Prozess Angeklagter schildert Drogenproblem

Hückelhoven · Dominik S. aus Baal steht wegen versuchten Mordes und schwerer Brandstiftung vor Gericht in Mönchengladbach.

Die "Drogenkarriere" begann mit Cannabis — in der Grundschule. Dominik S. aus Baal, dem vorgeworfen wird, am 6. Mai 2013 einen "Molotowcocktail" an das Fenster des Glückauf-Kiosks in Ratheim geworfen und damit einen gefährlichen Band ausgelöst zu haben, schilderte zum Prozessauftakt gestern im Landgericht Mönchengladbach seinen Lebensweg. Die Kioskinhaberin leidet noch heute unter Angstzuständen.

Ein mittleres Medienaufgebot begleitete den Prozessauftakt der Schwurgerichtskammer gegen den 23-jährigen Angeklagten, den der Vorsitzende Richter Lothar Beckers mit der Zulassung der Nebenklage durch die Kioskinhaberin Sevin E. einleitete, die nicht selbst erschienen war, sondern durch ihren Anwalt Marcel Keienborg (Düsseldorf) vertreten wurde.

Staatsanwältin Claudia Anna Hensen trug den Tatvorwurf gegen den seit geraumer Zeit in Untersuchungshaft sitzenden schmächtigen Angeklagten vor, der von versuchtem Mord mit schwerer Brandstiftung und von einem "Verstoß gegen das Waffengesetz" ausgeht. Auf die Richterfrage, ob der Angeklagte Aussagen machen wolle, erklärte dessen Verteidiger Dr. Stefan Tierel aus Krefeld, dass sein Mandant sehr nervös sei und sich zunächst lediglich zur Person äußern wolle. Der Verteidiger räumte ein, dass der von der Staatsanwältin geschilderte Tat-hergang am 6. Mai vergangenen Jahres im Wesentlichen den Wahrnehmungen seines Mandanten entspreche. Auf Befragen von Richter Beckers schilderte Dominik S. in Umrissen seine Kindheit, die bereits von einer Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) und Asthma gekennzeichnet war. Beim ersten Cannabis-Konsum war er zehn Jahre alt, das "coole" Rauschgift hatte ein Gleichaltriger besorgt, das Geld zum Ankauf stammte von Dominiks Großmutter. Die Förderschule verließ er nach der 9. Klasse in einer Zeit, in der er bereits einen erheblichen Drogenkonsum mit Ecstasy und Amphetaminen neben Cannabis hatte, zum Todeszeitpunkt der Großmutter kam Alkohol in Form von Bier und Schnaps dazu. Er wuchs in einer Familie mit einem Vater als kranker Frührentner, drei Geschwistern und zwei Halbgeschwistern auf, unter den Angehörigen waren auch psychische Krankheiten verbreitet. Er selbst, so Dominik S., leide auch jetzt nach dem Drogenentzug im Gefängnis unter Depressionen, habe im Gefängnis einen Suizidversuch unternommen. Aus einer Ausbildung in einer Werkstatt in Oberbruch sei er "rausgeflogen", weil er ständig unter Drogen und Alkohol erschienen sei. Der 23-Jährige ist bereits Vater eines fünfjährigen Mädchens und eines zweieinhalbjährigen Jungen aus zwei Beziehungen.

Laut Verteidiger Dr. Tierel hätten andere Teilnehmer des exzessiven Alkohol- und Drogenkonsums am Tattag in Ratheim Dominik S. gehänselt als jemand "ohne Eier in der Hose". Daraufhin habe er sich den gemeinsam gebauten "Molotowcocktail" aus einer Flasche mit Benzin und Lunte geschnappt und gegen den Kiosk geworfen. Das sei wahllos geschehen, ein ausländerfeindlicher Hintergrund gegen die türkisch-stämmige Kioskinhaberin sei nicht gegeben.

(isp)
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