Einbringung des Gesetzes verschoben Ampel zerlegt sich im Streit um Heizungsgesetz

Berlin · Die umstrittenen Heizungspläne von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) verzögern sich. Weil es keine Verständigung mit der FDP gab, befasst sich der Bundestag in dieser Sitzungswoche nicht mit dem Entwurf. Die Stimmung in der Koalition ist gereizt. Warum jeder auf jeden sauer ist.

 Die Pläne von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) sorgen für Zoff in der Koalition.

Die Pläne von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) sorgen für Zoff in der Koalition.

Foto: dpa/Wolfgang Kumm

Manchmal läuft in der Politik alles auf einen bestimmten Zeitpunkt zu. Einen Kulminationspunkt sozusagen. Am Dienstag war es dann soweit: Im koalitionsinternen Streit zwischen SPD, FDP und Grünen über das Heizungsgesetz eskalierte die Lage. Zumindest ein wenig.

SPD und Grüne wollten den umstrittenen Entwurf des Gebäudeenergiegesetzes aus dem Ministerium von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) in dieser Woche in erster Lesung in den Bundestag einbringen, um eine endgültige Verabschiedung noch vor der Sommerpause zu ermöglichen. Die FDP meldete jedoch noch Klärungsbedarf an und lehnte es ab, mit dem parlamentarischen Verfahren zu beginnen. Der Ton verschärfte sich in der Koalition am Dienstag dann deutlich.

Habeck warf der FDP daraufhin eine Aufkündigung von Vereinbarungen vor. Es handle sich aus seiner Sicht um einen „Wortbruch“ gegenüber der Abmachung, die Vertreter von SPD, Grünen und FDP Ende März im Koalitionsausschuss getroffen hätten, sagte der Grünen-Politiker in Berlin. „Da steht klar drin: Wir wollen diesen Prozess vor der parlamentarischen Sommerpause abgeschlossen haben. Das wird jetzt mit der Verschiebung nicht mehr möglich sein“, so Habeck. „Und ich nehme zur Kenntnis, dass die FDP sich nicht an das gegebene Wort hält an dieser Stelle.“

FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai wies den Vorwurf gegenüber unserer Redaktion umgehend zurück. „Was heißt hier Wortbruch? Es geht darum, dass schlechte Gesetze nicht gemacht werden sollten“, sagte er und ergänzte: „Da geht es um die Glaubwürdigkeit auch einer Bundesregierung.“ Es sei jetzt „absolut notwendig, sachlich und nüchtern, über die Defizite dieses Gesetzes zu sprechen“, erklärte Djir-Sarai. Auch Minister Habeck müsse sich nun Gedanken machen, „ob das, was jetzt vorliegt, der richtig Weg ist. Ich bin davon nicht überzeugt“, so der Generalsekretär.

FDP-Parteivize Wolfgang Kubicki ergänzte: „Es gab keinen Blankoscheck für irgendeinen Gesetzentwurf aus dem Hause Habeck.“ Er könne dem Minister nur raten in den Koalitionsvertrag zu schauen. „Dass das Murks ist, was vorgelegt worden ist, ist mittlerweile völlig unbestritten.“ Hinsichtlich Habecks Vorwurf, die FDP begehe Wortbruch, sagte Kubicki: „Ich bin für die Wortwahl von Robert Habeck nicht verantwortlich.“ Aber man werde aus dem Gesetz jetzt ein gutes Gesetz machen. „Es dauert nur ein bisschen“, so Kubicki.

Die SPD versuchte zu beruhigen. Anders als Habeck zeigte sich SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich zuversichtlich, dass der Zeitplan bis zum Inkrafttreten des Heizungsgesetzes doch noch eingehalten werden kann. Wenn der Entwurf in der nächsten Sitzungswoche in erster Lesung behandelt werde, könne er bis zur Sommerpause beschlossen werden. Eine Befassung im Bundesrat wäre dann laut Mützenich im September möglich.

Oppositionsführer Friedrich Merz wiederum forderte ein Machtwort von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD). „Das Beste wäre, der Bundeskanzler würde von seiner Richtlinienkompetenz Gebrauch machen und dieses Gesetz zurückziehen“, sagte der CDU-Chef. Dem Bundeskanzler warf Merz Führungsschwäche vor.

CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt riet den Koalitionsparteien gar, angesichts des Streits um das Gesetz die Koalition als Ganzes auf den Prüfstand zu stellen. „Vielleicht wäre es klüger, die richtigen Schlüsse zu ziehen und diese vermeintliche Zusammenarbeit zu beenden“, meinte der CSU-Politiker. Mario Czaja, CDU-Generalskretär, rief daraufhin SPD und FDP prompt zur Kooperation auf. Czaja sagte unserer Redaktion: „Wer den Menschen jetzt Planungssicherheit geben möchte, schließt sich uns an. Unser Angebot steht – SPD und FDP haben es in der Hand.“ Er ergänzte: „Die Union hat ein Konzept für klimafreundliches Heizen, mit Anreizen statt Verboten. Ohne Brechstange und ohne die soziale Kälte der Grünen.“

DIW-Präsident Marcel Fratzscher warnte die Ampel-Koalition unterdessen vor negativen Folgen für Wirtschaft und Gesellschaft. „Das Vor und Zurück beim Heizungsgesetz gefährdet nicht nur den Erfolg des Gesetzesvorhabens, sondern auch die Unterstützung der Bürger für dringend notwendige Maßnahmen zum Schutz von Klima und Umwelt“, sagte Fratzscher unserer Redaktion. „Damit entsteht Deutschland ein erheblicher wirtschaftlicher Schaden, durch den ultimativ viele Arbeitsplätze auf dem Spiel stehen.“ Die Bundesregierung mache keine schlechte Politik, „sondern ihr Problem ist ihre interne Zerstrittenheit und der fehlende Wille der Koalitionspartner, gegebene Versprechen zu erfüllen“. Die interne Zerstrittenheit lähme die Handlungsfähigkeit der Ampel „und schädigt das Vertrauen der Menschen in die Bundesregierung“, ergänzte Fratzscher.

Der Deutsche Städte- und Gemeindebund begrüßte dagegen die Verschiebung. „Bei einem so wichtigen Vorhaben, das alle Menschen in Deutschland gravierend betrifft, muss im Gesetzgebungsverfahren der Grundsatz gelten: Lieber etwas langsamer und richtig als schnell und falsch“, sagte Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg unserer Redaktion. „Der bisherige Entwurf ist in der Umsetzung fraglich, berücksichtigt die vorhandenen Ressourcen sowohl bei den Menschen als auch bei der Heizungsindustrie nicht ausreichend und ist noch nicht abgestimmt mit der kommunalen Wärmeplanung“, betonte Landsberg.

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