Kompromiss gefunden Ampel-Fraktionen beenden Streit über Einbürgerung und Abschiebung
Die Ampel-Fraktionen haben sich auf einen Kompromiss zu zwei Gesetzentwürfen für schnellere Einbürgerungen und erleichterte Abschiebungen geeinigt. Das geht aus einer knappen gemeinsamen Erklärung der Bundestagsfraktionen von SPD, Grünen und FDP hervor, die am Mittwoch veröffentlicht wurde.
In der Erklärung heißt es: „Die Koalitionsfraktionen haben in konstruktiven Verhandlungen bei wichtigen Gesetzesvorhaben eine Einigung erzielt, die einer modernen Einwanderungsgesellschaft und den Prinzipien von Humanität und Ordnung gerecht werden.“ Sowohl die Reform des Staatsangehörigkeitsrechts als auch das Gesetz „zur Verbesserung der Rückführungen“ könnten damit im Januar im Bundestag beschlossen werden.
Die beiden Vorhaben waren in der letzten Sitzungswoche vor Weihnachten nicht wie ursprünglich geplant zur abschließenden Beratung und Abstimmung auf die Tagesordnung gesetzt worden, weil vor allem die Grünen noch Nachbesserungen wollten, die von der FDP abgelehnt wurden.
Zuwanderer sollen laut dem Gesetzentwurf der Bundesregierung künftig nach fünf Jahren Aufenthalt in Deutschland Staatsbürger werden können, vorausgesetzt sie können ihren Lebensunterhalt ohne staatliche Hilfe bestreiten. Bisher müssen sie mindestens acht Jahre im Land leben. Bei guten Leistungen in Schule oder Job, guten Sprachkenntnissen oder ehrenamtlichem Engagement soll die Einbürgerung schon nach drei Jahren möglich sein. Wer einen deutschen Pass haben möchte, soll den alten dafür nicht mehr aufgeben müssen. Das gilt jetzt schon für EU-Bürger und einige Sonderfälle, aber beispielsweise nicht für Menschen aus der Türkei.
Mit Verfahrensvereinfachungen will die Ampel außerdem dafür sorgen, dass Abschiebungen nicht mehr so oft im letzten Moment scheitern, etwa weil die Betroffenen nicht auffindbar sind. Die Höchstdauer des Ausreisegewahrsams soll dafür von bislang zehn Tagen auf 28 Tage verlängert werden. Behördenvertreter sollen in Gemeinschaftsunterkünften auch andere Räume als das Zimmer des Abzuschiebenden betreten dürfen.
Die Grünen und Abgeordnete der SPD-Fraktion hatten Ausnahmeregelungen gefordert, damit Behinderte und Menschen, die unverschuldet arbeitslos geworden sind, auch dann eingebürgert werden könnten, wenn sie Sozialleistungen in Anspruch nehmen. Außerdem war diskutiert worden, ob Menschen, die in Abschiebehaft oder Ausreisegewahrsam kommen, automatisch kostenfrei ein Pflichtverteidiger an die Seite gestellt werden sollte. Auch die ausgeweitete Betretungserlaubnis für die Abholung eines abzuschiebenden Menschen stieß bei den Grünen auf Kritik.
„Bei der Reform der gesetzlichen Regelungen zu Rückführungen mussten wir durchaus schmerzhafte Kompromisse eingehen, die auch neue Härten für die betroffene Menschen bedeuten können“, räumte der stellvertretende Vorsitzende der Grünen-Fraktion, Konstantin von Notz, am Mittwoch ein. „Gleichzeitig konnten wir als Grüne an gleich mehreren, zentralen Stellen des Gesetzes Nachbesserungen im Sinne guter, rechtsstaatlicher Standards erreichen“, fügte er hinzu.
Beim Anspruch auf Einbürgerung werde es keine Ausnahmen geben, hieß es aus Koalitionskreisen. „Aber es wird weiterhin möglich sein, dass Personen mit Behinderungen oder andere Menschen, die es schwer haben, ihren Lebensunterhalt selber zu verdienen über die Härtefallklausel im Ermessen eingebürgert werden“, sagte die FDP-Innenpolitikerin Ann-Veruschka Jurisch.
Bei Abschiebungen oder Ausreisegewahrsam solle es dann, wenn es im betreffenden Fall noch keinen Rechtsbeistand gab, ein Rechtsanwalt beigeordnet werden. Dies solle allerdings erst geschehen, wenn der Betreffende in Gewahrsam beziehungsweise in Haft genommen worden sei.
Dass in Zukunft jeder Mensch in einer solchen Situation „eine fachlich fundierte rechtliche Beratung an die Seite gestellt bekommt“ sei ein essenzieller Schritt zur Verbesserung der Rechtsstaatlichkeit der Verfahren, sagte von Notz. Die Koalitionäre hätten sich zudem gemeinsam auf eine gesetzliche Regelung verständigt, die eindeutig klarstelle, dass die Seenotrettung von Geflüchteten auch in Zukunft nicht kriminalisiert werde.