Brandanschlag in Solingen Gedenk-Stelen geben Opfern Gesichter

Solingen · Porträt-Tafeln werden künftig an die Opfer des Solinger Brandanschlags erinnern. Zum 30. Jahrestag soll neben Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier auch der türkische Außenminister Mevlüt Çavusoglu kommen.

Die Stelen porträtieren die Opfer und ihre Lebenssituation vor dem Brandanschlag.

Die Stelen porträtieren die Opfer und ihre Lebenssituation vor dem Brandanschlag.

Foto: Peter Meuter

Zwei Wünsche habe die inzwischen gestorbene Mevlüde Genç laut Oberbürgermeister Tim Kurzbach (SPD) im vergangenen Jahr geäußert, als es um das Gedenken an den Solinger Brandanschlag ging: Zum einen sollten die Mordopfer – zwei Töchter, zwei Enkelinnen und eine Nichte Gençs – im öffentlichen Raum erkennbare Gesichter bekommen. Und zum anderen sollten wieder viele Gäste an diesem Tag zusammen essen. Dem habe die Stadt mit dem Programm zum 30. Jahrestag des rechtsextrem motivierten Anschlags Rechnung getragen.

Gedenk-Stelen Fest verankert im Stadtbild ist das Mahnmal am Mildred-Scheel-Berufskolleg: Über 7000 Ringe, gestiftet von Bürgern und Institutionen, umschließen inzwischen die Figurengruppe mit dem zerstörten Hakenkreuz. Sie repräsentierten über 30.000 Menschen, berichet Winfried Borowski, Leiter der Jugendhilfe-Werkstatt, die das Mahnmal initiierte.

Nach diesem eher abstrakten Motiv hat die Einrichtung ihre neuen Werke den menschlichen Schicksalen hinter dem Anschlag vom 29. Mai 1993 gewidmet: Porträt-Tafeln aus Metall zeigen die Gesichter von Gürsun Ince, Hatice Genç, Gülüstan Öztürk, Hülya Genç und Saime Genç, die bei dem Anschlag ihr Leben verloren, und von Mevlüde Genç. Erklärtexte dazu sollen die Frauen und ihre Lebenssituation vor der Tragödie vorstellen. Über QR-Codes können Betrachter zudem weitere Informationen abrufen. Insgesamt sechs dieser Tafeln werden an bereits montierte Träger direkt am Mahnmal angebracht. Ein Porträt von Mevlüde Genç, die gewissermaßen zum Gesicht des Gedenkens und des Wunsches nach Aussöhnung geworden ist, wird am künftig nach ihr benannten Platz, dem heutigen Mercimek-Platz in der Innenstadt, stehen. Und eine weitere Platte, auf der neben den Porträts der Opfer auch eine Applikation des abgebrannten Hauses zu sehen sein wird, findet seinen Platz am damaligen Tatort, der Unteren Wernerstraße.

  Jugendliche der Werkstatt zeigen OB Tim Kurzbach und Angehörigen der Familie Genç die Stelen (v.l.).

Jugendliche der Werkstatt zeigen OB Tim Kurzbach und Angehörigen der Familie Genç die Stelen (v.l.).

Foto: Peter Meuter

„Gerade junge Menschen wollen Bilder sehen, um den Zugang zum Ereignis zu bekommen“, erklärt Winfried Borowski. Finanziert hat diese Stelen zum größten Teil die Gerd-Kaimer-Stiftung.

Programm Das Hauptprogramm der Stadt – nach vielen anderen Veranstaltungen im Vorfeld – startet bereits am Pfingstsonntag, 28. Mai: Um 16.30 Uhr findet die feierliche Umbenennung des Mercimek-Platzes in Mevlüde-Genç-Platz statt. Um 17.30 Uhr lädt das Bündnis für Toleranz und Zivilcourage zum gemeinsamen Mahngang zur Unteren Wernerstraße ein. Dort ist ein gemeinsames Gebet mit Vertretern der DITIB-Gemeinde und der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen geplant.

Der eigentliche Jahrestag, Pfingstmontag, 29. Mai, startet mit der Eröffnung der Ausstellung „Solingen ´93 – Unutturmayacagiz! Niemals vergessen!“ mit geladenen Gästen. Für 11 Uhr ist eine Andacht mit Einweihung der Gedenk-Stele an der Unteren Wernerstraße vorgesehen. Weiter geht es dann im Theater und Konzerthaus: Um 12.30 Uhr findet im Foyer und Großen Konzertsaal ein Empfang für geladene Gäste statt. Und um 14 Uhr startet schließlich die zentrale Gedenkveranstaltung im Pina-Bausch-Saal. Voraussetzung für einen Besuch sind eine Registrierung und eine Sicherheitsüberprüfung durch das Bundeskriminalamt.

Gäste aus der Politik Die Liste hochrangiger Gäste ist lang: Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier wird eine Gedenkrede halten. Ebenfalls beim Gedenkakt vertreten sein werden Bundestagspräsidentin Bärbel Bas, Bundesinnenministerin Nancy Faeser (beide SPD) und Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne). An der Ausstellungseröffnung im Zentrum für verfolgte Künste nimmt außerdem Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) teil. Aus der Landespolitik werden Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU), die stellvertretende Ministerpräsidentin Mona Neubaur und Integrationsministerin Josefine Paul (beide Grüne) nach Solingen kommen.

Brandanschlag Solingen: Frank-Walter Steinmeier kommt zum Gedenken
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Diese Politiker stehen auf Gästeliste zum Brandanschlag-Gedenken in Solingen

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Foto: dpa/Bernd von Jutrczenka

Aus der Türkei wird nach Angaben von Tim Kurzbach Außenminister Mevlüt Çavusoglu (AKP) erwartet, der bereits zum 25. Jahrestag des Brandanschlags nach Solingen kam. Im Hinblick auf die vielen hohen Amtsträger gilt die höchste Sicherheitsstufe.

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