Maas muss schlichten Streit zwischen Griechenland und Türkei spitzt sich zu

Istanbul/Athen · Patrouillierende Kriegsschiffe und sogar eine Kollision: Der Streit um Gasvorkommen zwischen den Nato-Alliierten Griechenland und Türkei spitzt sich gefährlich zu. Kann Deutschland vermitteln?

 Außenminister Heiko Maas bei einer Pressekonferenz.

Außenminister Heiko Maas bei einer Pressekonferenz.

Foto: dpa/Bernd von Jutrczenka

Die Mission von Heiko Maas in Athen und Ankara könnte kaum schwieriger sein: Nach einer besorgniserregenden Eskalation im Streit um Erdgas im östlichen Mittelmeer will der deutsche Außenminister an diesem Dienstag direkte Gespräche zwischen den Konfliktparteien vermitteln. Zeigen sich der griechische Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis und der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu offen für die deutschen Bemühungen? Zuletzt standen die Zeichen eher auf Sturm. Fragen und Antworten zum Gasstreit im Überblick:

Um was geht es bei dem Konflikt?

Die Türkei und Griechenland streiten sich um die Grenzen von Seegebieten und vor allem darum, wer wo im östlichen Mittelmeer Erdgas fördern darf. Das türkische Forschungsschiff „Oruc Reis“ erkundet derzeit begleitet von Kriegsschiffen mögliche Vorkommen südlich der türkischen Küste. Ankara argumentiert, dass das Gebiet zum Festlandsockel der Türkei gehöre. Der Türkei sind aber die griechischen Inseln Rhodos und Kastelorizo vorgelagert, weshalb Griechenland das Seegebiet für sich beansprucht. Einen ähnlichen Konflikt gibt es um die Insel Zypern, vor deren Küste schon reiche Erdgasvorkommen entdeckt wurden.

Warum sind die Seegebietsgrenzen umstritten?

Die Türkei und Griechenland vertreten unterschiedliche Rechtsauffassungen, wenn es um die Anerkennung, Inanspruchnahme und
Abgrenzung von Seegebieten geht. Streitpunkt ist dabei vor allem die Frage, welche Gebietsansprüche sich aus dem Besitz von Inseln ableiten lassen. Beide Seiten provozierten sich zuletzt damit, dass sie ohne Einbeziehung des jeweils anderen Seegebietsgrenzen einfach festlegten. Die Türkei schloss dazu ein Abkommen mit der Regierung in Libyen ab, Griechenland wiederum mit Ägypten.

Könnte es zu einem militärischen Konflikt zwischen Athen und Ankara kommen?

Das ist nicht ausgeschlossen. Die Gemüter sind erhitzt und die Situation sehr angespannt - so kam es jüngst schon zu einem Zusammenstoß zwischen einem türkischen und einem griechischen Kriegsschiff. Einen Krieg können sich aber beide Länder eigentlich nicht leisten. Die türkische Wirtschaft ist ohnehin schon angeschlagen - ein Zustand, der sich durch die Corona-Pandemie noch verschärft hat. Eine militärische Auseinandersetzung mit Griechenland würde die türkische Lira wohl weiter auf Talfahrt schicken. Auch Griechenland kommt gerade aus einer schweren Finanzkrise. Die Corona-Krise hat auch ihren wichtigsten Wirtschaftsbereich, den Tourismus, schwer getroffen.

Welche Rolle spielt die EU?

Die EU steckt in dem Konflikt in einer schwierigen Situation. Auf der einen Seite will sie Griechenland und dem ebenfalls betroffenen EU-Mitglied Zypern Beistand leisten. Auf der anderen Seite befürchten etliche Mitgliedstaaten negative Auswirkungen auf die Zusammenarbeit in der Flüchtlingspolitik. Die EU ist bei der Eindämmung der illegalen Migration auf die Zusammenarbeit mit Ankara angewiesen. Bislang reagierte die EU daher nur mit verhaltenen Sanktionen, die der Türkei nicht wirklich wehgetan haben. Denkbar wären schärfere Maßnahmen, zum Beispiel die Zollunion mit der Türkei auszusetzen. Die dürften aber nur offen diskutiert werden, wenn die aktuellen deutschen Vermittlungsbemühungen nicht fruchten.

Wie könnte der Konflikt beigelegt werden?

Vermutlich nur über direkte Verhandlungen zwischen den Konfliktparteien und einer daraus resultierenden einvernehmlichen Festlegung von Seegebietsgrenzen. Theoretisch wäre auch eine Streitbeilegung vor dem Internationalen Gerichtshof denkbar - dies würde aber auch nur dann funktionieren, wenn alle Parteien sich damit einverstanden erklären.

(cpas/dpa)
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