kraft rechnet für Anfang nächster Woche mit dem Beginn der Koalitionsverhandlungen mit den Grünen. "Ich glaube nicht, dass wir das diese Woche noch schaffen werden", sagte sie vor Beginn einer Vorstandssitzung in Düsseldorf. "Wir werden es ganz in Ruhe angehen." Zunächst müsse jetzt ein Zeitplan aufgestellt werden.

+++ 17.51 Uhr: Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse (SPD) kritisiert die mögliche Rückkehr von Oskar Lafontaine an die Spitze der Linken. Bei dessen Comeback müssten sich "die ostdeutschen Granden der Linkspartei veräppelt fühlen", sagte Thierse dem in Berlin erscheinenden "Tagesspiegel". Lafontaine stelle sich gegen ostdeutsche Reformer und damit den "erfolgreichen Flügel" der Partei.

+++ 17.21 Uhr: Die Spitze der CDU in Nordrhein-Westfalen ist inzwischen zu Beratungen zusammengekommen. Es wird erwartet, dass es dabei auch um die Führungsfrage in der NRW-CDU gehen wird.

+++16.32 Uhr: Auf die Frage, ob sie nach ihrem Wahlsieg im Wettstreit um die Kür des SPD-Kanzlerkandidaten nicht auch den Hut in den Ring werfen wolle, antwortete Kraft ausweichend: "Es geht jetzt um Inhalte, und Personalentscheidungen lenken aus meiner Sicht nur ab. Wir müssen rechtzeitig vor der Wahl entscheiden, und das werden wir tun. Die SPD habe mit Sigmar Gabriel, Peer Steinbrück und Frank-Walter Steinmeier "im Moment drei gute Männer" im Kandidatenrennen - und die Entscheidung werde gemeinsam wie vereinbart Anfang nächsten Jahres getroffen.

+++16.07 Uhr: Nordrhein-Westfalens Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) will nach ihrem deutlichen Wahlsieg vom Sonntag nicht in die Bundespolitik wechseln. "Ich bleibe in Nordrhein-Westfalen, bin trotzdem in der Bundes-SPD mit dabei und versuche dort auch wichtige Kurse zu setzen und unsere Erfahrung einzubringen", sagte sie am Montag in der ZDF-Sendung "Was nun, Frau Kraft".

+++15.38 Uhr: Bundestagsfraktionsvize Dietmar Bartsch hält an seiner Kandidatur für den Bundesvorsitz der Linken fest. "Mein Angebot steht", sagte Bartsch vor einer Sitzung von Landes- und Bundespolitikern seiner Partei in Berlin. Er schloss zugleich aus, einen Vize-Posten unter dem früheren Linke-Chef Oskar Lafontaine zu übernehmen, der ebenfalls Ambitionen auf den Parteivorsitz angedeutet hat. Unter Lafontaine zu arbeiten, "kann ich mir nicht vorstellen", sagte Bartsch.

+++14.37 Uhr: Der hessische CDU-Fraktionschef Christean Wagner sieht nach dem Wahldebakel der Union in Nordrhein-Westfalen die Kanzlerin gefordert. Die CDU-Vorsitzende müsse nun für eine schärferes Profil der Partei sorgen, forderte Wager am Montag im Deutschlandfunk. So habe es im "ordnungspolitischen Bereich" immer wieder Irritationen in der Union gegeben.

+++14.02 Uhr: Sylvia Löhrmann ist mit dem Abschneiden ihrer Grünen in NRW trotz der leichten Verluste sehr zufrieden. "Die Ausgangslage war deutlich schwieriger als vor zwei Jahren. Dass wir da unser Ergebnis annähernd gehalten haben, ist schon eine kleine Sensation", sagte sie am Montag in einem Interview mit dem Fernsehsender Phoenix. "Wir haben neue Mitbewerber. Der Fokus bei dieser Wahl lag ganz woanders, nicht auf den Grünen."

+++13.26 Uhr: Merkel: Zur Öffnung der CDU und zu den guten Kontakten zu den Grünen habe Röttgen einen wichtigen Beitrag geleistet. Röttgen und Merkel wirken beide sehr gefasst und routiniert.

+++13.21 Uhr: Merkel: "Menschen können gut unterscheiden, was sie gerade wählen." Sie betont, dass die Ergebnisse der NRW-Wahl nicht auf die Bundesebene übertragbar seien.

+++13.19 Uhr: Pressekonferenz mit Angela Merkel und Norbert Röttgen: Röttgen möchte gerne Minister bleiben und seine politische Karriere weiter verfolgen.

+++ 12.59 Uhr: Angela Merkel wird aus der Wirtschaft eine Kursänderung nahegelegt. Der Präsident des Bundesverbands der deutschen Industrie (BDI), Hans-Peter Keitel, sagte dem "Handelsblatt: "Für die CDU gilt es ernsthaft zu überdenken, mit welchen Themen und Personen sie künftig ihre Stammwähler - gerade auch in der Wirtschaft - wieder besser erreicht." Keitel verwies darauf, dass die FDP "die Wende durch eine klare Ansage für ordnungspolitische Prinzipien geschafft" habe.

