Xantens Bürgermeister Görtz zum Haushalt „Die Leidtragenden sind die Bürger“

Xanten · Der Rat der Stadt Xanten hat den Haushaltsentwurf der Verwaltung abgelehnt. Bürgermeister Görtz erklärt die Konsequenzen und sagt, wie es nun weitergeht.

 Bürgermeister Thomas Görtz (Archiv).

Bürgermeister Thomas Görtz (Archiv).

Foto: Fischer, Armin (arfi)/Fischer, Armin (afi)

Am Dienstagabend war Bürgermeister Thomas Görtz (CDU) sichtlich enttäuscht. Der Stadtrat hatte zahlreiche Änderungen im Haushaltsentwurf der Verwaltung durchgesetzt und trotzdem den Etat abgelehnt. Görtz kritisiert nun seine eigene Fraktion, aber auch die SPD. Und der Bürgermeister kündigt an, dass er bis spätestens zur Sommerpause einen beschlossenen Haushalt erreichen möchte.

Herr Görtz, woran ist der Haushalt gescheitert?

Thomas Görtz Die CDU-Fraktion hat kurzfristig einen Antrag gestellt, die Planungskosten für die Mehrfachturnhalle von 50.000 Euro ins nächste Jahr zu verschieben. Dieser Antrag kam für alle überraschend. Niemand konnte sich damit auseinandersetzen. Daraufhin hat sich in der Sitzung eine politische Eigendynamik entwickelt. Das ist schade, weil die Leidtragenden die Bürger sind. So können zum Beispiel Vereinszuschüsse nicht ausgezahlt werden oder Projekte verzögern sich. Ich denke, die Bürger möchten solche politischen Spielchen nicht, sie möchten verlässliche, an der Sache orientierte Entscheidungen. Die Ratssitzung war keine Werbung für die Kommunalpolitik in unserer Stadt.

Die SPD hatte vorher deutlich gemacht: Sie will die Mehrfachturnhalle und macht davon abhängig, ob sie den Haushalt ablehnt oder nicht. Dann sollte es plötzlich einen Sperrvermerk für die Planungskosten geben.

Görtz Das ist richtig, aber der Sperrvermerk bedeutet ja nicht das „Aus“ für die Mehrfachturnhalle. Ich hätte mich gefreut, wenn die SPD gesagt hätte: Okay, das ist für uns zwar eine rote Linie, aber wir sehen das Gesamtinteresse der Stadt und übernehmen Verantwortung für den Haushalt, zumal die 50.000 Euro dann doch nicht ins nächste Jahr geschoben worden sind, sondern nur mit einem Sperrverkehr versehen wurden. Wenn die CDU die Schmerzgrenze der SPD austesten wollte, ist der Schuss am Ende für alle nach hinten losgegangen.

War es abzusehen, dass der Haushalt abgelehnt wird?

Görtz Ich war bis Dienstagmorgen optimistisch, dass wir eine knappe Mehrheit für den Haushalt bekommen – bis ich von dem Antrag der CDU-Fraktion zur Mehrfachturnhalle gehört habe. Ich habe geahnt, dass sich die SPD dadurch provoziert fühlt und welcher Mechanismus dadurch in Gang gesetzt werden kann. Ich kann nicht verstehen, warum die CDU-Fraktion auf den letzten Metern vor der Haushaltsverabschiedung Rat und Verwaltung mit diesem Antrag überrumpelt. Sie hatte in den vergangenen Wochen zahlreiche Beratungen zum Haushalt. Dieser Antrag ist vorher nie besprochen worden, erst in der Fraktionssitzung einen Tag vor der Ratssitzung. Es hatte niemand mehr die Chance, sich damit auseinanderzusetzen.

Anderseits hat die CDU wochenlang gesagt, dass sie keinen Spielraum mehr für größere Investitionen sieht.

Görtz Ja, das hat sie, wobei ich diese Einschätzung nicht vollständig teile. Worum ging es denn bei dem betreffenden Haushaltsansatz? Nicht um die Entscheidung zu bauen, sondern um 50.000 Euro für Planungskosten. Diese hat die Verwaltung in den Haushalt aufgenommen, weil sie dazu einen Auftrag des Rates hatte. Es gab im Herbst 2018 einstimmige Beschlüsse des Schulausschusses, des Hauptausschusses und des Rates: Die CDU hat diese Beschlüsse einstimmig mitgetragen. Damit ist noch nicht die Entscheidung gefallen, diese Halle zu bauen. Es ging um eine Planung und Kostenschätzung als Grundlage für die spätere Entscheidung im Stadtrat, ob wir tatsächlich bauen, wenn ja in welcher Größe.

Eine Turnhalle würde aber mehrere Millionen Euro kosten.

