Unsere Woche Umweltschutz kann unbequem werden – wer will das wirklich?

Umwelt- und Klimaschutz sind derzeit ein beherrschendes Thema im Alltag, in ganz Deutschland und auch in Dinslaken, Voerde und Hünxe. Hunderte junge Leute waren beim „Friday for Future“ auf der Straße.

Auch in Dinslaken: Umweltschutz kann unbequem werden – wer will das wirklich?
Foto: Zehrfeld

Mehrweg-Beutel für Obst und Gemüse werden in Supermärkten normal. Kunden reichen mitgebrachte Behälter über die Wursttheke. Hier wird in der Reinigung der Stoff nicht mehr in Folie gewickelt, da werden Blumenampeln insektenfreundlich bestückt.

Das dürfte auch die Lokalpolitik spannend machen: Wer reitet jetzt auf dieser Welle? Und wer lässt sie doch lieber über sich hinwegschwappen, sobald es um Entscheidungen geht, die weniger bequem sind als der Griff zur Jutetasche statt zur Plastiktüte?

In Dinslaken zum Beispiel hat die Wählergemeinschaft UBV angekündigt: Sie will einen „Tag der Nachhaltigkeit“ einführen. Sie hoffe, mit dem Umweltschutzthema Menschen für lokalpolitisches Engagement zu gewinnen. Nun ist erstmal Skepsis angebracht, wenn es um jährlich „einen Tag“ von „irgendetwas“ geht. Das erinnert nämlich sehr an das Konzept des Muttertages: Einen Tag lang besinnlich sein, um den Rest des Jahres beruhigten Gewissens die Routine zu pflegen. Einmal Frühstück ans Bett bringen, dann wieder überall die Wäsche herumliegen lassen. Also, um das Bild zu übertragen: Heute sinniere ich über Nachhaltigkeit und morgen planiere ich meinen Vorgarten, um den Geländewagen darauf abzustellen. Unter den schreckgeweiteten Facettenaugen der verstörten Hummeln und Schmetterlinge.

Andererseits: Es muss ja nicht so kommen. Vielleicht liegen die Lokalpolitiker aus Dinslaken richtig mit ihrer Idee, und vielleicht wollen sie den gesellschaftlichen Schwung, den es gerade gibt, wirklich nutzen. Es wird sich zeigen, wer daran tatsächlich interessiert ist. Denn das bedeutet auch: Beschlüsse treffen, die nicht jedem gefallen. Gemeinden können zum Beispiel festlegen, dass Vorgärten bepflanzt werden müssen und nicht „versiegelt“ werden dürfen. Das kommt bei Anwohnern – verständlicherweise – nicht immer gut an. Gemeinden können auf lange Sicht Fahrradfahrern den Vorrang vorm Autoverkehr einräumen. Das finden Autofahrer nicht immer vernünftig. Gemeinden können in Baugebieten Raum für die Natur lassen, auch wenn es nicht gewinnbringend ist. Grünflächen können insektenfreundlich gestaltet werden, aber das ruft schon mal Kritiker auf den Plan, die es ordentlich mögen.

An solchen Punkten wird es spannend für politische Beobachter. Sowohl für die, die den Umweltschutzgedanken sehr hoch hängen, als auch für die, die das ablehnen. Welche Argumente werden nun wirklich beachtet bei der Diskussion um die Landstraße L4n? Bei der Entwicklung von Flächen? Bei Fragen der Wirtschaftsförderung und der Stadtentwicklung? Da sollte sich zeigen, wer sich in welche Richtung orientiert.

Ich wünsche Ihnen ein schönes Wochenende.

Ihre Meinung? Schreiben Sie eine E-Mail an: sina.zehrfeld@rheinische-post.de

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