+++ 12.20 Uhr: Die Grünen wollen an ihren drei Ministerien für Schule, Umwelt und Gesundheit festhalten. Auch wenn seine Partei leicht verloren und die SPD kräftig zugelegt habe, solle es für die Grünen bei ihrer alten Stärke im NRW-Kabinett bleiben, betonte Parteichef Sven Lehmann in Düsseldorf. Es werde sicher nicht "auf die Stelle hinter dem Komma geguckt", meinte die Vorsitzende Monika Düker.

+++ 11:50 Uhr: Kanzlerin Angela Merkel hält an Norbert Röttgen als Bundesumweltminister fest. Regierungssprecher Steffen Seibert sagte am Montag in Berlin zur Haltung der Kanzlerin: "Norbert Röttgen ist Umweltminister und hat als solcher wichtige Aufgaben zu erfüllen. Daran hat sich nach der Wahl nichts geändert."

+++ 11.36 Uhr: Die thüringische Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht (CDU) warf Norbert Röttgen mangelnde Eindeutigkeit vor und gratulierte demonstrativ der wiedergewählten SPD-Ministerpräsidentin Kraft. "Sie hat einen wirklich hervorragenden Wahlkampf gemacht", lobte Lieberknecht vor der CDU-Präsidiumssitzung am Morgen in Berlin. "Ich finde immer, die Wähler wollen vor allem eines, gerade in einer kompliziert gewordenen Welt: Eindeutigkeit." Das habe Kraft geliefert und die CDU in NRW nicht, kritisierte Lieberknecht.

+++ 11.31 Uhr: Hannelore Kraft hat das beste Erststimmenergebnis geholt. In ihrem Wahlkreis Mülheim I entfielen 59,1 Prozent der Erststimmen auf sie - fast zehn Prozentpunkte mehr als vor zwei Jahren. Das zweitbeste Ergebnis landesweit hatte Frank Börner (SPD) im Wahlkreis Duisburg IV mit 59,0 Prozent. Auf Platz drei folgt mit Innenminister Ralf Jäger ein weiteres SPD-Kabinettsmitglied: In Duisburg III schaffte er 58,4 Prozent. Das beste CDU-Ergebnis holte Volker Jung im Wahlkreis Paderborn I mit 52,2 Prozent.

+++ 11.15 Uhr: Der FDP-Wahlsieger Christian Lindner hat erneut bundespolitische Ambitionen zurückgewiesen. "Ich freue mich darauf, dass ich im Landtag als Fraktionschef arbeiten kann. Das ist eine wunderbare Aufgabe", sagte er am Montag in Berlin vor Beratungen der Parteispitzen.

+++ 10.56 Uhr: Hannelore Kraft betont: Die SPD ist erfolgreich, wenn sie ihre Ziele gemeinsam erarbeitet und im Wahlkampf nur das verspricht, was sie später auch halten kann. Die SPD in NRW habe ihre Versprechen eingehalten. Dies sei ein immenses Pfund im Wahlkampf gewesen.

+++ 10.53 Uhr: Sigmar Gabriel und Hannelore Kraft treten gemeinsam vor die Kameras. Gabriel bedankt sich bei Kraft, dass sie sie beweisen hat, dass die SPD klare Mehrheiten erringen kann. Kraft betont, dass NRW der Erfolg eines großen Teams war. Das Ergebnis werden auch nach Niedersachsen und in den Bund strahlen.

+++ 10.27 Uhr: SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles ist optimistisch, dass Rot-Grün nun auch auf Bundesebene zulegt. "Wir gehen davon aus, dass wir als rot-grünes Projekt eine klare Alternative darstellen." Union und FDP wolle man nun in den Inhalten stellen, sagte sie dem Sender Phoenix. "Druck machen in der Sache, zum Beispiel auch in der Gesundheitspolitik oder beim Mindestlohn. Das wird die Strategie in den nächsten Monaten sein", so Nahles.

+++ 10.02 Uhr: Nach der historischen Niederlage der CDU stellen die Grünen den Spitzenkandidaten der Partei, Norbert Röttgen, auch als Bundesumweltminister in Frage. Röttgen sei nun definitiv ein geschwächter Minister, sagte Grünen-Chefin Claudia Roth am Montag in Berlin. Es sei fraglich, wie jemand, der einen derartigen Misserfolg eingefahren habe, eine Herkulesaufgabe wie die Energiewende stemmen solle.

+++ 9.43 Uhr: Der frühere Linke-Vorsitzende Oskar Lafontaine hat erstmals öffentlich seine Bereitschaft zu einer erneuten Kandidatur für den Parteivorsitz signalisiert. Ob er tatsächlich seinen Hut in den Ring wirft, macht er aber vom Verlauf einer Sitzung des Bundesvorstands und der Landesparteichefs an diesem Dienstag abhängig.

