Ständehaus-Treff mit Friedrich Merz „Wir sind doch nicht in der DDR“

Düsseldorf · Friedrich Merz hält nichts von Vorschlägen, dass sich die Kandidaten für den CDU-Vorsitz vorab einigen könnten. Beim Ständehaus-Treff der Rheinischen Post gab er außerdem Einblicke in sein zwischenzeitlich stark belastetes Verhältnis zu Kanzlerin Merkel. Eine Absage des Karnevals hält er für verfrüht.

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Der erste Ständehaus-Treff in der Düsseldorfer Arena

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Foto: Bretz, Andreas (abr)

Im Innenraum der Merkur Spiel-Arena, dort, wo sonst die Fortuna kickt, stehen am Montagabend festlich gedeckte Tische für 500 Personen – in gebührendem Sicherheitsabstand. Der Ständehaus-Treff war coronabedingt aus dem Gebäude des alten Landtags in die Arena verlegt worden. Dort machten sich die Gäste ein Bild von der Kanzlertauglichkeit von Friedrich Merz, der sich eine gute Stunde den Fragen von RP-Chefredakteur Moritz Döbler stellte. Seinen ersten Auftritt in diesem Format hatte Merz bereits 2003, kurz nachdem er den Unionsfraktionsvorsitz an Angela Merkel hatte abgeben müssen.

Der Kandidat kam gut gelaunt, braun gebrannt und angriffslustig an, um seinen Führungsanspruch zu untermauern. Einen vorzeitigen Rückzug aus dem Rennen um die CDU-Spitze schloss er kategorisch aus. „Ich habe nichts dagegen, wenn einer von beiden Mitbewerbern oder gar beide nicht kandidieren“, frotzelte er. „Warum sollte die CDU die Wahl einvernehmlich regeln? Wir lassen ja auch die Kommunalwahl nicht ausfallen“, sagte Merz. Wenn ihm mal jemand gesagt hätte, wie das Team aussehen solle, hätte man darüber reden können, betonte er. „Team war immer das Synonym für: Merz soll aufhören“, kritisierte er. Eine Lösung, bei der sich die Kontrahenten noch vor dem Parteitag einigten habe Hinterzimmer-Charakter. „Wir sind doch nicht in der DDR“, sagte Merz.

Rückblickend auf seinen ersten Anlauf um das Amt des CDU-Chefs vor zwei Jahren sagte er: „Ich habe 2018 innerhalb von fünf Wochen 48 Prozent der Stimmen auf dem Bundesparteitag bekommen – von Delegierten, die ich noch zu zehn Prozent kannte. Hätte ich 35 Prozent bekommen, wäre ich heute Abend nicht hier.“

Es sei eine faire Auseinandersetzung gewesen. „Wir haben mit den Regionalkonferenzen eine unglaubliche Dynamik und Stimmung ausgelöst.“ Das habe er mit Kramp-Karrenbauer fortgesetzt. „Ich war überrascht, als sie im Februar aufgab. Ich habe einige Tage überlegt und dann gesagt: Ich mach das noch mal.“

Mit Blick auf die Diskussion um eine mögliche Verschiebung des CDU-Parteitags positionierte sich der Kandidat klar. Personalentscheidungen von einer solchen Tragweite müssten – wenn es irgendwie geht – auf Präsenz-Parteitagen stattfinden. „Wenn Tim Bendzko ein großes Konzert mit 1500 Gästen machen kann, dann müssen wir mit 1000 Delegierten auch einen Bundesparteitag der CDU Deutschlands hinbekommen.“

Noch ist nicht abzusehen, ob die Pandemie den Kandidaten nicht noch einen Strich durch die Rechnung macht. Auch NRW-Ministerpräsident Armin Laschet verbreitete am Montag bei einem Auftritt im schleswig-holsteinischen Hemmingstedt Zuversicht: „Wir haben im Präsidium besprochen, dass der Bundesparteitag im Dezember verkürzt stattfindet unter Corona-Bedingungen. Ob das so ist, wird das aktuelle Corona-Geschehen Ende November/Anfang Dezember bestimmen“, sagte er.

Am Tag zuvor hatte die scheidende CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer gesagt: „Im schlimmsten Fall einer zweiten großen Pandemiewelle bleibt der Vorstand geschäftsführend so lange im Amt, bis der Parteitag einberufen werden kann.“

Merz gab Einblicke in sein zwischenzeitlich stark belastetes Verhältnis zu Bundeskanzlerin Angela Merkel. Er tausche sich inzwischen alle drei bis vier Wochen mit ihr aus. „Wir reden über Themen, wir reden nicht über Personal. Sie hat ein hohes Interesse an Themen, die mich auch interessieren.“ Sie sei an seiner Meinung interessiert und er an ihrer. Merz bescheinigte Merkel „unglaublich gute Nerven und auch Durchhaltevermögen“.

Merz warnte in der Karnevalshochburg Düsseldorf davor, bereits heute die Session komplett abzusagen. „Jetzt im August 2020 zu sagen, wir müssen Karneval im Februar 2021 absagen, finde ich etwas vorschnell. Es würde reichen, wenn man das zum Jahresende sagt“, betonte er. Bezogen auf bisherige Forderungen nach einer Absage, erklärte Merz, er habe da ein gewisses Störgefühl. Als jemand, der eher Schützenfeste als Karneval mag, wünsche er sich, „dass diese großen Volksfeste, wenn eben möglich, wieder stattfinden können“.

Merz gab auch private Einblicke, sprach beispielsweise auch über seine Covid-19-Erkrankung. Seine Frau und er hätten einen leichten Verlauf gehabt. „Wir hatten beide das Gefühl, dass unsere Geruchs- und Geschmackssinne etwas eingeschränkt waren.“ Beim Sport habe er gemerkt, dass er nicht mehr so leistungsfähig war. „Das hat nachgewirkt.“

Die 14 Tage Quarantäne seien nicht dramatisch gewesen. „Ich war der einzige, der Skat spielen konnte. Dann habe ich meiner Frau und meiner jüngsten Tochter das Skatspielen beigebracht.“ Seine Abiturnote wollte er sich nicht entlocken lassen. „Das habe ich selbst meinen Kindern nicht gesagt. Ich habe Abitur – aber mehr auch nicht.“

(RP)
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