„Wie ein Küken aus dem Ei“ Geiger erlöst DSV-Adler mit Bronze von der Großschanze – Lindvik siegt
Peking · Karl Geiger holt Bronze, Markus Eisenbichler wird Fünfter: Beim Sieg des Norwegers Marius Lindvik feiern die DSV-Adler eine Wiederauferstehung.

Das ist Karl Geiger
Karl Geiger hüpfte mit einem breiten Grinsen auf das Podest, richtig fassen konnte der Oberstdorfer seinen unverhofften Bronze-Coup auch bei der Siegerehrung noch nicht. "Vor zwei Tagen ging es mir richtig dreckig. Ich hatte keine Ahnung, was ich hier zu suchen habe. Und jetzt habe ich eine Medaille - das hätte ich nie gedacht", sagte der Weltcup-Spitzenreiter nach zwei Traumflügen zum eigentlich längst abgehakten Edelmetall.
Während Marius Lindvik als erster Norweger seit Toralf Engan 1964 Großschanzen-Gold holte und Japans Topstar Ryoyu Kobayashi auf Rang zwei verwies, feierte Geiger einen Tag nach seinem 29. Geburtstag eine Wiederauferstehung. "Ein Berg" sei ihm vom Herzen gefallen, sagte der Oberstdorfer, nachdem es zuletzt auch auf dem großen Bakken einfach nicht klappen wollte. Doch als es darauf ankam, war Geiger zur Stelle.
"Ich habe den Schalter im Kopf umlegen können und bin wieder bei Null gestartet. So wie ein neugeborenes Küken - aus dem Ei schlüpfen und loslegen", sagte der Skiflug-Weltmeister. In einem wahren Schanzen-Krimi lag der Bayer nach dem ersten Durchgang auf Rang sechs, ehe er noch aufholte.

Olympia 2022: Das sind die deutschen Medaillengewinner
"Es war ein Geiger-Finish, wenn man den Vergleich zu Kombinierer Vinzenz Geiger zieht", sagte Eurosport-Experte Martin Schmitt. Der entfernt mit Karl verwandte Vinzenz hatte am Mittwoch nach einem Endspurt für die Ewigkeit Gold geholt.
Und nicht nur das: Weil Ex-Weltmeister Markus Eisenbichler als Fünfter ebenfalls zu alter Stärke fand, wachsen die Hoffnungen für das Teamspringen am Montag. "Ich habe den Schalter umgelegt und einfach gesagt: Ich habe Gaudi und genieße das. Heute können wir uns ein Bierchen gönnen", sagte Eisenbichler.
Stolz war auch der Bundestrainer. "Was Karl heute gemacht hat, war original Karl Geiger. Gratulation an ihn, unglaublich. Wir sind alle völlig perplex momentan", sagte Stefan Horngacher: "Das ist eine Erlösung. Wir haben schwere Tage hinter uns, wir haben die Kurve definitiv gekriegt. Bei Olympia zählt am Ende die Medaille, die hat Karl Gott sei Dank geholt."

Der Kader der deutschen Skispringer für Olympia
Für Geiger ist es die zweite Olympia-Medaille der Karriere, vor vier Jahren hatte er Silber mit dem Team gewonnen. Im Einzel von der Normalschanze war der Oberstdorfer nicht über den 15. Rang hinausgekommen. Am Samstag aber erlöste Geiger das Team und trat in die Fußstapfen von Andreas Wellinger, der 2018 Silber geholt hatte.
Eine starke Vorstellung lieferte auch Constantin Schmid (Oberaudorf) ab, der als 14. seine Nominierung für den Teamwettkampf sicherte. Der 31 Jahre alte Pius Paschke (Kiefersfelden) landete bei seinem Olympia-Debüt auf dem 28. Rang und muss am Sonntag im Training gegen Stephan Leyhe (Willingen) um den vierten Startplatz kämpfen.
Eine erneute Medaille ist dann durchaus möglich. "Das Team ist das Wichtigste, das war schon vor Olympia meine Devise", sagte Eisenbichler. Vor vier Jahren hatte das DSV-Quartett Silber, vor acht Jahren sogar Gold gewonnen - diese Serie soll nun fortgesetzt werden.