Görtz Wir haben aber kaum eine andere Wahl: Es gibt von der Verwaltung und von allen Schulleitungen die klare fachliche Einschätzung, dass wir den Schulsport mit unseren aktuellen Hallenkapazitäten nicht mehr ordentlich abdecken können. Da sind wir in der Pflicht. Schulsport in vorgeschriebenem Umfang ist eine Pflichtaufgabe, der wir als Schulträger nachkommen müssen. Es gibt also Gründe, die für eine Mehrfachturnhalle sprechen. Und nun stellt die CDU-Fraktion notwendige Vorarbeiten für ein so wichtiges Thema kurzfristig wieder infrage, obwohl sie vor einem halben Jahr den Planungskosten zugestimmt hat. Das ist für mich nicht verlässlich. Man muss zu seinen eigenen Beschlüssen stehen.

Sie sind der Bürgermeister. Hätten Sie eine Mehrheit für den Haushalt organisieren müssen?

Görtz Das habe ich bis zum Schluss versucht. Es wäre mir wohl auch gelungen. Die SPD hatte im Vorfeld signalisiert, dass sie zumindest nicht gegen den Haushalt stimmt. Dann hätten wir wahrscheinlich eine rechnerische Mehrheit gehabt. Dieses Modell stand bis Montagabend. Dann hat die CDU-Fraktion ohne Not mit diesem Antrag alle anderen kurz vor Toresschluss irritiert und verunsichert. Ich hätte mir aber gewünscht, dass die SPD sich dadurch nicht von ihrer konstruktiven Linie, mitgestalten und mit Verantwortung zu übernehmen, hätte abbringen lassen.

Welche Konsequenzen hat die Ablehnung für den Bürger?

Görtz Das müssen wir uns in Ruhe anschauen. Wir gehen gerade die einzelnen Positionen im Haushalt durch. Die Regel ist: Wir müssen bezahlen, wozu wir gesetzlich und vertraglich verpflichtet sind. Es wird aber freiwillige Leistungen geben, zum Beispiel Zuschüsse an die Vereine, die wir im Moment nicht auszahlen dürfen. Das wird der eine oder andere Verein spüren. Wir können aber auch mit bestimmten Maßnahmen für die Schulen noch nicht starten. Gerne hätten wir die Planung und die Ausschreibungen für die Erweiterung der Grundschule Lüttingen, die von fast allen Parteien politisch gewollt ist, sofort nach dem Ratsbeschluss auf den Weg gebracht. Das verzögert sich nun und ist ärgerlich.

Was ist mit der Kurparkeröffnung im Mai?

Görtz Ich gehe davon aus, dass wir die Kurparkeröffnung machen, weil die Organisation bei der Tourist Information Xanten liegt. Den städtischen Zuschuss dafür dürfen wir zwar aktuell nicht auszahlen, aber die TIX kann in Vorleistung treten und bekommt das Geld dann später von der Stadt zurück. Der Zuschuss für die Kurparkeröffnung war vor der Abstimmung über den gesamten Haushalt politisch schon beschlossen. Deshalb gehe ich davon aus, dass wir die 15.000 Euro auszahlen können, sobald auch der Haushalt beschlossen ist.

 12.10.2018, XA Xanten , Drohnenfoto SchulgelŠnde Gesamtschule Xanten-Sonsbeck an der Heinrich-Lensing-Stra§e.

Heinrich-Lensing-Stra§e unten, nicht im Bild.

12.10.2018, XA Xanten , Drohnenfoto SchulgelŠnde Gesamtschule Xanten-Sonsbeck an der Heinrich-Lensing-Stra§e. Heinrich-Lensing-Stra§e unten, nicht im Bild.

Foto: Christoph Reichwein (crei)

Wie geht es jetzt weiter?

Görtz Wir haben am Mittwochmorgen direkt Kontakt zur Finanzaufsicht des Kreises Wesel aufgenommen und klären, ob noch einmal alle Ausschüsse den überarbeiteten Haushaltsentwurf beraten müssen oder ob wir den neuen Haushaltsentwurf in einem beschleunigten Verfahren beschließen können. Letztlich geht es nur um zwei Änderungen: Der Sperrvermerk für die Planungskosten der Mehrfachturnhalle soll wieder entfernt und die Regelungen in der Haushaltssatzung zur gegenseitigen Deckungsfähigkeit geändert werden. Das betrifft die Bezirks- und Fachausschüsse nicht. Der Kreis Wesel muss entscheiden, ob die Ausschüsse trotzdem angehört werden müssen. Mein Ziel ist es, dass wir spätestens bis zur Sommerpause im Juli einen beschlossenen Haushalt haben. Vielleicht klappt es aber auch schon bis Mai.

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