Die Ökonomin Die Entzauberung der Schwellenländer

Länder wie Brasilien und Russland leiden unter dem Fluch der Rohstoffe und der Kapitalflucht von westlichen Anlegern. Daran kann der G 20-Gipfel heute nichts ändern.

Einst war BRICS — das von einem Goldman-Manager ersonnene Kürzel für Brasilien, Russland, Indien, China, Südafrika — ein Synonym für Erfolg. Nun stecken diese und andere Schwellenstaaten in der Krise. Auf dem heutigen Treffen der 20 großen Industrie- und Schwellenländer (G 20) fordern die Angeschlagenen Hilfe vom Westen. Ist der schuld an ihrem Absturz?

Es stimmt, dass westliche Geldpolitik viel Einfluss hat. Zunächst waren die Schwellenländer die Profiteure der ultralockeren Geldpolitik, die der Westen zur Bekämpfung der Finanzkrise fuhr. Sie zogen die Milliarden des Westens an und finanzierten ihr Wachstum auf Pump. Doch seit die US-Notenbank die geldpolitischen Zügel gestrafft hat, sind US-Staatsanleihen wieder attraktiv. Investoren ziehen Kapital aus Schwellenländern ab und schichten es in die USA um. Das Dumme: Wenn sich die Notenbanken der Schwellenländer mit Zinserhöhungen gegen diese Kapitalflucht stemmen, würgen sie die Konjunktur weiter ab. Wie sagte ihnen ein früherer US-Finanzminister? "Der Dollar ist unsere Währung und euer Problem."

Das müsste nicht sein, wenn die Schwellenländer ihre Hausaufgaben gemacht hätten. Doch viele von ihnen unterlagen dem "Fluch der Rohstoffe", den der US-Ökonom Jeffrey Sachs 1995 beschrieb. Danach ist das Wirtschaftswachstum in rohstoffreichen Staaten oft besonders gering, weil sie sich auf ihrem Reichtum ausruhen und ihre Industrie vernachlässigen. Verstärkt wird das Problem, weil der Rohstoff-Export die Währung der Schwellenländer aufwertet und ihre Industrie-Exporte verteuert. Zudem begünstigt Ressourcen-Reichtum Verteilungskämpfe und Korruption, was ein Land als Investitionsstandort unattraktiv macht, wie etwa Russland und Brasilien zeigen.

Heute wird Europa klarmachen: Weder eine Fortsetzung der lockeren Geldpolitik noch Wachstumsprogramme des Westens können den Schwellenländern auf Dauer helfen. Das müssen sie selbst tun.

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(RP)
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