Nur für Frauen – aber wirklich Gleichberechtigung? Warum der Monobob bei Olympia für Diskussionen sorgt

Düsseldorf/Peking · Der Monobob feiert ein Jahr nach Einführung als Weltserie seine Premiere bei den Olympischen Spielen. Er soll für mehr Gleichberechtigung zwischen Männern und Frauen sorgen. Dabei stehen die Athletinnen dem Wettbewerb kritisch gegenüber.

 Mariama Jamanka im Monobob.

Mariama Jamanka im Monobob.

Foto: dpa/Robert Michael

Mariama Jamanka versuchte erst gar nicht, Begeisterung vorzutäuschen. Natürlich habe sich ihre Meinung nicht geändert, sagte die deutsche Bobpilotin kurz vor den Olympischen Spielen in einer Medienrunde. Ihre Worte der Kritik wiederholte sie aber nicht, häufig genug habe sie diese geäußert. Dabei ging es nicht wie so häufig in den vergangenen Wochen um die Austragung der Spiele in Peking oder die Angst vor gefälschten Corona-Tests. Kurioserweise kritisiert sie eine Disziplin, die 2022 das erste Mal im olympischen Programm steht und ihr eine weitere Medaillenchance bietet. Im Monobob kämpfen die Frauen am Sonntag und Montag in vier Läufen um Gold, Silber und Bronze. Wirklich glücklich sind damit aber nicht alle.

„Ich bin kein Fan vom Monobob, das wird sich auch nicht ändern“, sagte Jamanka in den vergangenen Jahren immer wieder. Sie wäre auch nicht die Einzige, die das so sehen würde. Dabei wurde diese Disziplin vor einem Jahr als Weltserie in das Rahmenprogramm des Weltcups aufgenommen, um endlich für mehr Gleichberechtigung im Bobsport zu sorgen. So, wie es die Frauen immer wollten. Doch anstatt zufrieden zu sein, hagelt es Kritik. Die Einführung des Monobobs sei „eine Verschlechterung der Situation“, beschwerte sich Jamanka einmal lautstark.

Olympia-Topfavoritin Kaillie Humphries aus den USA sieht das etwas anders. Mehr Athletinnen hätten die Chance, bei Olympia dabei zu sein. Der Monobob sei einfach zu fahren und werde vom Weltverband gestellt, Nationen wie Deutschland haben plötzlich nicht mehr den großen Material-Vorteil. So sind auch Sportlerinnen aus Nationen am Start, die sonst im Bob eher keine Rolle spielen. Eine Niederländerin, eine Slowakin, eine Nigerianerin oder eine Brasilianerin werden in Peking in die Bahn gehen. „Es ist großartig zu wissen, dass Frauen mehr Chancen haben, Medaillen zu gewinnen“, sagte Humphries.

Wo liegt also das Problem? Den Frauen wie Jamanka geht es um ein höheres Ziel. Es geht um tatsächliche Gleichberechtigung der Geschlechter. Trotz einer zweiten Disziplin für die Frauen ist das Verhältnis zu den Männern noch lange nicht angeglichen. In Peking sind 124 Männer aus der Bob-Sparte dabei, bei den Frauen nur 46. Während die Jamanka, Laura Nolte und Co. nun im Einer- und im Zweierbob unterwegs sind, dürfen die Männer um Francesco Friedrich schließlich seit Jahrzehnten im Zweier- und Viererbob um die Medaillen fahren. Ein Pilot und drei Anschieber – diese Disziplin gilt als Formel 1 des Wintersports. Es werden kaum größere Geschwindigkeiten erreicht, kaum in einer anderen Sportart geht es so sehr um den perfekten Ablauf einzelner Handgriffe mehrerer Personen. Bobsport ist Teamsport.

Dies bleibt den Frauen verwehrt. „Ein Problem ist, dass man in einer Team-Sportart eine Einzeldisziplin eingeführt hat, zumindest steht es ja so auf dem Papier“, sagte Jamanka, die 2018 in Pyeongchang im Zweierbob zu Gold gefahren ist, kürzlich dem Magazin der deutschen Sporthilfe. Denn hinter einem möglichen Erfolg stünde sie nicht allein, ein gesamtes Team arbeite mit. „Meine Anschieberinnen sind also eine Woche lang nur dafür da, den Monobob zu schleppen und die Kufen in Bewegung zu bringen“, so Jamanka. Medaillen sehen diese dann aber nicht.

Auch hier hat Humphries eine pragmatische Lösung, wie es sich für eine echte Nordamerikanerin gehört, wo der individuelle Leistungsgedanke tiefer in der Gesellschaft verankert ist als anderswo auf der Welt. „Im Monobob bin ich nur für mich verantwortlich. Wenn ich einen Fehler mache, betrifft er nur mich. Andersherum bin ich diejenige, die einen großartigen Lauf heruntergebracht hat. Es geht 100 Prozent um einen selbst“, sagte sie vor den Spielen.

Aber da ist noch ein Punkt, den die Athletinnen immer wieder anmerken: Der Monobob sei ein Anfängergerät. Man würde weniger auf den Kufen fahren als rutschen, sagen sie. Zu schnell bricht das Heck aus, weil die Beifahrerin fehlt, die auf die hinteren Kufen Druck ausübt, zu leicht ist der Bob generell. „Das ist wie ein Allrad-Antrieb, bei dem man nur hinten Sommerreifen aufgezogen hat“, sagte Bundestrainer René Spieß einmal. Und die hohen Geschwindigkeiten werden so auch nicht erreicht.

Trotz einer zweiten Medaillenchance für die Sportlerinnen bei Olympischen Spielen herrscht also Unmut. Die Besten sehen ihre persönliche Entwicklung und die Bedeutung des Frauen-Bobsports stagnieren. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass jede Gleichberechtigung scheinbar etwas anders definiert.

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