+++ 9.15 Uhr: Die französische Presse hat am Montag die Niederlage der CDU als positiv für den designierten Präsidenten François Hollande gewertet. "Bundeskanzlerin Angela Merkel ist nun gegenüber Hollande geschwächt", schrieb die Wirtschaftszeitung "Les Echos". Die Wähler im bevölkerungsreichsten Land hätten ihren Sparkurs, den auch Hollande kritisiere, hart abgestraft.

+++ 8.55 Uhr: Peter Hintze, Vorsitzender der NRW-Landesgruppe in der Unionsbundestagsfraktion, will nicht CDU-Landesvorsitzender werden. Eine entsprechende Frage im ZDF-"Morgenmagazin" verneinte Hintze am Montag. Bei der Suche nach einem Nachfolger für Norbert Röttgen wolle sich die CDU einen Tag Zeit nehmen. "Wir treffen uns heute Nachmittag in der Parteiführung und wollen dann miteinander sprechen und nicht übereinander", sagte Hintze.

+++ 8.45 Uhr: CDU-Innenexperte Wolfgang Bosbach will die Stammwähler seiner Partei zurückgewinnen. Die CDU habe viele Wähler verloren, weil die Menschen enttäuscht seien von ihrer eigenen Partei, sagte Bosbach dem Bayerischen Rundfunk am Montag. "Mit dieser Enttäuschung müssen wir uns ernsthaft auseinandersetzen".

+++ 8.40 Uhr: Oskar Lafontaine ist schwer enttäuscht von der Wahlschlappe seiner Partei in Nordrhein-Westfalen. Das Abschneiden der Linken in NRW sei "beschissen", sagte Lafontaine am Montag im Deutschlandradio Kultur. Auf Bundesebene gebe es unter anderem wegen der Personaldebatten für die Linke einen deutlichen Rückgang in der Zustimmung, das schlage sich dann auch bei Wahlergebnissen in Ländern nieder, in denen die Partei traditionell nicht so stark sei.

+++ 8.37 Uhr: Die SPD erhofft sich nach dem Wahlerfolg eine Verbesserung ihrer Umfragewerte auf Bundesebene. Der SPD-Fraktionsvorsitzende im Bundestag, Frank-Walter Steinmeier, sagte im Deutschlandfunk, er sei nicht zufrieden mit den bundesweiten Umfragewerten von unter 30 Prozent. Der Wahlsieg in NRW gebe der SPD aber Rückenwind im Bund.

+++ 8.06 Uhr: FDP-Generalsekretär Patrick Döring führt das Wahlergebnis auch auf eine liberale Tradition im Land zurück. Es gebe eine starke Basis mit Hunderten von kommunalen Mandaten, sagte Döring am Montag im Deutschlandfunk.

+++ 7.31 Uhr: Der Vizechef der NRW-CDU, Armin Laschet, lässt weiter offen, ob er Nachfolger von Norbert Röttgen als CDU-Landeschef in Nordrhein-Westfalen werden will. Zunächst müssten sich alle verständigen, "wie wir es machen", sagte Laschet am Montag im WDR-Hörfunk. Zwei Namen werden für den Neuanfang der NRW-CDU gehandelt.

+++ 7.26 Uhr: Der Bundesvorsitzende der Piraten, Bernd Schlömer, sieht seine Partei nach dem Wahlerfolg in Nordrhein-Westfalen nicht mehr nur als Oppositionspartei. "Wir übernehmen mittelfristig Verantwortung für Entscheidungen und auch zum Regieren", sagte er dem "Hamburger Abendblatt".

+++ 6.15 Uhr: Das schlechte Ergebnis der CDU wird nach Einschätzung des Parteienforschers Gerd Langguth auch bundespolitische Folgen nach sich ziehen. "Für die Bundespartei ist es das Signal, dass die CDU kaum noch eine Machtperspektive hat, es sei denn, die CDU auf Bundesebene wird so stark, dass eine Regierungsbildung gegen Merkel und die CDU nicht möglich ist, es also entweder zu einer großen Koalition oder einer schwarz-grünen Koalition käme", sagte der Professor an der Universität Bonn "Handelsblatt Online". "Eine Neuauflage von Schwarz-Gelb ist hingegen sehr unwahrscheinlich."

+++5.30 Uhr: CSU-Chef Horst Seehofer hat Nobert Röttgen (CDU) kritisiert und indirekt dessen Eignung als Bundesumweltminister in Frage gestellt. "Der Wahlausgang ist für die Union eine politische Katastrophe, die mich wirklich aufwühlt. Es ist ein Desaster mit Ansage", sagte Seehofer der "Bild"-Zeitung (Montagsausgabe). Mit Blick auf Röttgens wichtigste Aufgabe als Bundesumweltminister, die Energiewende, sagte Seehofer: "Norbert Röttgen ist zuständig für eines der wichtigsten Projekte dieser Regierung. Die Menschen wollen endlich Antworten hören, wie es mit der Energiewende weitergehen soll, und sie wollen sehen, dass wir aufs Tempo drücken.

(APD/dpa/afp/rtr/sap)
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