Ein neuer Brand in Rom Wer kann Italien noch helfen?

Berlin (RPO). Auch nach der Rücktrittsankündigung von Silvio Berlusconi will die Krise in Italien nicht enden. Die Zinsen für Staatsanleihen des Landes haben am Mittwochmorgen die Barriere von sieben Prozent durchbrochen und zeitweise 7,48 Prozent erreicht. Damit hat sich die Euro-Finanzkrise dramatisch beschleunigt.

Ministerpräsident Silvio Berlusconi erklärte zwischenzeitlich in Rom, er wolle irgendwann abtreten. Allgemein gelten sieben Prozent als die Obergrenze dessen, was langfristig tragfähig ist für die Aufnahme neuer Schulden. Für Griechenland, Irland und Portugal war dies das Signal, europäische Kredithilfen zu beantragen oder unter den Rettungsschirm zu schlüpfen.

Europa müsste daher eigentlich sofort etwas tun, um dem Land möglichst schnell die Zinsen zu verbilligen, bis der Staatshaushalt in Rom in Ordnung gebracht ist. Neue Krisentreffen der Euro- und EU-Finanzminister scheinen möglich, vielleicht sogar ein neuer Eurozonen-Gipfel der Staats- und Regierungschefs.

Denn für Italien-Hilfen gibt es derzeit nur problematische Möglichkeiten: den Euro-Rettungsschirm (EFSF), weitere Anleihekäufe durch die Europäische Zentralbank (EZB) oder Euro-Bonds. Aber die Zeit läuft dem Land davon. Einen Zusammenbruch der drittgrößten Volkswirtschaft Europas, eines G-7-Landes, kann sich niemand leisten. Schon gar nicht Deutschland, für das das Land jenseits der Alpen ein riesiger Markt ist.

Rettungsschirm für Italien zu klein

Für Italien ist der Euro-Rettungsschirm zu klein. Er kann nach seiner Ertüchtigung nun maximal 440 Milliarden Euro vergeben. Durch die Kredite an Irland und Portugal plus demnächst Griechenland ist schon ein großer Batzen davon weg. Hinzu kommen noch 50 Milliarden Euro für die Banken-Rekapitalisierung. Laut der fünf Wirtschaftsweisen bleiben dann noch etwa 250 Milliarden Euro übrig. Italien muss aber jedes Jahr etwa 300 Milliarden Euro alter Schulden verlängern, selbst wenn es keine zusätzliche Neuverschuldung mehr hätte.

Zwar ist der Hebel zur Vergrößerung der Finanzkraft des EFSF zwar grundsätzlich beschlossen. Aber bislang ist noch völlig unklar, wie dies über eine Versicherungslösung gehen kann oder über zusätzliche Fonds, in die außereuropäische Länder oder der Internationale Währungsfonds (IWF) einzahlen könnten. Die Versicherungslösung braucht noch Zeit, sie ist noch nicht fertig ausgearbeitet.

Gegen direkte Hilfen des IWF sträuben sich die USA, Großbritannien und Kanada. Die Euro-Zone sei reich und solle ihre Probleme selber lösen, war sinngemäß die Antwort auf dem G-20-Gipfel in Cannes. Wir würden ja helfen, aber nur, wenn wir dann mehr beim IWF zu sagen hätten, erklärten die großen Entwicklungsländer wie Brasilien, China oder Russland. Das wiederum fänden die Europäer und die USA nicht gut. Also hängt auch diese Hilfe in der Luft.

USA und Großbritannien setzen Zentralbank ein

Damit kann jetzt nur die Feuerwehr helfen, die EZB. Sie hat theoretisch die Möglichkeit, unbegrenzt Staatsanleihen zu kaufen, denn sie kann im Prinzip Geld aus dem Nichts schöpfen. Die USA und Großbritannien tun seit der Lehman-Krise nichts anderes. Befürchtungen, dadurch würde die Inflation angeheizt werden, haben sich bislang nicht bestätigt.

Die EZB hat bereits Anleihen gekauft. In der vergangenen Woche verdoppelte sie dies Käufe auf 9,5 Milliarden Euro von 4 Milliarden. Damit liegt die Gesamtsumme nun bei 242,5 Milliarden Euro. Allerdings geschieht dies gegen den Willen der Deutschen in der EZB, also gegen Bundesbankpräsident Jens Weidmann und seinen Vorgänger Axel Weber, der deshalb sogar zurückgetreten ist. Auch der noch amtierende Chef-Volkswirt Jürgen Stark ist strikt dagegen. Er gibt deshalb sein Amt zum Jahresende auf und wird durch den Berliner Staatssekretär Jörg Asmussen ersetzt.

Zinssenkung als Erste Hilfe

Der neue EZB-Präsident Mario Draghi, ein Italiener, hat bereits geholfen, indem er die Zinsen an seinem zweiten Arbeitstag in der vergangenen Woche um 0,25 Prozentpunkte senkte. Die Schweizer Bank Julius Bär erwartet allerdings, die EZB werde den notwendigen Reformkurs in Italien zwar mit Anleihekäufen begleiten, aber nicht in großem Stil. Vielmehr werde die EZB den Druck aufrechterhalten, damit Italien die Wirtschaft reformiere. Immerhin hatte Draghi mit seinem Vorgänger Jean-Claude Trichet bereits im Sommer einen Mahnbrief an Berlusconi geschrieben, damit der Sparprogramme auflege.

Als längerfristiger Ausweg bieten sich nur Euro-Bonds an. Also gemeinsame Anleihen aller Euro-Länder. Das würde allerdings voraussetzen, dass die Haushaltspolitik in allen Staaten synchron läuft. Deutschland lehnt daher Euro-Bonds derzeit ab. Auch sie können Italien daher gerade nicht helfen. Rom brennt lichterloh.

(apd)
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