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Kabarett „Kein zurück!“ in St. Hubert Schmicklers pralles Wortfeuerwerk

St. Hubert · Der Grandseigneur des deutschen Kabaretts, Wilfried Schmickler, gastierte bei vier Aufführungen mit seinem Soloprogramm „Kein zurück!“ im Forum St. Hubert.

 Typische Körpersprache: Wortakrobat Wilfried Schmickler bei einem seiner Auftritte im Forum in St. Hubert.

Typische Körpersprache: Wortakrobat Wilfried Schmickler bei einem seiner Auftritte im Forum in St. Hubert.

Foto: Norbert Prümen

Es ist nicht übertrieben, ihn als Grandseigneur des deutschen Kabaretts zu bezeichnen. Mit Wilfried Schmickler und seinem Soloprogramm „Kein zurück!“ wurde im St. Huberter Forum die Reihe „Comedy & Kabarett“ der neuen Kempener Kultursaison eröffnet. Ein großartiger Auftakt, und ein längst überfälliger: 2003 war Schmickler zuletzt in St. Hubert aufgetreten. Die Bedingungen waren nun allerdings andere: Statt in gemütlichen Tischgruppen mit Kneipencharakter saßen die Gäste in Stuhlreihen mit ausreichend Zwischenraum. Aus den zweistündigen Veranstaltungen am Montag und Dienstag wurden vier einstündige Kurzprogramme ohne Pausen geschneidert.

Ein Vollblutprofi wie Wilfried Schmickler behandelt das flexibel und souverän. Mit dem Blick auf die Uhr erscheint der 65-Jährige auf der Bühne des Kulturforums in St. Hubert und mahnt, dass die „gesetzlich vorgeschriebene Mindestverweildauer“ nicht überschritten werden dürfe, da ansonsten die Desinfektionsgeschwader anrücken würden.

Und dann lässt er innerhalb von nur 60 Minuten ein derart pralles und rasantes Wortfeuerwerk auf die Zuschauer herabregnen, dass zwischen gedanklichem Erfassen und Reagieren kaum Zeit bleibt. Schmickler verarbeitet gemeinsam mit dem Publikum die etwas traumatische Zeit des Lockdowns während der Pandemie. Kultur – und auch die Kirche – seien ja im Gegensatz zu Möbelhäusern nicht systemrelevant gewesen. Er parliert über Videokonferenzen im Homeoffice mit karrieregerecht angepasstem Mobiliar. Die Schlafanzughose mit dem Maikäfermotiv durfte hingegen weiter getragen werden: „Die sieht ja keiner.“

Wilfried Schmickler ist ein durch und durch politischer Kabarettist. Einer mit einem wachen sozialen Gewissen, der auch die Paketboten, die während des Lockdowns „Frustbestellungen durch das Treppenhaus“ schleppten, nicht unerwähnt lässt. Er schildert seine panische Suche nach Toilettenpapier, die mit der Plünderung des Zahnbürstenregals im Drogeriemarkt geendet habe. „Ich konnte das ganze Gequatsche nicht mehr ertragen.“ Sein Kopf sei „schwer, aber leer gewesen“: „Das kommt von den Beschränkungen“, so sein Fazit.

Letztlich habe er sich freiwillig isoliert – in seinen Garten im Oberbergischen: „Da gab es nur noch die Talkrunde mit den 150 Schafen von der Wiese gegenüber.“ Und auch die hätten sich ganz schön in der Wolle gehabt. „Das ist die Zeit der Irren und Idioten“, singt er und kann dann auch poetisch und melancholisch klingen.

Aber nie so sehr, dass er seine Wachsamkeit und seinen Biss vergisst. Den kriegen die deutschen Spitzenpolitiker ab. Er imitiert Angela Merkel bei ihrer Rede anlässlich der Corona-Epidemie im März: „Da lagen die Merkel-Kritiker von gestern schluchzend auf dem Sofa“, so seine erstaunte Beobachtung. AKK sei „der traurige Uschi-Ersatz auf dem Schrottplatz Bundeswehr“, Friedrich Merz wird mit Tur Tur als „schwarzem Scheinriesen“ aus Michael Endes Roman von Jim Knopf und Lukas dem Lokomotivführer“ verglichen. Der „lustige Laschet“ sei der „lockerste Lockerboy nach dem Lockdown“. Der Spott beißt und sitzt, atmet aber immer noch Humor und Gelassenheit.

Doch wenn es um die so genannten Wutbürger geht, wird Schmickler selbst sehr wütend. „Ich habe das AfD-Tourette-Syndrom“, bekennt er, wohl wissend, dass der Freundeskreis der AfD mit der Anfeindung größer werde. „Die Pest, einst schwarz, heute ist sie braun“, ätzt er, um dann im Lied falsche Nostalgie anzuprangern: „Es gibt kein Zurück, die Welt dreht sich weiter. Es gibt kein Genesen, in dem was gewesen.“ Er thematisiert den Krieg der Generationen. Seinen Kampf um einen Stuhlplatz im Supermarkt für ältere Menschen. Da wurde Herbert aus dem Seniorenheim – „körperlich ein Wrack, aber mit solider aggressiver Grundstimmung“ – mithilfe seiner Hustenanfälle erfolgreich instrumentalisiert. „Ich lasse mich doch nicht unterkriegen, schon gar nicht vom Alter“, ruft er dem Publikum zu.

„Bleiben Sie edel, hilfreich und gut“, rät er zum Abschied, nicht ohne sich ausdrücklich beim gesamten Team vom Kulturforum dafür zu bedanken, dass sie „die Kulturszene trotz Corona am Laufen halten“.

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