Haus Eifgen Sonnenscheinrock im regnerischen Herbst

Wermelskirchen · Die Musik, die am verregneten Mittwochabend im Haus Eifgen erklang, passte eigentlich so gar nicht zum Herbst, der auch Wermelskirchen fest im Griff hat. Viel zu sonnig war das, was man da zu hören bekam.

 Jay Ottaway und seine Band „The Lost Boys“ machten auf ihrer Tour Station in Wermelskirchen.

Jay Ottaway und seine Band „The Lost Boys“ machten auf ihrer Tour Station in Wermelskirchen.

Foto: RP/Band

Jay Ottaway & The Lost Boys – namentlich Guido Lehmann an der Gitarre und der Steel Harp, Bassist Henrik Herzmann und Toby Sauter am Schlagzeug - brachten die wohl uramerikanischste Variante der Gitarrenmusik nach Wermelskirchen: Einen Sound, den Bands wie die Eagles perfektioniert hatten und der von Ottaway und seinen Kölner Mitmusikern jedoch ein gutes Stück rauer und leidenschaftlicher präsentiert wurde. Etwa bei „Without You“, das nicht nur ein wenig an den Singer-Songwriter Ryan Adams erinnerte, sondern im Finale schon recht früh am Abend eine geradezu entfesselt aufspielende Band präsentierte. Oder beim melancholischen „The Raven“, bei dem Lehmann mit der Slide-Guitar für einen der zahlreichen Eagles-Momente des Abends sorgte.

Ansonsten waren Songs wie das fröhliche „Let It Shine“ bestes Futter für melodiehungrigen Ohren, deren Appetit auch durch die zahlreichen Harmoniegesänge, an denen sich Sauter und Lehmann stimmgewaltig beteiligten, gestillt wurde. Das fanden die gut 30 Zuhörer dann auch richtig gut, wie sich am begeisterten Applaus nach jedem Song zeigte. Und das sowohl bei den eigenen Songs, als auch bei den geschickt eingestreuten Coverversionen, wie etwa dem mit einem Edel-Gitarrensolo von Lehmann versehenen „Can‘t Find My Home“ von Steve Winwood.

Jay Ottaway und seine Jungs hatten sichtlich Spaß mitgebracht. Das zeigte sich etwa, als er zu einem Song Haus-Eifgen-Hoforganist Michael Dierks auf die Bühne und an die Orgel bat: „Spielen wir doch mal was von Robert Zimmermann“, nuschelte der Amerikaner in seinem an sich sehr guten Deutsch. Damit meinte er aber weder den deutschen Maler des 19. Jahrhunderts noch den Radrennfahrer aus der Schweiz, sondern natürlich den großen Bob Dylan. Dessen „You Ain‘t Goin‘ Nowhere“ bekam nicht nur durch die wummernde Orgel eine ganz besondere Note verpasst, sondern auch durch den einschmeichelnden Harmoniegesang und den Stadion-Mitsingpart am Ende, der einen mal eben aus der Wohnstube im Haus Eifgen in ungleich größere Lokalitäten versetzte.

Auch das wuchtige Schlagzeugspiel Sauters, der teils derbe auf die Felle eindrosch, sowie das phantasievolle Gitarrenspiel Lehmanns, waren durchaus bereit für höhere Weihen. Ansonsten war dieser Sound, den die vier Musiker da hingebungsvoll zelebrierten, eher für das launig-sommerliche Grillfest in Süd-Kalifornien gedacht, als für verregnete Herbstabende im Bergischen.Aber, und das war fraglos eine der magischen Eigenschaften, die Musik beim phantasiebegabten Zuhörer bewirken konnte, wenn man die Augen schloss, wenn man sich ein wenig fallen lassen konnte, dann merkte man, wie die plötzlich aufgegangene Sonne die Haut wärmte. Und wenn diese prima eingespielte Combo dann ihren Mix aus Country, Westküsten-Rock und einer Prise Blues präsentierte, etwa in dem großartigen „Sweet Revenge“ von John Prine, und dann noch einen quirligen Shuffle-Beat, wie in „Dirty Moon“, dann war man sofort bereit, dem Quartett so etwas wie Sonnenscheingarantie auszustellen.

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