Die Ökonomin Die Euro-Krise ist noch nicht vorbei

Die Stimmung in der Wirtschaft zum Jahreswechsel erinnert manche an die Stimmung 1913/14. Zum Schwarzmalen besteht kein Anlass, zur Euphorie allerdings auch nicht.

Westeuropas Wirtschaft blickt mit Zuversicht in das neue Jahr. Manche finden: mit gefährlich viel Zuversicht. Die britische Wirtschaftszeitung "The Economist" erinnert die aktuelle Stimmung gar an 1913/14. Damals wie heute habe große Selbstzufriedenheit geherrscht. Die Geschäftsleute seien so sehr beschäftigt gewesen, Geld zu verdienen, dass sie die schwelenden Konflikte nicht bemerkten. Einer Weltmacht, der die Kräfte schwinden — damals Großbritannien, heute die USA. Verbündete, deren Stolz größer ist als ihr Einfluss — damals Frankreich, heute Japan. Neue Wirtschaftsmächte, die mit nationalistischem Feuer spielen — damals Deutschland, heute China. Dies ebnete 1914 den Weg in den Ersten Weltkrieg. Was bringt 2014?

Die Euro-Krise ist noch nicht vorbei, wenngleich viele sie über das Rettungs-Versprechen der Europäischen Zentralbank (EZB) vergessen haben. Zypern und Portugal hängen weiter am Tropf. Griechenland dürfte 2014 um ein drittes Rettungspaket oder um einen weichen Schuldenschnitt (Verlängerung der Kreditlaufzeiten bis in die ferne Zukunft) bitten. Athens Schulden liegen bei 175 Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung. Umso bizarrer ist es, dass Griechenland zum 1. Januar die Ratspräsidentschaft und damit die Rolle des Antreibers in der Europäischen Union übernimmt.

Auch das Problem der nur noch mit Staatshilfe am Leben gehaltenen Banken ("Zombie-Banken") besteht weiter. Nicht jede Bank wird den anstehenden Stresstest bestehen und der Topf zur Sparer-schonenden Abwicklung von Banken ist noch lange nicht groß genug. Riskant bleibt die lockere Geldpolitik. Schon jetzt leiden Sparer und Lebensversicherungs-Kunden unter den Minizinsen. Die Gefahr bleibt, dass die Milliarden-Hilfe der EZB einst ihren Weg in die reale Wirtschaft finden und eine Immobilienblase platzt.

Für Panik besteht dennoch kein Grund. Irland zeigt, dass ein Land den Rettungsschirm auch wieder ablegen kann. Notenbanker und Finanzminister haben die Probleme zumindest im Blick — anders als die "Schlafwandler" (so der treffende Titel eines Bestsellers) 1914.

Fragen? Schreiben Sie der Autorin unter kolumne@rheinische-post.de

(RP)
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