Museum Kurhaus Laurentius, der geröstet wurde

KLEVE · Das Museum Kurhaus Kleve kann seine Sammlung mittelalterlicher Skulpturen vom Niederrhein mit einer Dauerleihgabe des Freundeskreises komplettieren. Henrik van Holt schuf die Figur zwischen 1530 und 1540.

 Carina Anderwald, Harald Kunde, Laurentius, Wilfried Röth und Valentina Vlasic im Katharina-von-Kleve-Saal (v.l.).

Carina Anderwald, Harald Kunde, Laurentius, Wilfried Röth und Valentina Vlasic im Katharina-von-Kleve-Saal (v.l.).

Er starb auf dem Rost: Im Jahr 258 lässt Kaiser Valerian den Diakon Laurentius über einem stetig unterhaltenen Feuer auf einem Rost langsam zu Tode martern. Denn Laurentius hatte als Diakon den Auftrag vom Papst Sixtus II. bekommen, den Kirchenschatz zu wahren, auf den Valerian scharf war. Laurentius verteilte den Schatz deshalb an die Armen und Leidenden und präsentierte nach erster Folter und drei Tagen Bedenkzeit dem Kaiser die Menschen als die wahren Schätze des Himmels und der Kirche. Was folgte waren Folter und der brutale Tod. Laurentius wird von seinem Kerkermeister begraben, der durch die Standhaftigkeit des Diakons bekehrt wird. Das erzählt die Legende.

Und so wird der Diakon nach der Heiligsprechung bald als einer der besonders standhaften Märtyrer verehrt. In Deutschland mehren sich ab dem 13. Jahrhundert die Darstellungen des hier neben Stephanus beliebten Märtyrers, 1510 entstand in Riemenschneiders Werkstatt ein Laurentius, zwischen 1530 und 1540 schlägt in Kalkar der Bildhauer Henrik van Holt den Diakon in Eichenholz. Natürlich mit dem Attribut, das ihn kennzeichnet, dem Rost. Natürlich in wertvoller mittelalterlicher Ausstattung als Diakon, wahrscheinlich auch in kostbarer farbiger Fassung. Den Rost hat Laurentius längst verloren, die farbige Fassung aus dem 16. Jahrhundert ebenfalls. Jetzt steht er auf dem Podest im Museum Kurhaus: Laurentius komplettiert zusammen mit zwei Königen aus einem „Wurzel-Jesse-Relief“ als zweite Skulptur des mittelalterlichen Bildhauers die Sammlung der wichtigsten mittelalterlichen Bildschnitzer im Klever Museum.

Van Holts Laurentius steht fest auf der Erde, schwingt nur leicht im Oberkörper und lächelt. Im 19. Jahrhundert kam die knapp einen Meter große, so sorgfältig gearbeitete Figur in die Sammlung des Bildschnitzers Ferdinand Langenberg aus Goch, der neugotische Altäre schuf und die alten gotischen Altäre in den niederrheinischen Kirchen sanierte. Laurentius wurde oder war nach dem Zeitgeschmack abgebeizt und mit einem dunklen, ölartigen Anstrich versehen, der das helle Eichenholz fast schwarz färbte.

„Die Skulptur sah unmöglich aus“, sagt Kurhaus-Kuratorin Valentina Vlasic. Also musste sie restauriert werden: den Auftrag bekam die Restauratorin Marita Schlüter aus Everswinkel. Die Kosten teilten sich Stadt und Freundeskreis. Jetzt ist van Holts Laurentius eine prächtige neue Dauerleihgabe des Freundeskreises und hat seinen Platz unter Glas mitten im Katharina-von-Kleve-Saal. In dem Saal präsentiert das Haus nicht ohne Stolz seine Mittelalterlichen Schätze von Arnt bis Douverman, von Holthuis und jetzt bis van Holt. Die jüngsten Errungenschaften waren die Heiligen Drei Könige von Douverman und die beiden Meister-Arnt-Figuren Cosmas und Luzia.

Der Ankauf der Heiligen Drei Könige für das Klever Museum gaben letztlich auch den Ausschlag, warum ein privater Sammler, der Laurentius im Kunsthandel entdeckte, sie an den Freundeskreis der Klever Museen schenkte. Der gab sie gerne als Dauergabe ans Museum: „Wir freuen uns, dass diese Abteilung wächst. und die Schenkung zeugt ja vom klugen langfristigen Aufbau dieses Sammlungsbestandes“, sagt Freundeskreisvorsitzender Wilfried Röth bei der Vorstellung der Figur.

„Es ist immer wieder faszinierend, wie die mittelalterlichen Künstler aus den grausigen Tatsachen des Martyriums in der frühen Kirche so wundervolle Kunst schufen“, sagt Museumsdirektor Harald Kunde. In einer Formsprache, die bis heute staunen lasse. Vor allem auch mit Blick auf die liebevollen Details, mit denen die Figur ausgeführt wurde: Die Borte und die Falten des Gewandes, die so kringelig gelockten Haare oder die schmalen eleganten Hände. Das Evangelienbuch hält der Heilige in der linken Hand, in der rechten steckte der verlorene Rost. Ab sofort ist die Figur zu sehen – und dank Digitalisierung der Sammlung durch Valentina Vlasic und mithilfe von Kunstgeschichts-Studentin Carina Anderwald haben die Figuren hier auch neue Schilder. Mit QR-Code, der wirklich umfassend informiert, wenn man ihn scannt. So man Netz hat. Denn das WLan im Kurhaus lässt noch zu wünschen übrig. Aber man sei in guten Gesprächen mit der Stadt, versichern Kunde und Vlasic.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort