Die Ökonomin Das Auto und die Grenzen des Wettbewerbs

Im Verkehr geht es nicht ohne Regeln, beim Klimaschutz auch nicht. Manchmal sind Kollektiv-Entscheidungen dem freien Wettbewerb überlegen.

Im Bonner "Haus der Geschichte" läuft in einer alten Tank-Zapfsäule ein Film, der zeigt, wie gefährlich Autofahren in den Wirtschaftswunder-Jahren war. Keine Geschwindigkeits-Begrenzung, keine Fahrbahn-Markierung, kaum Ampeln, immer mehr Autos: Die Zahl der Unfälle und Verkehrstoten stieg dramatisch. Dies zeigt eindringlich, dass Wettbewerb auch Grenzen hat. Manchmal sind Kollektiv-Entscheidungen überlegen und führen zu besseren Ergebnissen auch für jeden Einzelnen. Statt täglich auf brutale Art zu ermitteln, wer im Konkurrenzkampf der Käfer und Isetta der Stärkere war, mussten kollektiv beschlossene Verkehrsregeln her. So wurden in den 50er Jahren TÜV und Tempolimit Pflicht, in den 60ern Leitplanken und Notrufsäulen, in den 70ern Sicherheitsgurt und Promille-Grenze. Die Regeln gefielen manchen nicht, doch sie wirkten. Die Zahl der Verkehrstoten sank. Und sie könnte weiter sinken, wenn sich alle an die Regeln hielten.

Seit den 50er Jahren entwickelte sich die "Theorie der kollektiven Entscheidungen" zu einem wichtigen Feld zwischen Mathematik, Soziologie und Ökonomie. Es geht dabei um die Frage, welcher Abstimmungs-Modus zum besten Ergebnis führt. Der Nobelpreisträger Kenneth Arrow zeigte, dass es manchmal unmöglich ist, per Mehrheitsentscheidung zu eindeutigen und für alle guten Regeln zu kommen. Es geht aber auch um die Frage, wann gemeinsam gefundene Regeln dem Wettbewerb überlegen sind.

Es ist nicht überraschend, dass Arrow sich später der Umweltökonomie zuwandte. Beim Umweltschutz versagt der Markt notorisch. Das Klima gehört keinem, daher kostete seine Verschmutzung lange nichts. Nun versucht die EU, Regeln für die Belastung durch Kohlendioxid aus Neuwagen aufzustellen. Noch blockiert die Kanzlerin die vernünftige Kollektiv-Entscheidung für strenge Abgasnormen. Dabei sollte sie deutschen Herstellern ruhig zutrauen, dass sie Premiumwagen auch CO2-arm bauen können. Vielleicht geht sie mal ins "Haus der Geschichte". Dort wird auch gezeigt, wie schwarz der Himmel über der Ruhr war, bevor es kollektive beschlossene Emissionsregeln gab.

Fragen? Schreiben Sie der Autorin unter kolumne@rheinische-post.de

(RP)
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